nicht berufen könne, weil er derselben §. 29. schon platt wiedersprochen.
Denn ob gleich Moses ausdrücklich sagt, daß GOtt, nach der Schöpfung, einen Ort erwehlet, und daselbst einen schönen Garten gepflantzet habe, wel- chen wir dann das Paradiß zu nennen pflegen; So sagt doch der Hr. Manzel: "Wer die Sache recht "überlegte, würde sich nimmer einbilden können, daß "der Platz an dem Euphrat allein das Paradiß seyn "sollen; sondern sich vielmehr unter diesem Nahmen "nur den beglückten Theil des Erdbodens vorstellen, "in welchem der erste Mensch sich aufgehalten hat, "ohne dem Rest der Erde seine paradisischen Eigen- "schaften abzusprechen.
Er glaubt also, daß der, von GOtt zum Garten ausersehene, Platz nichts an sich gehabt hat, wo- durch er von der übrigen Erde unterschieden gewesen: Da doch Moses deutlich saget, daß GOtt diesen Ort sonderlich zum Vergnügen und Nutzen der Menschen eingerichtet. Mich deucht also, daß die- ser Garten Annehmlichkeiten gehabt hat, welche den übrigen Theilen des Erdbodens gefehlet: Welches dann unter andern auch daher klar ist, weil der Mensch hernach zur Strafe, aus diesem beglück- ten Aufenthalt verstossen, und in einer schlechtern Gegend zu wohnen, verdammet worden.
Da nun der Hr. Prof. Manzel das mosaische Pa- radieß in der That leugnet; die heilige Schrift aber von den paradisischen Eigenschaften des gantzen Erd- bodens, worauf er sich gründet, nichts weiß; so sehen Ew. Hochwohlgeb. daß in der Ofenbahrung nichts enthalten ist, so ihm Trost geben könnte.
Ew.
U u 5
(o)
nicht berufen koͤnne, weil er derſelben §. 29. ſchon platt wiederſprochen.
Denn ob gleich Moſes ausdruͤcklich ſagt, daß GOtt, nach der Schoͤpfung, einen Ort erwehlet, und daſelbſt einen ſchoͤnen Garten gepflantzet habe, wel- chen wir dann das Paradiß zu nennen pflegen; So ſagt doch der Hr. Manzel: „Wer die Sache recht „uͤberlegte, wuͤrde ſich nimmer einbilden koͤnnen, daß „der Platz an dem Euphrat allein das Paradiß ſeyn „ſollen; ſondern ſich vielmehr unter dieſem Nahmen „nur den begluͤckten Theil des Erdbodens vorſtellen, „in welchem der erſte Menſch ſich aufgehalten hat, „ohne dem Reſt der Erde ſeine paradiſiſchen Eigen- „ſchaften abzuſprechen.
Er glaubt alſo, daß der, von GOtt zum Garten auserſehene, Platz nichts an ſich gehabt hat, wo- durch er von der uͤbrigen Erde unterſchieden geweſen: Da doch Moſes deutlich ſaget, daß GOtt dieſen Ort ſonderlich zum Vergnuͤgen und Nutzen der Menſchen eingerichtet. Mich deucht alſo, daß die- ſer Garten Annehmlichkeiten gehabt hat, welche den uͤbrigen Theilen des Erdbodens gefehlet: Welches dann unter andern auch daher klar iſt, weil der Menſch hernach zur Strafe, aus dieſem begluͤck- ten Aufenthalt verſtoſſen, und in einer ſchlechtern Gegend zu wohnen, verdammet worden.
Da nun der Hr. Prof. Manzel das moſaiſche Pa- radieß in der That leugnet; die heilige Schrift aber von den paradiſiſchen Eigenſchaften des gantzen Erd- bodens, worauf er ſich gruͤndet, nichts weiß; ſo ſehen Ew. Hochwohlgeb. daß in der Ofenbahrung nichts enthalten iſt, ſo ihm Troſt geben koͤnnte.
Ew.
