nes perducere, sese nihil precari, &, si quid agere velit, judicio defendere: So sieht der Herr Prof. Philippi nicht, daß hier daß inhibue- rit nichts heisse, und davor entweder imbiberit, o- der instituerit gesetzt werden müsse: Sondern macht eine trotzige und lehrreiche Anmerckung: "Die No-" tenschreiber, spricht er, zermartern sich über das" Wort inhibuerit ejusmodi rationibus illum ad" suas conditiones perducere, und setzet einer so der" andere so: Aber man muß nur sehen, von wem die Re-" de, nemlich: Si Naevius inhibuerit Procuratorem" Alphenum, ne rationali modo Quintium dispo-" nere posset, se eum in jus vocare." (not. 83.) Man lernet hieraus zweyerley, 1) daß Alphenus den Quintinum durch vernünftige Vorstellungen zum Vergleich bringen wollen, wovon doch Cicero nicht ein Wort saget, und 2) daß in jus vocare, und judicio defendere einerley sey, welches man sonst nicht gewust. Man kan sich also leicht vorstellen, wie schön eine Uebersetzung, die auf solche Gründe gebau- et, gerathen seyn müsse, und darf sich nicht wundern, daß ein über die gemeinen Notenschreiber so weit er- habener Criticus, als der Herr Prof. Philippi, oft durch die kleinesten Druckfehler, die einen mäßigen Schul-Knaben kaum im Lesen aufhalten können, gantz irre gemacht werde. Jch finde davon zwey klägliche Exempel. Cicero spricht: "Nävius müsse, "wenn er als ein ehrlicher Mann leben wolle, vieles "lernen, und sich vieles abgewöhnen, welches beydes "einem Manne von seinen Jahren schwer ankomme." Si vult virorum bonorum instituto vivere, multa oportet discat, atque dediscat, quorum illi aetati
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nes perducere, ſeſe nihil precari, &, ſi quid agere velit, judicio defendere: So ſieht der Herr Prof. Philippi nicht, daß hier daß inhibue- rit nichts heiſſe, und davor entweder imbiberit, o- der inſtituerit geſetzt werden muͤſſe: Sondern macht eine trotzige und lehrreiche Anmerckung: “Die No-„ tenſchreiber, ſpricht er, zermartern ſich uͤber das„ Wort inhibuerit ejusmodi rationibus illum ad„ ſuas conditiones perducere, und ſetzet einer ſo der„ andere ſo: Abeꝛ man muß nur ſehen, von wem die Re-„ de, nemlich: Si Nævius inhibuerit Procuratorem„ Alphenum, ne rationali modo Quintium diſpo-„ nere poſſet, ſe eum in jus vocare.” (not. 83.) Man lernet hieraus zweyerley, 1) daß Alphenus den Quintinum durch vernuͤnftige Vorſtellungen zum Vergleich bringen wollen, wovon doch Cicero nicht ein Wort ſaget, und 2) daß in jus vocare, und judicio defendere einerley ſey, welches man ſonſt nicht gewuſt. Man kan ſich alſo leicht vorſtellen, wie ſchoͤn eine Ueberſetzung, die auf ſolche Gruͤnde gebau- et, gerathen ſeyn muͤſſe, und darf ſich nicht wundern, daß ein uͤber die gemeinen Notenſchreiber ſo weit er- habener Criticus, als der Herr Prof. Philippi, oft durch die kleineſten Druckfehler, die einen maͤßigen Schul-Knaben kaum im Leſen aufhalten koͤnnen, gantz irre gemacht werde. Jch finde davon zwey klaͤgliche Exempel. Cicero ſpricht: „Naͤvius muͤſſe, „wenn er als ein ehrlicher Mann leben wolle, vieles „lernen, und ſich vieles abgewoͤhnen, welches beydes „einem Manne von ſeinen Jahren ſchwer ankomme.‟ Si vult virorum bonorum inſtituto vivere, multa oportet diſcat, atque dediſcat, quorum illi ætati
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nes perducere, ſeſe nihil precari, &, ſi quid
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Herr Prof. Philippi nicht, daß hier daß inhibue-
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der inſtituerit geſetzt werden muͤſſe: Sondern macht
eine trotzige und lehrreiche Anmerckung: “Die No-„
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lernet hieraus zweyerley, 1) daß Alphenus den
Quintinum durch vernuͤnftige Vorſtellungen zum
Vergleich bringen wollen, wovon doch Cicero
nicht ein Wort ſaget, und 2) daß in jus vocare, und
judicio defendere einerley ſey, welches man ſonſt
nicht gewuſt. Man kan ſich alſo leicht vorſtellen, wie
ſchoͤn eine Ueberſetzung, die auf ſolche Gruͤnde gebau-
et, gerathen ſeyn muͤſſe, und darf ſich nicht wundern,
daß ein uͤber die gemeinen Notenſchreiber ſo weit er-
habener Criticus, als der Herr Prof. Philippi, oft
durch die kleineſten Druckfehler, die einen maͤßigen
Schul-Knaben kaum im Leſen aufhalten koͤnnen,
gantz irre gemacht werde. Jch finde davon zwey
klaͤgliche Exempel. Cicero ſpricht: „Naͤvius muͤſſe,
„wenn er als ein ehrlicher Mann leben wolle, vieles
„lernen, und ſich vieles abgewoͤhnen, welches beydes
„einem Manne von ſeinen Jahren ſchwer ankomme.‟
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/947>, abgerufen am 21.11.2024.
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