"von solchen Thaten abhalte, die die Hölle verdienen. "Auf die Art, meynt er, müsten die Leute nothwen- "dig in den Himmel kommen: Und er hat recht: "Denn wo wolten sie sonst wohl hin, wenn sie nicht "in die Hölle kommen? Aber es ist Schade, daß "die Obrigkeit nicht verbunden, sein Begehren zu "erfüllen, weil er unmögliche Dinge von ihr for- "dert. Alles, was die Obrigkeit thun kan, ist, das sie "die Verbrechen straft, und durch ihre Gesetze die "Unterthanen von Begehung äusserst böser, und der "Ruhe des Staats nachtheiliger Thaten abhält. "Diejenigen nun, die sich aus Furcht der Strafe "solcher Thaten enthalten, heissen gute Bürger: "aber vom Himmelreich sind sie weit entfernet. Jhre "Enthaltung vom Bösen hat nichts, als die Furcht "der Strafe zum Grunde, und ist also keine wahre "Tugend. Die wahre Tugend hat einen höhern "Ursprung. Sie fliesset aus dem Glauben, ist ei- "ne Würckung des Geistes GOttes, und wird "durch Galgen und Rad schlecht befordert, was "auch der Hr. Prof. Manzel von der Jurispruden- "tia criminali vor hohe Begrife hat. Der Herr "Prof. klagt ja (posit. 9.) selbst, daß die Bürger- "lichen Gesetze nicht zureichend sind alle Laster aus- "zurotten. Er gestehet ja, daß nur das, so die "Bürgerliche Gesellschaft ofenbahr beunruhiget, "eigentlich vor die Juristen, oder vor die Obrigkeit "gehöre. Wie ist er denn so übel berathen, daß "er, dem allen ungeachtet, glaubt, es sey möglich, "die Leute wider ihren Willen seelig zu machen, "und die Liebe zur Tugend könne durch die Furcht "der Strafe erwecket werden? Er ist gewiß der
"eintzige
(o)
„von ſolchen Thaten abhalte, die die Hoͤlle verdienen. „Auf die Art, meynt er, muͤſten die Leute nothwen- „dig in den Himmel kommen: Und er hat recht: „Denn wo wolten ſie ſonſt wohl hin, wenn ſie nicht „in die Hoͤlle kommen? Aber es iſt Schade, daß „die Obrigkeit nicht verbunden, ſein Begehren zu „erfuͤllen, weil er unmoͤgliche Dinge von ihr for- „dert. Alles, was die Obrigkeit thun kan, iſt, das ſie „die Verbrechen ſtraft, und durch ihre Geſetze die „Unterthanen von Begehung aͤuſſerſt boͤſer, und der „Ruhe des Staats nachtheiliger Thaten abhaͤlt. „Diejenigen nun, die ſich aus Furcht der Strafe „ſolcher Thaten enthalten, heiſſen gute Buͤrger: „aber vom Himmelreich ſind ſie weit entfernet. Jhre „Enthaltung vom Boͤſen hat nichts, als die Furcht „der Strafe zum Grunde, und iſt alſo keine wahre „Tugend. Die wahre Tugend hat einen hoͤhern „Urſprung. Sie flieſſet aus dem Glauben, iſt ei- „ne Wuͤrckung des Geiſtes GOttes, und wird „durch Galgen und Rad ſchlecht befordert, was „auch der Hr. Prof. Manzel von der Jurispruden- „tia criminali vor hohe Begrife hat. Der Herr „Prof. klagt ja (poſit. 9.) ſelbſt, daß die Buͤrger- „lichen Geſetze nicht zureichend ſind alle Laſter aus- „zurotten. Er geſtehet ja, daß nur das, ſo die „Buͤrgerliche Geſellſchaft ofenbahr beunruhiget, „eigentlich vor die Juriſten, oder vor die Obrigkeit „gehoͤre. Wie iſt er denn ſo uͤbel berathen, daß „er, dem allen ungeachtet, glaubt, es ſey moͤglich, „die Leute wider ihren Willen ſeelig zu machen, „und die Liebe zur Tugend koͤnne durch die Furcht „der Strafe erwecket werden? Er iſt gewiß der
„eintzige
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„von ſolchen Thaten abhalte, die die Hoͤlle verdienen.
„Auf die Art, meynt er, muͤſten die Leute nothwen-
„dig in den Himmel kommen: Und er hat recht:
„Denn wo wolten ſie ſonſt wohl hin, wenn ſie nicht
„in die Hoͤlle kommen? Aber es iſt Schade, daß
„die Obrigkeit nicht verbunden, ſein Begehren zu
„erfuͤllen, weil er unmoͤgliche Dinge von ihr for-
„dert. Alles, was die Obrigkeit thun kan, iſt, das ſie
„die Verbrechen ſtraft, und durch ihre Geſetze die
„Unterthanen von Begehung aͤuſſerſt boͤſer, und der
„Ruhe des Staats nachtheiliger Thaten abhaͤlt.
„Diejenigen nun, die ſich aus Furcht der Strafe
„ſolcher Thaten enthalten, heiſſen gute Buͤrger:
„aber vom Himmelreich ſind ſie weit entfernet. Jhre
„Enthaltung vom Boͤſen hat nichts, als die Furcht
„der Strafe zum Grunde, und iſt alſo keine wahre
„Tugend. Die wahre Tugend hat einen hoͤhern
„Urſprung. Sie flieſſet aus dem Glauben, iſt ei-
„ne Wuͤrckung des Geiſtes GOttes, und wird
„durch Galgen und Rad ſchlecht befordert, was
„auch der Hr. Prof. Manzel von der Jurispruden-
„tia criminali vor hohe Begrife hat. Der Herr
„Prof. klagt ja (poſit. 9.) ſelbſt, daß die Buͤrger-
„lichen Geſetze nicht zureichend ſind alle Laſter aus-
„zurotten. Er geſtehet ja, daß nur das, ſo die
„Buͤrgerliche Geſellſchaft ofenbahr beunruhiget,
„eigentlich vor die Juriſten, oder vor die Obrigkeit
„gehoͤre. Wie iſt er denn ſo uͤbel berathen, daß
„er, dem allen ungeachtet, glaubt, es ſey moͤglich,
„die Leute wider ihren Willen ſeelig zu machen,
„und die Liebe zur Tugend koͤnne durch die Furcht
„der Strafe erwecket werden? Er iſt gewiß der
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 882. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/974>, abgerufen am 24.11.2024.
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