Martin Albrecht, welches Rodigast selbst war, einen kurtzen Bescheid, der in dem 173ten Stücke des Hamburgi- schenCorrespondenten von eben dem Jah- re zu lesen ist.
Kurtz darauf kamen mir eben die- ses Rodigasts Gedancken über den Spruch: Viele sind berufen; aber wenig sind auserwehlet; imgleichen über die Worte: Und sie meynten, sie sähen ein Gespenst etc. zu Gesicht, woraus man siehet, daß der Verfasser vor diesen sich der Gottes-Gelahrtheit be- flissen hat. Jch habe niemahlen etwas elenders gelesen, und darum führe ich den Rodigast als ein Muster eines vollkom- men elenden Scribenten an. Jch würde ihm aber diese Ehre nicht erwiesen haben, wenn ich zu der Zeit, als ich meine Satyre schrieb, gewust hätte, daß, wie ich hernach erfuhr, der arme Rodigast würcklich in Raserey gefallen sey, und in dem elendesten Zustande zu Dreßden lebe. Jch habe nach der Zeit von ihm nichts ge- höret, und kan also nicht sagen, ob er noch lebe, oder ob er gestorben sey.
Jch habe die Hrn. Sievers und Philip- pi, mit diesem elenden Scribenten in ei-
ne
(o)
Martin Albrecht, welches Rodigaſt ſelbſt war, einen kurtzen Beſcheid, der in dem 173ten Stuͤcke des Hamburgi- ſchenCorreſpondenten von eben dem Jah- re zu leſen iſt.
Kurtz darauf kamen mir eben die- ſes Rodigaſts Gedancken uͤber den Spruch: Viele ſind berufen; aber wenig ſind auserwehlet; imgleichen uͤber die Worte: Und ſie meynten, ſie ſaͤhen ein Geſpenſt ꝛc. zu Geſicht, woraus man ſiehet, daß der Verfaſſer vor dieſen ſich der Gottes-Gelahrtheit be- fliſſen hat. Jch habe niemahlen etwas elenders geleſen, und darum fuͤhre ich den Rodigaſt als ein Muſter eines vollkom- men elenden Scribenten an. Jch wuͤrde ihm aber dieſe Ehre nicht erwieſen haben, wenn ich zu der Zeit, als ich meine Satyre ſchrieb, gewuſt haͤtte, daß, wie ich hernach erfuhr, der arme Rodigaſt wuͤrcklich in Raſerey gefallen ſey, und in dem elendeſten Zuſtande zu Dreßden lebe. Jch habe nach der Zeit von ihm nichts ge- hoͤret, und kan alſo nicht ſagen, ob er noch lebe, oder ob er geſtorben ſey.
Jch habe die Hrn. Sievers und Philip- pi, mit dieſem elenden Scribenten in ei-
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(o)
Martin Albrecht, welches Rodigaſt
ſelbſt war, einen kurtzen Beſcheid, der
in dem 173ten Stuͤcke des Hamburgi-
ſchen Correſpondenten von eben dem Jah-
re zu leſen iſt.
Kurtz darauf kamen mir eben die-
ſes Rodigaſts Gedancken uͤber den
Spruch: Viele ſind berufen; aber
wenig ſind auserwehlet; imgleichen
uͤber die Worte: Und ſie meynten,
ſie ſaͤhen ein Geſpenſt ꝛc. zu Geſicht,
woraus man ſiehet, daß der Verfaſſer
vor dieſen ſich der Gottes-Gelahrtheit be-
fliſſen hat. Jch habe niemahlen etwas
elenders geleſen, und darum fuͤhre ich den
Rodigaſt als ein Muſter eines vollkom-
men elenden Scribenten an. Jch wuͤrde
ihm aber dieſe Ehre nicht erwieſen haben,
wenn ich zu der Zeit, als ich meine
Satyre ſchrieb, gewuſt haͤtte, daß, wie
ich hernach erfuhr, der arme Rodigaſt
wuͤrcklich in Raſerey gefallen ſey, und in
dem elendeſten Zuſtande zu Dreßden lebe.
Jch habe nach der Zeit von ihm nichts ge-
hoͤret, und kan alſo nicht ſagen, ob er noch
lebe, oder ob er geſtorben ſey.
Jch habe die Hrn. Sievers und Philip-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/68>, abgerufen am 04.12.2024.
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