bringt alle diese Dinge in gleicher Absicht hervor, das ist, seine Allmacht und Weißheit zu beweisen, und seine Geschöpfe, die eine Empfindung von Lust und Schmertzen haben, glücklich zu machen.
Keine Sache ist so geringe, die nicht etwas dazu beytragen solte, und die man also, an sich, unnütze und schädlich nennen könnte. Allein der Mensch ist so stoltz, daß er nur dasjenige, was ihm vortheilhaft ist, vor nöthig hält. Gerade, als wenn GOtt, bey Erschaf- fung der Welt, nur auf ihn allein gesehen hätte. Die- se Einbildung kan ihm auch die Empfindung seines grossen Elendes nicht benehmen. Er erkennet wohl, daß die Natur mit ihm nicht besser, als mit andern Creaturen umgehe, und aus ihm nicht mehr Wercks mache, als aus dem geringsten Wurm: Aber er bleibt doch bey seinen fünf Augen.
"Cependant a le voir plein de vapeurs le- geres "Soi-meme se bercer de ses propres chi- meres "Lui seul de la Nature est la base & l'appui "Et le dixieme Ciel ne tourne que pour lui.(12)
Hiemit endige ich meine Anmerckungen, und wende mich zu dem, was folget.
Der Hr. Prof. will noch zum Ueberfluß, mit einer angestelleten Betrachtung der Absicht GOttes in Er- schafung der Welt, beweisen, daß wir nicht mehr in dem beglückten Stande leben, zu welchem uns GOtt
be-
(12)Boilcau Sat. VIII.
U u 4
(o)
bringt alle dieſe Dinge in gleicher Abſicht hervor, das iſt, ſeine Allmacht und Weißheit zu beweiſen, und ſeine Geſchoͤpfe, die eine Empfindung von Luſt und Schmertzen haben, gluͤcklich zu machen.
Keine Sache iſt ſo geringe, die nicht etwas dazu beytragen ſolte, und die man alſo, an ſich, unnuͤtze und ſchaͤdlich nennen koͤnnte. Allein der Menſch iſt ſo ſtoltz, daß er nur dasjenige, was ihm vortheilhaft iſt, vor noͤthig haͤlt. Gerade, als wenn GOtt, bey Erſchaf- fung der Welt, nur auf ihn allein geſehen haͤtte. Die- ſe Einbildung kan ihm auch die Empfindung ſeines groſſen Elendes nicht benehmen. Er erkennet wohl, daß die Natur mit ihm nicht beſſer, als mit andern Creaturen umgehe, und aus ihm nicht mehr Wercks mache, als aus dem geringſten Wurm: Aber er bleibt doch bey ſeinen fuͤnf Augen.
„Cependant à le voir plein de vapeurs le- geres „Soi-même ſe bercer de ſes propres chi- meres „Lui ſeul de la Nature eſt la baſe & l’appui „Et le dixiéme Ciel ne tourne que pour lui.(12)
Hiemit endige ich meine Anmerckungen, und wende mich zu dem, was folget.
Der Hr. Prof. will noch zum Ueberfluß, mit einer angeſtelleten Betrachtung der Abſicht GOttes in Er- ſchafung der Welt, beweiſen, daß wir nicht mehr in dem begluͤckten Stande leben, zu welchem uns GOtt
be-
(12)Boilcau Sat. VIII.
U u 4
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(o)
bringt alle dieſe Dinge in gleicher Abſicht hervor, das
iſt, ſeine Allmacht und Weißheit zu beweiſen, und
ſeine Geſchoͤpfe, die eine Empfindung von Luſt und
Schmertzen haben, gluͤcklich zu machen.
Keine Sache iſt ſo geringe, die nicht etwas dazu
beytragen ſolte, und die man alſo, an ſich, unnuͤtze und
ſchaͤdlich nennen koͤnnte. Allein der Menſch iſt ſo ſtoltz,
daß er nur dasjenige, was ihm vortheilhaft iſt, vor
noͤthig haͤlt. Gerade, als wenn GOtt, bey Erſchaf-
fung der Welt, nur auf ihn allein geſehen haͤtte. Die-
ſe Einbildung kan ihm auch die Empfindung ſeines
groſſen Elendes nicht benehmen. Er erkennet wohl,
daß die Natur mit ihm nicht beſſer, als mit andern
Creaturen umgehe, und aus ihm nicht mehr Wercks
mache, als aus dem geringſten Wurm: Aber er
bleibt doch bey ſeinen fuͤnf Augen.
„Cependant à le voir plein de vapeurs le-
geres
„Soi-même ſe bercer de ſes propres chi-
meres
„Lui ſeul de la Nature eſt la baſe & l’appui
„Et le dixiéme Ciel ne tourne que pour
lui. (12)
Hiemit endige ich meine Anmerckungen, und wende
mich zu dem, was folget.
Der Hr. Prof. will noch zum Ueberfluß, mit einer
angeſtelleten Betrachtung der Abſicht GOttes in Er-
ſchafung der Welt, beweiſen, daß wir nicht mehr in
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(12) Boilcau Sat. VIII.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/771>, abgerufen am 21.11.2024.
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