licher Verlesung die Zuhörer auf den verwichenen 12. May durch ein Programma von ihm eingeladen worden, worinnen in Erwegung gezogen ist; Daß die wahre Ehre eine Frucht der Tugend, son- derlich bey einem grossen Printzen sey. Das Gedicht beträgt mit dem vorgesetzten Jnhalt dessel- ben 3. Bogen, und das Programma 1. Bogen in Fol. Man ersieht aus diesem Gedichte, daß der Herr Verfasser die alte gezwungene Art zu Poeti- siren der neuern, fliessenden und reinen vorgezogen, und gleichsam zu verstehen gegeben habe, als wenn er die teutsche Poesie auf den vorigen Fuß wiederum zu setzen gedächte. Ferner kan man aus dem Zu- sammenhalt des Gedichtes mit dem Programmate erkennen, was doch auch bey einem eintzigen Men- schen vor ein Unterscheid zwischen der Poetischen und Prosaischen Beredsamkeit sich befinde. Die bey- den Strophen, worinnen Pohlen gegen Teutsch- land hitzige Worte ausstossen soll, darüber es von der Vorsehung einen Verweiß bekömmt, mögen zur Probe dienen:
So leb ein Friedrich denn, sprach Deutschland, ewiglich! Doch hätte es nicht Raum, dies völlig auszusprechen, Denn Pohlen zog zugleich das vorige auf sich; Drum kont es, ihm ins Wort zu falln, sich nicht entbrechen: Was sagtest, Teutschland! du? Solt dirs drum übel gehn, Wenn etwa einst mein Thron solt Scepter ledig stehn?
Wärst
(o)
licher Verleſung die Zuhoͤrer auf den verwichenen 12. May durch ein Programma von ihm eingeladen worden, worinnen in Erwegung gezogen iſt; Daß die wahre Ehre eine Frucht der Tugend, ſon- derlich bey einem groſſen Printzen ſey. Das Gedicht betraͤgt mit dem vorgeſetzten Jnhalt deſſel- ben 3. Bogen, und das Programma 1. Bogen in Fol. Man erſieht aus dieſem Gedichte, daß der Herr Verfaſſer die alte gezwungene Art zu Poeti- ſiren der neuern, flieſſenden und reinen vorgezogen, und gleichſam zu verſtehen gegeben habe, als wenn er die teutſche Poeſie auf den vorigen Fuß wiederum zu ſetzen gedaͤchte. Ferner kan man aus dem Zu- ſammenhalt des Gedichtes mit dem Programmate erkennen, was doch auch bey einem eintzigen Men- ſchen vor ein Unterſcheid zwiſchen der Poetiſchen und Proſaiſchen Beredſamkeit ſich befinde. Die bey- den Strophen, worinnen Pohlen gegen Teutſch- land hitzige Worte ausſtoſſen ſoll, daruͤber es von der Vorſehung einen Verweiß bekoͤmmt, moͤgen zur Probe dienen:
So leb ein Friedrich denn, ſprach Deutſchland, ewiglich! Doch haͤtte es nicht Raum, dies voͤllig auszuſprechen, Denn Pohlen zog zugleich das vorige auf ſich; Drum kont es, ihm ins Wort zu falln, ſich nicht entbrechen: Was ſagteſt, Teutſchland! du? Solt dirs drum uͤbel gehn, Wenn etwa einſt mein Thron ſolt Scepter ledig ſtehn?
Waͤrſt
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(o)
licher Verleſung die Zuhoͤrer auf den verwichenen
12. May durch ein Programma von ihm eingeladen
worden, worinnen in Erwegung gezogen iſt; Daß
die wahre Ehre eine Frucht der Tugend, ſon-
derlich bey einem groſſen Printzen ſey. Das
Gedicht betraͤgt mit dem vorgeſetzten Jnhalt deſſel-
ben 3. Bogen, und das Programma 1. Bogen in
Fol. Man erſieht aus dieſem Gedichte, daß der
Herr Verfaſſer die alte gezwungene Art zu Poeti-
ſiren der neuern, flieſſenden und reinen vorgezogen,
und gleichſam zu verſtehen gegeben habe, als wenn
er die teutſche Poeſie auf den vorigen Fuß wiederum
zu ſetzen gedaͤchte. Ferner kan man aus dem Zu-
ſammenhalt des Gedichtes mit dem Programmate
erkennen, was doch auch bey einem eintzigen Men-
ſchen vor ein Unterſcheid zwiſchen der Poetiſchen und
Proſaiſchen Beredſamkeit ſich befinde. Die bey-
den Strophen, worinnen Pohlen gegen Teutſch-
land hitzige Worte ausſtoſſen ſoll, daruͤber es von
der Vorſehung einen Verweiß bekoͤmmt, moͤgen
zur Probe dienen:
So leb ein Friedrich denn, ſprach Deutſchland,
ewiglich!
Doch haͤtte es nicht Raum, dies voͤllig auszuſprechen,
Denn Pohlen zog zugleich das vorige auf ſich;
Drum kont es, ihm ins Wort zu falln, ſich nicht
entbrechen:
Was ſagteſt, Teutſchland! du? Solt dirs drum
uͤbel gehn,
Wenn etwa einſt mein Thron ſolt Scepter ledig
ſtehn?
Waͤrſt
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 815. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/907>, abgerufen am 22.11.2024.
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