selben geredet, einmahl heßlich beschämet; indem er alle Thiere mit ihrem rechten Nahmen zu nennen ge- wust; welches den Engeln unmöglich gewesen; Ja die Frage, wie dann er selbst, und GOtt heisse gar fein beantwortet, und diesen letzten Jehovah betittelt. (25)
Wir Christen lachen über solche Fratzen, weil uns unsere Vernunft so wohl, als die Ofenbahrung nichts von dieser unglaublichen Weißheit des ersten Menschen lehret. Selbst in der Ofenbahrung fin- den wir Spuren seiner Einfalt. Denn so berichtet uns Moses, daß Adam, nachdem er vom verbotenen Baum gegessen, so dumm gewesen, daß er sich mit sei- ner Even vor GOtt verstecken wollen. Er muß also saubere Begrife von der GOttheit gehabt haben.
Jch sehe vorher, daß Ew. Hochwohlgeb. den- cken werden, dieses sey nach dem Fall geschehen, und man müsse sich demnach über diese Einfalt nicht wun- dern, weil der Mensch durch den Fall seine ihm aner- schafene Weißheit verlohren. Um Jhnen nun die- sen Scrupel zu benehmen, so mache ich folgende An- merckung.
IV. Es ist unbegreiflich, wie der erste Mensch, falls er mit so vollkommener Weißheit ausgerüstet gewesen, diese Weißheit durch eine Uebertretung eines göttlichen Gesetzes habe verliehren können. Es müste dieser Verlust entweder eine Folge der Ueber- tretung, oder eine willkührliche Strafe des erzürne- ten GOttes seyn.
Das erste wolte ich glauben, wenn ich nur ein
Ver-
(25)Mr. Bayle Dict. Hist. & Crit. art. Adam not. D.
Z z 4
(o)
ſelben geredet, einmahl heßlich beſchaͤmet; indem er alle Thiere mit ihrem rechten Nahmen zu nennen ge- wuſt; welches den Engeln unmoͤglich geweſen; Ja die Frage, wie dann er ſelbſt, und GOtt heiſſe gar fein beantwortet, und dieſen letzten Jehovah betittelt. (25)
Wir Chriſten lachen uͤber ſolche Fratzen, weil uns unſere Vernunft ſo wohl, als die Ofenbahrung nichts von dieſer unglaublichen Weißheit des erſten Menſchen lehret. Selbſt in der Ofenbahrung fin- den wir Spuren ſeiner Einfalt. Denn ſo berichtet uns Moſes, daß Adam, nachdem er vom verbotenen Baum gegeſſen, ſo dumm geweſen, daß er ſich mit ſei- ner Even vor GOtt verſtecken wollen. Er muß alſo ſaubere Begrife von der GOttheit gehabt haben.
Jch ſehe vorher, daß Ew. Hochwohlgeb. den- cken werden, dieſes ſey nach dem Fall geſchehen, und man muͤſſe ſich demnach uͤber dieſe Einfalt nicht wun- dern, weil der Menſch durch den Fall ſeine ihm aner- ſchafene Weißheit verlohren. Um Jhnen nun die- ſen Scrupel zu benehmen, ſo mache ich folgende An- merckung.
IV. Es iſt unbegreiflich, wie der erſte Menſch, falls er mit ſo vollkommener Weißheit ausgeruͤſtet geweſen, dieſe Weißheit durch eine Uebertretung eines goͤttlichen Geſetzes habe verliehren koͤnnen. Es muͤſte dieſer Verluſt entweder eine Folge der Ueber- tretung, oder eine willkuͤhrliche Strafe des erzuͤrne- ten GOttes ſeyn.
Das erſte wolte ich glauben, wenn ich nur ein
Ver-
(25)Mr. Bayle Dict. Hiſt. & Crit. art. Adam not. D.
