re würden zu ihm gehalten, einige aber seinen Um- gang gemieden haben.
IV. Wann ich demnach erwege, was doch wohl den Hrn. Prof. Manzel bewogen habe, zu sagen, es sey nicht glaublich, daß GOtt in der Schöpfung die- sen Unterscheid unter zahmen und wilden Thieren ge- macht habe, so finde ich, daß es nicht eine aus diesem Unterscheid fliessende, ungereimte, und der Na- tur der Dinge zuwieder laufende Folge sey. Die Er- de und die gantze Welt bleibt wohl ein Werck, dessen sich die GOttheit nicht zu schämen hat; es sey nun daß alle Thiere wild oder zahm, oder einige zahm, an- dere wild erschafen. Der Scrupel, den der Hr. Pr. sich machet, rühret aus unterschiedenen Vorurtheilen her. Er bildet sich ein, alles, was in der Welt ist, sey um des Menschen willen erschafen: Er glaubt der Mensch müsse alles, was er braucht, ohne sonderliche Mühe bekommen können. Daher hat er geschlossen GOtt, habe dem Menschen eine unumschränckte Herrschaft über die Thiere gegeben, und diesen ich weiß nicht was vor eine tiefe Ehrerbietung gegen ihren Herrn einge- präget. Sie konnten also unmöglich wild seyn: Da man es aber nun anders befindet, so ist es kein Wun- der, daß der Hr. Prof. aus dem heutigen Unterscheid unter wilden und zahmen Thieren eine grosse Verän- derung in der Natur muthmasset. Wenn man aber nun zeiget, daß diejenigen Sätze, auf welche diese Muthmassung sich gründet, falsch sind, so verliehrt das Argument des Hrn. Prof. alle seine Kraft. Jch halte dieses vor etwas gar leichtes.
V. Denn der Satz, daß alles um des Menschen Willen erschafen sey, ist unerweißlich. Jch finde
nichts
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(o)
re wuͤrden zu ihm gehalten, einige aber ſeinen Um- gang gemieden haben.
IV. Wann ich demnach erwege, was doch wohl den Hrn. Prof. Manzel bewogen habe, zu ſagen, es ſey nicht glaublich, daß GOtt in der Schoͤpfung die- ſen Unterſcheid unter zahmen und wilden Thieren ge- macht habe, ſo finde ich, daß es nicht eine aus dieſem Unterſcheid flieſſende, ungereimte, und der Na- tur der Dinge zuwieder laufende Folge ſey. Die Er- de und die gantze Welt bleibt wohl ein Werck, deſſen ſich die GOttheit nicht zu ſchaͤmen hat; es ſey nun daß alle Thiere wild oder zahm, oder einige zahm, an- dere wild erſchafen. Der Scrupel, den der Hr. Pr. ſich machet, ruͤhret aus unterſchiedenen Vorurtheilen her. Er bildet ſich ein, alles, was in der Welt iſt, ſey um des Menſchen willen erſchafen: Er glaubt der Menſch muͤſſe alles, was er braucht, ohne ſonderliche Muͤhe bekommen koͤnnen. Daher hat er geſchloſſen GOtt, habe dem Menſchen eine unumſchraͤnckte Herrſchaft uͤber die Thiere gegeben, und dieſen ich weiß nicht was vor eine tiefe Ehrerbietung gegen ihren Herrn einge- praͤget. Sie konnten alſo unmoͤglich wild ſeyn: Da man es aber nun anders befindet, ſo iſt es kein Wun- der, daß der Hr. Prof. aus dem heutigen Unterſcheid unter wilden und zahmen Thieren eine groſſe Veraͤn- derung in der Natur muthmaſſet. Wenn man aber nun zeiget, daß diejenigen Saͤtze, auf welche dieſe Muthmaſſung ſich gruͤndet, falſch ſind, ſo verliehrt das Argument des Hrn. Prof. alle ſeine Kraft. Jch halte dieſes vor etwas gar leichtes.
V. Denn der Satz, daß alles um des Menſchen Willen erſchafen ſey, iſt unerweißlich. Jch finde
nichts
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re wuͤrden zu ihm gehalten, einige aber ſeinen Um-
gang gemieden haben.
IV. Wann ich demnach erwege, was doch wohl
den Hrn. Prof. Manzel bewogen habe, zu ſagen, es
ſey nicht glaublich, daß GOtt in der Schoͤpfung die-
ſen Unterſcheid unter zahmen und wilden Thieren ge-
macht habe, ſo finde ich, daß es nicht eine aus
dieſem Unterſcheid flieſſende, ungereimte, und der Na-
tur der Dinge zuwieder laufende Folge ſey. Die Er-
de und die gantze Welt bleibt wohl ein Werck, deſſen
ſich die GOttheit nicht zu ſchaͤmen hat; es ſey nun
daß alle Thiere wild oder zahm, oder einige zahm, an-
dere wild erſchafen. Der Scrupel, den der Hr. Pr. ſich
machet, ruͤhret aus unterſchiedenen Vorurtheilen her.
Er bildet ſich ein, alles, was in der Welt iſt, ſey um
des Menſchen willen erſchafen: Er glaubt der Menſch
muͤſſe alles, was er braucht, ohne ſonderliche Muͤhe
bekommen koͤnnen. Daher hat er geſchloſſen GOtt,
habe dem Menſchen eine unumſchraͤnckte Herrſchaft
uͤber die Thiere gegeben, und dieſen ich weiß nicht was
vor eine tiefe Ehrerbietung gegen ihren Herrn einge-
praͤget. Sie konnten alſo unmoͤglich wild ſeyn: Da
man es aber nun anders befindet, ſo iſt es kein Wun-
der, daß der Hr. Prof. aus dem heutigen Unterſcheid
unter wilden und zahmen Thieren eine groſſe Veraͤn-
derung in der Natur muthmaſſet. Wenn man aber
nun zeiget, daß diejenigen Saͤtze, auf welche dieſe
Muthmaſſung ſich gruͤndet, falſch ſind, ſo verliehrt
das Argument des Hrn. Prof. alle ſeine Kraft. Jch
halte dieſes vor etwas gar leichtes.
V. Denn der Satz, daß alles um des Menſchen
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 691. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/783>, abgerufen am 21.11.2024.
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