re. Wolten wir im Ernst, welches sonst noch nicht geschehen, mit ihm reden, so müsten wir bekennen, daß er kein Französisch verstehe, elend übersetzt, und in der ihm bishero gewöhnlichen abgeschmackten Schreib-Art sich selbst übertrofen habe. Allein weil wir von ihm nicht vermuthen können, daß er Scherz und Ernst zu unterscheiden wisse, und genug sehen, daß bey ihm beydes gleich übel angewandt seyn wer- de; so wollen wir auch keines von beyden gegen ihn gebrauchen. Der seel. D. Luther unterrichtet uns, wie man einen Scribenten, seines Schlages, begeg- nen müsse. Nach seiner Meynung verdienet er keinen Spott, keine Züchtigung, oder dergleichen etwas, sondern Mitleid und Erbarmung. "Denn, "spricht er im II. Tom. Jen. p. 136. Wie solt ein "arm Man thun, der gern schreiben wolt und künd "nichts? Er muß je so firlefantzen und mit Worten "umherschweifen, daß die Leute dencken, er wolle "ein Buch schreiben.
No. XIX.
Halle. Nachdem ein Ungenannter gegen den Prof. und D. Philippi allhier, welcher am 30 Au- gust nach Göttingen gegangen, auch allda bereits glücklich angelanget, eine Schrift von 2 Bogen: Wahrhafter Bericht etc. herausgegeben, darinn Er vorgiebt, als ob ein hiesiger berühmter Me- dicus H. B. (womit der Verfasser den Lesern weiß machen wollen, als ob es von hiesigem Herrn D. Bas- sen komme,) den Hrn. Doctor wegen harter Wun- den, die Er in einer Schlägerey bekommen hätte, besucht, etc. So berichtet man hiedurch zu Steuer
der
(o)
re. Wolten wir im Ernſt, welches ſonſt noch nicht geſchehen, mit ihm reden, ſo muͤſten wir bekennen, daß er kein Franzoͤſiſch verſtehe, elend uͤberſetzt, und in der ihm bishero gewoͤhnlichen abgeſchmackten Schreib-Art ſich ſelbſt uͤbertrofen habe. Allein weil wir von ihm nicht vermuthen koͤnnen, daß er Scherz und Ernſt zu unterſcheiden wiſſe, und genug ſehen, daß bey ihm beydes gleich uͤbel angewandt ſeyn wer- de; ſo wollen wir auch keines von beyden gegen ihn gebrauchen. Der ſeel. D. Luther unterrichtet uns, wie man einen Scribenten, ſeines Schlages, begeg- nen muͤſſe. Nach ſeiner Meynung verdienet er keinen Spott, keine Zuͤchtigung, oder dergleichen etwas, ſondern Mitleid und Erbarmung. „Denn, „ſpricht er im II. Tom. Jen. p. 136. Wie ſolt ein „arm Man thun, der gern ſchreiben wolt und kuͤnd „nichts? Er muß je ſo firlefantzen und mit Worten „umherſchweifen, daß die Leute dencken, er wolle „ein Buch ſchreiben.
No. XIX.
Halle. Nachdem ein Ungenannter gegen den Prof. und D. Philippi allhier, welcher am 30 Au- guſt nach Goͤttingen gegangen, auch allda bereits gluͤcklich angelanget, eine Schrift von 2 Bogen: Wahrhafter Bericht ꝛc. herausgegeben, darinn Er vorgiebt, als ob ein hieſiger beruͤhmter Me- dicus H. B. (womit der Verfaſſer den Leſern weiß machen wollen, als ob es von hieſigem Herrn D. Baſ- ſen komme,) den Hrn. Doctor wegen harter Wun- den, die Er in einer Schlaͤgerey bekommen haͤtte, beſucht, ꝛc. So berichtet man hiedurch zu Steuer
der
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re. Wolten wir im Ernſt, welches ſonſt noch nicht
geſchehen, mit ihm reden, ſo muͤſten wir bekennen,
daß er kein Franzoͤſiſch verſtehe, elend uͤberſetzt, und
in der ihm bishero gewoͤhnlichen abgeſchmackten
Schreib-Art ſich ſelbſt uͤbertrofen habe. Allein weil
wir von ihm nicht vermuthen koͤnnen, daß er Scherz
und Ernſt zu unterſcheiden wiſſe, und genug ſehen,
daß bey ihm beydes gleich uͤbel angewandt ſeyn wer-
de; ſo wollen wir auch keines von beyden gegen ihn
gebrauchen. Der ſeel. D. Luther unterrichtet uns,
wie man einen Scribenten, ſeines Schlages, begeg-
nen muͤſſe. Nach ſeiner Meynung verdienet er keinen
Spott, keine Zuͤchtigung, oder dergleichen etwas,
ſondern Mitleid und Erbarmung. „Denn,
„ſpricht er im II. Tom. Jen. p. 136. Wie ſolt ein
„arm Man thun, der gern ſchreiben wolt und kuͤnd
„nichts? Er muß je ſo firlefantzen und mit Worten
„umherſchweifen, daß die Leute dencken, er wolle
„ein Buch ſchreiben.
No. XIX.
Halle. Nachdem ein Ungenannter gegen den
Prof. und D. Philippi allhier, welcher am 30 Au-
guſt nach Goͤttingen gegangen, auch allda bereits
gluͤcklich angelanget, eine Schrift von 2 Bogen:
Wahrhafter Bericht ꝛc. herausgegeben, darinn
Er vorgiebt, als ob ein hieſiger beruͤhmter Me-
dicus H. B. (womit der Verfaſſer den Leſern weiß
machen wollen, als ob es von hieſigem Herrn D. Baſ-
ſen komme,) den Hrn. Doctor wegen harter Wun-
den, die Er in einer Schlaͤgerey bekommen haͤtte,
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/937>, abgerufen am 22.11.2024.
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