Z z 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0819"n="727"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>ſelben geredet, einmahl heßlich beſchaͤmet; indem er<lb/>
alle Thiere mit ihrem rechten Nahmen zu nennen ge-<lb/>
wuſt; welches den Engeln unmoͤglich geweſen; Ja<lb/>
die Frage, wie dann er ſelbſt, und GOtt heiſſe<lb/>
gar fein beantwortet, und dieſen letzten Jehovah<lb/>
betittelt. <noteplace="foot"n="(25)"><hirendition="#aq">Mr. Bayle Dict. Hiſt. & Crit. art. Adam not. D.</hi></note></p><lb/><p>Wir Chriſten lachen uͤber ſolche Fratzen, weil<lb/>
uns unſere Vernunft ſo wohl, als die Ofenbahrung<lb/>
nichts von dieſer unglaublichen Weißheit des erſten<lb/>
Menſchen lehret. Selbſt in der Ofenbahrung fin-<lb/>
den wir Spuren ſeiner Einfalt. Denn ſo berichtet uns<lb/>
Moſes, daß Adam, nachdem er vom verbotenen<lb/>
Baum gegeſſen, ſo dumm geweſen, daß er ſich mit ſei-<lb/>
ner Even vor GOtt verſtecken wollen. Er muß alſo<lb/>ſaubere Begrife von der GOttheit gehabt haben.</p><lb/><p>Jch ſehe vorher, daß Ew. Hochwohlgeb. den-<lb/>
cken werden, dieſes ſey nach dem Fall geſchehen, und<lb/>
man muͤſſe ſich demnach uͤber dieſe Einfalt nicht wun-<lb/>
dern, weil der Menſch durch den Fall ſeine ihm aner-<lb/>ſchafene Weißheit verlohren. Um Jhnen nun die-<lb/>ſen Scrupel zu benehmen, ſo mache ich folgende An-<lb/>
merckung.</p><lb/><p><hirendition="#aq">IV.</hi> Es iſt unbegreiflich, wie der erſte Menſch,<lb/>
falls er mit ſo vollkommener Weißheit ausgeruͤſtet<lb/>
geweſen, dieſe Weißheit durch eine Uebertretung<lb/>
eines goͤttlichen Geſetzes habe verliehren koͤnnen. Es<lb/>
muͤſte dieſer Verluſt entweder eine Folge der Ueber-<lb/>
tretung, oder eine willkuͤhrliche Strafe des erzuͤrne-<lb/>
ten GOttes ſeyn.</p><lb/><p>Das erſte wolte ich glauben, wenn ich nur ein<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Z z 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Ver-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[727/0819]
(o)
ſelben geredet, einmahl heßlich beſchaͤmet; indem er
alle Thiere mit ihrem rechten Nahmen zu nennen ge-
wuſt; welches den Engeln unmoͤglich geweſen; Ja
die Frage, wie dann er ſelbſt, und GOtt heiſſe
gar fein beantwortet, und dieſen letzten Jehovah
betittelt. (25)
Wir Chriſten lachen uͤber ſolche Fratzen, weil
uns unſere Vernunft ſo wohl, als die Ofenbahrung
nichts von dieſer unglaublichen Weißheit des erſten
Menſchen lehret. Selbſt in der Ofenbahrung fin-
den wir Spuren ſeiner Einfalt. Denn ſo berichtet uns
Moſes, daß Adam, nachdem er vom verbotenen
Baum gegeſſen, ſo dumm geweſen, daß er ſich mit ſei-
ner Even vor GOtt verſtecken wollen. Er muß alſo
ſaubere Begrife von der GOttheit gehabt haben.
Jch ſehe vorher, daß Ew. Hochwohlgeb. den-
cken werden, dieſes ſey nach dem Fall geſchehen, und
man muͤſſe ſich demnach uͤber dieſe Einfalt nicht wun-
dern, weil der Menſch durch den Fall ſeine ihm aner-
ſchafene Weißheit verlohren. Um Jhnen nun die-
ſen Scrupel zu benehmen, ſo mache ich folgende An-
merckung.
IV. Es iſt unbegreiflich, wie der erſte Menſch,
falls er mit ſo vollkommener Weißheit ausgeruͤſtet
geweſen, dieſe Weißheit durch eine Uebertretung
eines goͤttlichen Geſetzes habe verliehren koͤnnen. Es
muͤſte dieſer Verluſt entweder eine Folge der Ueber-
tretung, oder eine willkuͤhrliche Strafe des erzuͤrne-
ten GOttes ſeyn.
Das erſte wolte ich glauben, wenn ich nur ein
Ver-
(25) Mr. Bayle Dict. Hiſt. & Crit. art. Adam not. D.
Z z 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 727. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/819>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.