Das Schöne und Erhabene in den Wissensch af- ten überhaupt, das Heilsame und Brauchbare in allen Ständen, der Wachsthum guter Künste, der Flor der Handlung, die Kunst reich und glücksee- lig zu werden, sammt denen richtig befundenen Vor- schlägen, allen Mängeln im gemeinen Wesen je mehr und mehr abzuhelfen, soll, wie das erste Blatt verspricht, der Vorwurf seiner Betrachtung seyn; al- lein aus den beyden folgenden Blättern sollte man fast argwohnen, daß ihm dis Versprechen schon ge- reuet, wenigstens findet man von allen diesen schö- nen Sachen nichts darin. Das erste Blat lobet die Freyheit zu dencken, das andere rühmet die Denck- Freyheit und das dritte preiset die freye Denckungs- Kraft. Folgende tröstliche Dencksprüchlein können es zeigen. So stehet vor dem ersten Stück:
Es läst sich der Verstand gar nicht in Bande legen; Hingegen durch Vernunft und Wahrheit leicht bewegen. Vor dem andern: Wenn manche den Verstand in enge Grentzen schrencken; Soll uns nichts höhers seyn, als immer frey zu dencken. Und endlich vor dem dritten: Die freye Denckungs-Kraft geht über die Gewalt, Sie zieht, sie neigt, sie lockt; man sey jung oder alt.
Allein einem Freydencker ist nichts unanständig. Wir glauben, er werde in den künftigen Stücken von der Art frey zu dencken, und von der freyen Art zu den- cken, eben so gründlich als in den gegenwärtigen han- deln, wo ihn nicht der Beytrag gelehrter und erfahr- ner Männer, auf den er, bey seinem Unvermögen, sich und den Leser im ersten Blatte vertröstet, den
einmahl
(o)
Das Schoͤne und Erhabene in den Wiſſenſch af- ten uͤberhaupt, das Heilſame und Brauchbare in allen Staͤnden, der Wachsthum guter Kuͤnſte, der Flor der Handlung, die Kunſt reich und gluͤckſee- lig zu werden, ſammt denen richtig befundenen Vor- ſchlaͤgen, allen Maͤngeln im gemeinen Weſen je mehr und mehr abzuhelfen, ſoll, wie das erſte Blatt verſpricht, der Vorwurf ſeiner Betrachtung ſeyn; al- lein aus den beyden folgenden Blaͤttern ſollte man faſt argwohnen, daß ihm dis Verſprechen ſchon ge- reuet, wenigſtens findet man von allen dieſen ſchoͤ- nen Sachen nichts darin. Das erſte Blat lobet die Freyheit zu dencken, das andere ruͤhmet die Denck- Freyheit und das dritte preiſet die freye Denckungs- Kraft. Folgende troͤſtliche Denckſpruͤchlein koͤnnen es zeigen. So ſtehet vor dem erſten Stuͤck:
Es laͤſt ſich der Verſtand gar nicht in Bande legen; Hingegen durch Vernunft und Wahrheit leicht bewegen. Vor dem andern: Wenn manche den Verſtand in enge Grentzen ſchrencken; Soll uns nichts hoͤhers ſeyn, als immer frey zu dencken. Und endlich vor dem dritten: Die freye Denckungs-Kraft geht uͤber die Gewalt, Sie zieht, ſie neigt, ſie lockt; man ſey jung oder alt.
Allein einem Freydencker iſt nichts unanſtaͤndig. Wir glauben, er werde in den kuͤnftigen Stuͤcken von der Art frey zu dencken, und von der freyen Art zu den- cken, eben ſo gruͤndlich als in den gegenwaͤrtigen han- deln, wo ihn nicht der Beytrag gelehrter und erfahr- ner Maͤnner, auf den er, bey ſeinem Unvermoͤgen, ſich und den Leſer im erſten Blatte vertroͤſtet, den
einmahl
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[870[898]/0990]
(o)
Das Schoͤne und Erhabene in den Wiſſenſch af-
ten uͤberhaupt, das Heilſame und Brauchbare in
allen Staͤnden, der Wachsthum guter Kuͤnſte, der
Flor der Handlung, die Kunſt reich und gluͤckſee-
lig zu werden, ſammt denen richtig befundenen Vor-
ſchlaͤgen, allen Maͤngeln im gemeinen Weſen je
mehr und mehr abzuhelfen, ſoll, wie das erſte Blatt
verſpricht, der Vorwurf ſeiner Betrachtung ſeyn; al-
lein aus den beyden folgenden Blaͤttern ſollte man
faſt argwohnen, daß ihm dis Verſprechen ſchon ge-
reuet, wenigſtens findet man von allen dieſen ſchoͤ-
nen Sachen nichts darin. Das erſte Blat lobet
die Freyheit zu dencken, das andere ruͤhmet die Denck-
Freyheit und das dritte preiſet die freye Denckungs-
Kraft. Folgende troͤſtliche Denckſpruͤchlein koͤnnen
es zeigen. So ſtehet vor dem erſten Stuͤck:
Es laͤſt ſich der Verſtand gar nicht in Bande legen;
Hingegen durch Vernunft und Wahrheit leicht bewegen.
Vor dem andern:
Wenn manche den Verſtand in enge Grentzen ſchrencken;
Soll uns nichts hoͤhers ſeyn, als immer frey zu dencken.
Und endlich vor dem dritten:
Die freye Denckungs-Kraft geht uͤber die Gewalt,
Sie zieht, ſie neigt, ſie lockt; man ſey jung oder alt.
Nun ſagt zwar Horatz:
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Citharœdus
Ridetur chorda qvi ſemper oberrat eadem.
Allein einem Freydencker iſt nichts unanſtaͤndig. Wir
glauben, er werde in den kuͤnftigen Stuͤcken von der
Art frey zu dencken, und von der freyen Art zu den-
cken, eben ſo gruͤndlich als in den gegenwaͤrtigen han-
deln, wo ihn nicht der Beytrag gelehrter und erfahr-
ner Maͤnner, auf den er, bey ſeinem Unvermoͤgen,
ſich und den Leſer im erſten Blatte vertroͤſtet, den
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 870[898]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/990>, abgerufen am 24.11.2024.
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