U u 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0773"n="681"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
nicht berufen koͤnne, weil er derſelben §. 29. ſchon<lb/>
platt wiederſprochen.</p><lb/><p>Denn ob gleich Moſes ausdruͤcklich ſagt, daß<lb/>
GOtt, nach der Schoͤpfung, einen Ort erwehlet, und<lb/>
daſelbſt einen ſchoͤnen Garten gepflantzet habe, wel-<lb/>
chen wir dann das Paradiß zu nennen pflegen; So<lb/>ſagt doch der Hr. Manzel: „Wer die Sache recht<lb/>„uͤberlegte, wuͤrde ſich nimmer einbilden koͤnnen, daß<lb/>„der Platz an dem Euphrat allein das Paradiß ſeyn<lb/>„ſollen; ſondern ſich vielmehr unter dieſem Nahmen<lb/>„nur den begluͤckten Theil des Erdbodens vorſtellen,<lb/>„in welchem der erſte Menſch ſich aufgehalten hat,<lb/>„ohne dem Reſt der Erde ſeine paradiſiſchen Eigen-<lb/>„ſchaften abzuſprechen.</p><lb/><p>Er glaubt alſo, daß der, von GOtt zum Garten<lb/>
auserſehene, Platz nichts an ſich gehabt hat, wo-<lb/>
durch er von der uͤbrigen Erde unterſchieden geweſen:<lb/>
Da doch Moſes deutlich ſaget, daß GOtt dieſen<lb/>
Ort ſonderlich zum Vergnuͤgen und Nutzen der<lb/>
Menſchen eingerichtet. Mich deucht alſo, daß die-<lb/>ſer Garten Annehmlichkeiten gehabt hat, welche den<lb/>
uͤbrigen Theilen des Erdbodens gefehlet: Welches<lb/>
dann unter andern auch daher klar iſt, weil der<lb/>
Menſch hernach zur Strafe, aus dieſem begluͤck-<lb/>
ten Aufenthalt verſtoſſen, und in einer ſchlechtern<lb/>
Gegend zu wohnen, verdammet worden.</p><lb/><p>Da nun der Hr. Prof. Manzel das moſaiſche Pa-<lb/>
radieß in der That leugnet; die heilige Schrift aber<lb/>
von den paradiſiſchen Eigenſchaften des gantzen Erd-<lb/>
bodens, worauf er ſich gruͤndet, nichts weiß; ſo<lb/>ſehen Ew. Hochwohlgeb. daß in der Ofenbahrung<lb/>
nichts enthalten iſt, ſo ihm Troſt geben koͤnnte.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">U u 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Ew.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[681/0773]
(o)
nicht berufen koͤnne, weil er derſelben §. 29. ſchon
platt wiederſprochen.
Denn ob gleich Moſes ausdruͤcklich ſagt, daß
GOtt, nach der Schoͤpfung, einen Ort erwehlet, und
daſelbſt einen ſchoͤnen Garten gepflantzet habe, wel-
chen wir dann das Paradiß zu nennen pflegen; So
ſagt doch der Hr. Manzel: „Wer die Sache recht
„uͤberlegte, wuͤrde ſich nimmer einbilden koͤnnen, daß
„der Platz an dem Euphrat allein das Paradiß ſeyn
„ſollen; ſondern ſich vielmehr unter dieſem Nahmen
„nur den begluͤckten Theil des Erdbodens vorſtellen,
„in welchem der erſte Menſch ſich aufgehalten hat,
„ohne dem Reſt der Erde ſeine paradiſiſchen Eigen-
„ſchaften abzuſprechen.
Er glaubt alſo, daß der, von GOtt zum Garten
auserſehene, Platz nichts an ſich gehabt hat, wo-
durch er von der uͤbrigen Erde unterſchieden geweſen:
Da doch Moſes deutlich ſaget, daß GOtt dieſen
Ort ſonderlich zum Vergnuͤgen und Nutzen der
Menſchen eingerichtet. Mich deucht alſo, daß die-
ſer Garten Annehmlichkeiten gehabt hat, welche den
uͤbrigen Theilen des Erdbodens gefehlet: Welches
dann unter andern auch daher klar iſt, weil der
Menſch hernach zur Strafe, aus dieſem begluͤck-
ten Aufenthalt verſtoſſen, und in einer ſchlechtern
Gegend zu wohnen, verdammet worden.
Da nun der Hr. Prof. Manzel das moſaiſche Pa-
radieß in der That leugnet; die heilige Schrift aber
von den paradiſiſchen Eigenſchaften des gantzen Erd-
bodens, worauf er ſich gruͤndet, nichts weiß; ſo
ſehen Ew. Hochwohlgeb. daß in der Ofenbahrung
nichts enthalten iſt, ſo ihm Troſt geben koͤnnte.
Ew.
U u 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 681. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/773>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.