me vor der schönen Thür, den Petrus ge- sund machte, an statt zu betteln, alle die in den Tempel giengen, mit lauter Stim- me ersuchet hätte, sich an einem ge- wissen Orte zu Jerusalem einzufinden, und seine Luft-Sprünge anzusehen, so bin ich versichert, daß die Apostel Petrus und Johannes, wie ehrbar sie auch sonst wa- ren, über den Narren gelachet, und nim- mer ein Wunder an ihm gethan haben würden. Und ich soll nicht lachen, wenn Sievers und Philippi Bücher schreiben, und ein Handwerck treiben wollen, wo- zu sie vieleicht ungeschickter sind, als der Lahme vor der schönen Thür zum Tan- tzen? Kein vernünftiger Mensch wird ei- nes Blinden spotten: Aber, wenn er sich unterstehet von Farben zu urtheilen, so kan man ihm ohne Sünde sagen, daß er nicht sehen kan. Man wird nimmer über die Aufführung eines Bauren lachen, wie sehr er auch wieder den Wohlstand sün- diget. Er ist nicht schuldig die Regeln des Wohlstandes zu wissen, und giebt sich auch nicht davor aus. Allein die Bocks-Sprün- ge und Verdrehungen eines anderen, der recht manierlich thun will, und sich ein- bildet, er wisse zu leben können auch den
Ernst-
(o)
me vor der ſchoͤnen Thuͤr, den Petrus ge- ſund machte, an ſtatt zu betteln, alle die in den Tempel giengen, mit lauter Stim- me erſuchet haͤtte, ſich an einem ge- wiſſen Orte zu Jeruſalem einzufinden, und ſeine Luft-Spruͤnge anzuſehen, ſo bin ich verſichert, daß die Apoſtel Petrus und Johannes, wie ehrbar ſie auch ſonſt wa- ren, uͤber den Narren gelachet, und nim- mer ein Wunder an ihm gethan haben wuͤrden. Und ich ſoll nicht lachen, wenn Sievers und Philippi Buͤcher ſchreiben, und ein Handwerck treiben wollen, wo- zu ſie vieleicht ungeſchickter ſind, als der Lahme vor der ſchoͤnen Thuͤr zum Tan- tzen? Kein vernuͤnftiger Menſch wird ei- nes Blinden ſpotten: Aber, wenn er ſich unterſtehet von Farben zu urtheilen, ſo kan man ihm ohne Suͤnde ſagen, daß er nicht ſehen kan. Man wird nimmer uͤber die Auffuͤhrung eines Bauren lachen, wie ſehr er auch wieder den Wohlſtand ſuͤn- diget. Er iſt nicht ſchuldig die Regeln des Wohlſtandes zu wiſſen, und giebt ſich auch nicht davor aus. Allein die Bocks-Spruͤn- ge und Verdrehungen eines anderen, der recht manierlich thun will, und ſich ein- bildet, er wiſſe zu leben koͤnnen auch den
Ernſt-
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(o)
me vor der ſchoͤnen Thuͤr, den Petrus ge-
ſund machte, an ſtatt zu betteln, alle die
in den Tempel giengen, mit lauter Stim-
me erſuchet haͤtte, ſich an einem ge-
wiſſen Orte zu Jeruſalem einzufinden, und
ſeine Luft-Spruͤnge anzuſehen, ſo bin ich
verſichert, daß die Apoſtel Petrus und
Johannes, wie ehrbar ſie auch ſonſt wa-
ren, uͤber den Narren gelachet, und nim-
mer ein Wunder an ihm gethan haben
wuͤrden. Und ich ſoll nicht lachen, wenn
Sievers und Philippi Buͤcher ſchreiben,
und ein Handwerck treiben wollen, wo-
zu ſie vieleicht ungeſchickter ſind, als der
Lahme vor der ſchoͤnen Thuͤr zum Tan-
tzen? Kein vernuͤnftiger Menſch wird ei-
nes Blinden ſpotten: Aber, wenn er ſich
unterſtehet von Farben zu urtheilen, ſo
kan man ihm ohne Suͤnde ſagen, daß er
nicht ſehen kan. Man wird nimmer uͤber
die Auffuͤhrung eines Bauren lachen, wie
ſehr er auch wieder den Wohlſtand ſuͤn-
diget. Er iſt nicht ſchuldig die Regeln des
Wohlſtandes zu wiſſen, und giebt ſich auch
nicht davor aus. Allein die Bocks-Spruͤn-
ge und Verdrehungen eines anderen, der
recht manierlich thun will, und ſich ein-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/78>, abgerufen am 04.12.2024.
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