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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
sen Folgen des Falles verglichen, ein andächtiges: O
felix culpa!
welches die Römische Kirche bey einer an-
dern Gelegenheit singet, in seinem Hertzen angestim-
met habe.

Ew. Hochwohlgeb. müssen nicht meinen, daß die-
ses alles den Hrn. Manzel nicht angehe; indem Er ja
nicht so strenge moralisiret, als der Rabbi, den ich an-
geführet habe. Es gehet ihn unstreitig an, weil Er die
Lust, so der Mensch heutiges Tages in dem Beyschlafe
empfindet, motum pravum nennet, und folglich vor
unerlaubet hält. Da ich nun gewiesen habe, daß diese
Lust gantz und gar unschuldig, und eine natürliche und
nohtwendige Folge unsers Wesens ist, welches durch
den Fall nicht verändert worden, so folget, daß der Hr.
Prof. Manzel keine Ursache gehabt, zu sagen, die ersten
Menschen hätten sich ohne Empfindung aller Lust ge-
paaret (sine motibus pravis) Diese Lust ist kein mo-
tus pravus,
und kan von dem Wercke der Zeugung so
wenig abgesondert werden, als die Nässe vom Wasser.

Jch setze voraus, daß es mit der Fortpflantzung des
menschlichen Geschlechts im Stande der Unschuld e-
ben so zugegangen sey, als ietzo. Sagt man aber mit
einigen Schwärmern, der erste Mensch habe sich im
Stande der Unschuld auf eine geistliche Art fortpflan-
tzen können, und der Unterscheid zwischen Mann und
Weib sey eine Folge des Falles; so habe ich verlohren;
so wird die Lust, die aus der Vereinigung der beyden
Geschlechter entstehet, eine sündliche Schwachheit,
ein motus pravus. Es scheinet nicht, daß der Hr. Man-
zel sich dieses kauderwelschen Gewäsches theilhaf-
tig machen wolle. Denn er merckt (§. 63.) als etwas
besonders an, daß die ersten Menschen sich auf eben die

Art

(o)
ſen Folgen des Falles verglichen, ein andaͤchtiges: O
felix culpa!
welches die Roͤmiſche Kirche bey einer an-
dern Gelegenheit ſinget, in ſeinem Hertzen angeſtim-
met habe.

Ew. Hochwohlgeb. muͤſſen nicht meinen, daß die-
ſes alles den Hrn. Manzel nicht angehe; indem Er ja
nicht ſo ſtrenge moraliſiret, als der Rabbi, den ich an-
gefuͤhret habe. Es gehet ihn unſtreitig an, weil Er die
Luſt, ſo der Menſch heutiges Tages in dem Beyſchlafe
empfindet, motum pravum nennet, und folglich vor
unerlaubet haͤlt. Da ich nun gewieſen habe, daß dieſe
Luſt gantz und gar unſchuldig, und eine natuͤꝛliche und
nohtwendige Folge unſers Weſens iſt, welches durch
den Fall nicht veraͤndert worden, ſo folget, daß der Hr.
Prof. Manzel keine Urſache gehabt, zu ſagen, die erſten
Menſchen haͤtten ſich ohne Empfindung aller Luſt ge-
paaret (ſine motibus pravis) Dieſe Luſt iſt kein mo-
tus pravus,
und kan von dem Wercke der Zeugung ſo
wenig abgeſondert werdẽ, als die Naͤſſe vom Waſſer.

Jch ſetze voraus, daß es mit der Fortpflantzung des
menſchlichen Geſchlechts im Stande der Unſchuld e-
ben ſo zugegangen ſey, als ietzo. Sagt man aber mit
einigen Schwaͤrmern, der erſte Menſch habe ſich im
Stande der Unſchuld auf eine geiſtliche Art fortpflan-
tzen koͤñen, und der Unterſcheid zwiſchen Mann und
Weib ſey eine Folge des Falles; ſo habe ich verlohren;
ſo wird die Luſt, die aus der Vereinigung der beyden
Geſchlechter entſtehet, eine ſuͤndliche Schwachheit,
ein motus pravus. Es ſcheinet nicht, daß deꝛ Hꝛ. Man-
zel ſich dieſes kauderwelſchen Gewaͤſches theilhaf-
tig machen wolle. Denn er merckt (§. 63.) als etwas
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[758/0850] (o) ſen Folgen des Falles verglichen, ein andaͤchtiges: O felix culpa! welches die Roͤmiſche Kirche bey einer an- dern Gelegenheit ſinget, in ſeinem Hertzen angeſtim- met habe. Ew. Hochwohlgeb. muͤſſen nicht meinen, daß die- ſes alles den Hrn. Manzel nicht angehe; indem Er ja nicht ſo ſtrenge moraliſiret, als der Rabbi, den ich an- gefuͤhret habe. Es gehet ihn unſtreitig an, weil Er die Luſt, ſo der Menſch heutiges Tages in dem Beyſchlafe empfindet, motum pravum nennet, und folglich vor unerlaubet haͤlt. Da ich nun gewieſen habe, daß dieſe Luſt gantz und gar unſchuldig, und eine natuͤꝛliche und nohtwendige Folge unſers Weſens iſt, welches durch den Fall nicht veraͤndert worden, ſo folget, daß der Hr. Prof. Manzel keine Urſache gehabt, zu ſagen, die erſten Menſchen haͤtten ſich ohne Empfindung aller Luſt ge- paaret (ſine motibus pravis) Dieſe Luſt iſt kein mo- tus pravus, und kan von dem Wercke der Zeugung ſo wenig abgeſondert werdẽ, als die Naͤſſe vom Waſſer. Jch ſetze voraus, daß es mit der Fortpflantzung des menſchlichen Geſchlechts im Stande der Unſchuld e- ben ſo zugegangen ſey, als ietzo. Sagt man aber mit einigen Schwaͤrmern, der erſte Menſch habe ſich im Stande der Unſchuld auf eine geiſtliche Art fortpflan- tzen koͤñen, und der Unterſcheid zwiſchen Mann und Weib ſey eine Folge des Falles; ſo habe ich verlohren; ſo wird die Luſt, die aus der Vereinigung der beyden Geſchlechter entſtehet, eine ſuͤndliche Schwachheit, ein motus pravus. Es ſcheinet nicht, daß deꝛ Hꝛ. Man- zel ſich dieſes kauderwelſchen Gewaͤſches theilhaf- tig machen wolle. Denn er merckt (§. 63.) als etwas beſonders an, daß die erſten Menſchen ſich auf eben die Art

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 758. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/850>, abgerufen am 31.10.2024.