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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
Statt haben können. "Er spricht: Eltern und Kin-"
der konnten einander unmöglich heyrathen, weil der"
Vater nimmer ein Wittwer geworden wäre, und"
also, da er schon eine Frau hatte, seine Tochter nicht"
zum Weibe nehmen konnte.

Er glaubt also, daß die Eheleute einander nimmer
überlebet hätten, sondern zugleich gestorben wären:
Gerade als die gute alte Baucis und ihr Philemon
".. pia Baucis anus parilique aetate Philemon.
Dieses fromme Paar wuste sich von den Göttern
nichts bessers auszubitten, als daß es zugleich sterben
möchte.

"Auferat hora duos eadem, nec conjugis un-
quam
"Busta meae videam; neu sim tumulandus
ab illa (41)

Was Philemon als eine Gnade gebeten hat, das
ist in dem Stande der Unschuld, nach des Hrn. Man-
zels Meinung, etwas natürliches gewesen. Dieses ist
nun aber ein verzweifelter Satz, welcher nicht eher den
geringsten Grad der Wahrscheinlichkeit erreichet,
als biß der Hr. Prof. erwiesen hat, daß die Ehe-Leute
auch zugleich gebohren worden: oder, wenn sie nicht
zugleich gebohren, eine Ursache giebt, warum der
jüngste Ehegatte mit dem ältern zugleich sterben müs-
sen. Denn die Regeln der Ordnung scheinen zu erfor-
dern, daß GOtt in dem Stande der Unschuld einem
Menschen kein länger oder kürtzer Ziel gesetzet, als
dem andern. Es haben also Leute, die zugleich gestor-
ben sind, auch zugleich gebohren seyn müssen: Oder
wenn die Frau etwan älter gewesen ist, als der Mann,

so
(41) Ovidius Metam. Lib. VIII.

(o)
Statt haben koͤnnen. „Er ſpricht: Eltern und Kin-„
der konnten einander unmoͤglich heyrathen, weil der„
Vater nimmer ein Wittwer geworden waͤre, und„
alſo, da er ſchon eine Frau hatte, ſeine Tochter nicht„
zum Weibe nehmen konnte.

Er glaubt alſo, daß die Eheleute einander nimmer
uͤberlebet haͤtten, ſondern zugleich geſtorben waͤren:
Gerade als die gute alte Baucis und ihr Philemon
„.. pia Baucis anus parilique ætate Philemon.
Dieſes fromme Paar wuſte ſich von den Goͤttern
nichts beſſers auszubitten, als daß es zugleich ſterben
moͤchte.

„Auferat hora duos eadem, nec conjugis un-
quam
„Buſta meæ videam; neu ſim tumulandus
ab illa (41)

Was Philemon als eine Gnade gebeten hat, das
iſt in dem Stande der Unſchuld, nach des Hrn. Man-
zels Meinung, etwas natuͤrliches geweſen. Dieſes iſt
nun aber ein verzweifelter Satz, welcher nicht eher den
geringſten Grad der Wahrſcheinlichkeit erreichet,
als biß der Hr. Prof. erwieſen hat, daß die Ehe-Leute
auch zugleich gebohren worden: oder, wenn ſie nicht
zugleich gebohren, eine Urſache giebt, warum der
juͤngſte Ehegatte mit dem aͤltern zugleich ſterben muͤſ-
ſen. Denn die Regeln der Ordnung ſcheinen zu erfor-
dern, daß GOtt in dem Stande der Unſchuld einem
Menſchen kein laͤnger oder kuͤrtzer Ziel geſetzet, als
dem andern. Es haben alſo Leute, die zugleich geſtor-
ben ſind, auch zugleich gebohren ſeyn muͤſſen: Oder
wenn die Frau etwan aͤlter geweſen iſt, als der Mann,

ſo
(41) Ovidius Metam. Lib. VIII.
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[765/0857] (o) Statt haben koͤnnen. „Er ſpricht: Eltern und Kin-„ der konnten einander unmoͤglich heyrathen, weil der„ Vater nimmer ein Wittwer geworden waͤre, und„ alſo, da er ſchon eine Frau hatte, ſeine Tochter nicht„ zum Weibe nehmen konnte. Er glaubt alſo, daß die Eheleute einander nimmer uͤberlebet haͤtten, ſondern zugleich geſtorben waͤren: Gerade als die gute alte Baucis und ihr Philemon „.. pia Baucis anus parilique ætate Philemon. Dieſes fromme Paar wuſte ſich von den Goͤttern nichts beſſers auszubitten, als daß es zugleich ſterben moͤchte. „Auferat hora duos eadem, nec conjugis un- quam „Buſta meæ videam; neu ſim tumulandus ab illa (41) Was Philemon als eine Gnade gebeten hat, das iſt in dem Stande der Unſchuld, nach des Hrn. Man- zels Meinung, etwas natuͤrliches geweſen. Dieſes iſt nun aber ein verzweifelter Satz, welcher nicht eher den geringſten Grad der Wahrſcheinlichkeit erreichet, als biß der Hr. Prof. erwieſen hat, daß die Ehe-Leute auch zugleich gebohren worden: oder, wenn ſie nicht zugleich gebohren, eine Urſache giebt, warum der juͤngſte Ehegatte mit dem aͤltern zugleich ſterben muͤſ- ſen. Denn die Regeln der Ordnung ſcheinen zu erfor- dern, daß GOtt in dem Stande der Unſchuld einem Menſchen kein laͤnger oder kuͤrtzer Ziel geſetzet, als dem andern. Es haben alſo Leute, die zugleich geſtor- ben ſind, auch zugleich gebohren ſeyn muͤſſen: Oder wenn die Frau etwan aͤlter geweſen iſt, als der Mann, ſo (41) Ovidius Metam. Lib. VIII.

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/857>, abgerufen am 23.11.2024.