Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

der Fahrt sich in kurzer Zeit auf 5 bis 6 deutsche Meilen stellen wird, daß man folglich an Sommertagen bequem 60 bis 75 deutsche Meilen wird zurücklegen können. Nun gehe man alle Classen der Gesellschaft durch und man wird erstaunen über den Einfluß, den ein solches Transportsystem auf die Verbesserung des Zustandes und der productiven Kräfte jedes Einzelnen haben muß. Der Arzt, der Advocat, der Gelehrte, der Künstler wird nun seinen Wirkungskreis auf weitentfernte Städte und Länder ausdehnen können. Ein großer Schauspieler z. B. wird im Stande sein, heute in Berlin, morgen in Hamburg, übermorgen in Hannover aufzutreten. Ein sächsischer Fabrikant, der von Erfindungen hört, die in seinem Fach in Paris und London gemacht worden sind, wird für eine unbedeutende Summe diese beiden Hauptstädte besuchen können und auf der Reise hin und zurück höchstens 5 bis 6 Tage zubringen.

Dem Kaufmann und Fabrikanten wird es unendlich leichter sein, wie bisher, durch Reisen seinen Geschäftskreis und seine Kundschaft zu erweitern, seine Kenntnisse und Begriffe von Sachen und Verhältnissen auszudehnen oder zu berichtigen, gemeinschaftliche Unternehmungen mit Menschen, die an entfernten Orten wohnen, zu verabreden und auszuführen, Differenzen persönlich zu schlichten und sich passende Gehülfen zu verschaffen. Der Bewohner des nördlichen Deutschlands wird sich nun ganz bequem jedes Jahr nach dem südlichen Deutschland begeben können, um dort einen Theil des Sommers zuzubringen. Diese Reisen werden Ankäufe und neue Anlagen, neue Geschäftsverbindungen und Unternehmungen zur Folge haben. Tausende von Geschäftsleuten werden sich einfallen lassen, an verschiedenen von einander entfernten Orten Fabriken und andere Geschäfte zu betreiben. Neue Bücher und Hefte werden mit größerer Schnelligkeit als jetzt die Zeitungen sich über ganz Deutschland verbreiten, und der deutsche Buchhandel wird dadurch an Lebhaftigkeit unermeßlich gewinnen. Landwirthe, die in ihrer Heimath keine vortheilhaften Ankäufe oder Pachtungen zu realisiren vermögen, werden sich mit verhältnißmäßig geringem Zeit- und Kosten-Aufwande in ganz Deutschland nach passenden Ansiedelungen umsehen können. Der Associationsgeist, der in der neuesten Zeit bei uns so kräftig in's Leben getreten ist, wird, nachdem den Capitalisten und Geschäftsmännern der entferntesten Städte Deutschlands Versammlungen zu Verabredung und Controlirung gemeinschaftlicher Unternehmungen so sehr erleichtert sein werden, einen Aufschwung nehmen, von dem man jetzt keine Vorstellung hat.

Ohne Vergleichung wichtiger als in den angegebenen Fällen erscheint aber der Eisenbahntransport, wenn man seine Wirkungen auf die Bildung aller Classen und Stände in Betrachtung zieht. Auch der minder bemittelte Student wird durch denselben in den Stand gesetzt, die berühmtesten Universitäten des In- und Auslandes zu besuchen und die Institutionen fremder Länder durch eigene Anschauung kennen zu lernen. Der Handelsdiener wird sich in Person auf den angesehensten Handelsplätzen nach einer Anstellung umsehen können. In der Technik und der Landwirthschaft, wobei so viel auf eigene Anschauung und Beobachtung

der Fahrt sich in kurzer Zeit auf 5 bis 6 deutsche Meilen stellen wird, daß man folglich an Sommertagen bequem 60 bis 75 deutsche Meilen wird zurücklegen können. Nun gehe man alle Classen der Gesellschaft durch und man wird erstaunen über den Einfluß, den ein solches Transportsystem auf die Verbesserung des Zustandes und der productiven Kräfte jedes Einzelnen haben muß. Der Arzt, der Advocat, der Gelehrte, der Künstler wird nun seinen Wirkungskreis auf weitentfernte Städte und Länder ausdehnen können. Ein großer Schauspieler z. B. wird im Stande sein, heute in Berlin, morgen in Hamburg, übermorgen in Hannover aufzutreten. Ein sächsischer Fabrikant, der von Erfindungen hört, die in seinem Fach in Paris und London gemacht worden sind, wird für eine unbedeutende Summe diese beiden Hauptstädte besuchen können und auf der Reise hin und zurück höchstens 5 bis 6 Tage zubringen.

Dem Kaufmann und Fabrikanten wird es unendlich leichter sein, wie bisher, durch Reisen seinen Geschäftskreis und seine Kundschaft zu erweitern, seine Kenntnisse und Begriffe von Sachen und Verhältnissen auszudehnen oder zu berichtigen, gemeinschaftliche Unternehmungen mit Menschen, die an entfernten Orten wohnen, zu verabreden und auszuführen, Differenzen persönlich zu schlichten und sich passende Gehülfen zu verschaffen. Der Bewohner des nördlichen Deutschlands wird sich nun ganz bequem jedes Jahr nach dem südlichen Deutschland begeben können, um dort einen Theil des Sommers zuzubringen. Diese Reisen werden Ankäufe und neue Anlagen, neue Geschäftsverbindungen und Unternehmungen zur Folge haben. Tausende von Geschäftsleuten werden sich einfallen lassen, an verschiedenen von einander entfernten Orten Fabriken und andere Geschäfte zu betreiben. Neue Bücher und Hefte werden mit größerer Schnelligkeit als jetzt die Zeitungen sich über ganz Deutschland verbreiten, und der deutsche Buchhandel wird dadurch an Lebhaftigkeit unermeßlich gewinnen. Landwirthe, die in ihrer Heimath keine vortheilhaften Ankäufe oder Pachtungen zu realisiren vermögen, werden sich mit verhältnißmäßig geringem Zeit- und Kosten-Aufwande in ganz Deutschland nach passenden Ansiedelungen umsehen können. Der Associationsgeist, der in der neuesten Zeit bei uns so kräftig in’s Leben getreten ist, wird, nachdem den Capitalisten und Geschäftsmännern der entferntesten Städte Deutschlands Versammlungen zu Verabredung und Controlirung gemeinschaftlicher Unternehmungen so sehr erleichtert sein werden, einen Aufschwung nehmen, von dem man jetzt keine Vorstellung hat.

Ohne Vergleichung wichtiger als in den angegebenen Fällen erscheint aber der Eisenbahntransport, wenn man seine Wirkungen auf die Bildung aller Classen und Stände in Betrachtung zieht. Auch der minder bemittelte Student wird durch denselben in den Stand gesetzt, die berühmtesten Universitäten des In- und Auslandes zu besuchen und die Institutionen fremder Länder durch eigene Anschauung kennen zu lernen. Der Handelsdiener wird sich in Person auf den angesehensten Handelsplätzen nach einer Anstellung umsehen können. In der Technik und der Landwirthschaft, wobei so viel auf eigene Anschauung und Beobachtung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0008" n="7"/>
der Fahrt sich in kurzer Zeit auf 5 bis 6 deutsche Meilen stellen wird, daß man folglich an Sommertagen bequem 60 bis 75 deutsche Meilen wird zurücklegen können. Nun gehe man alle Classen der Gesellschaft durch und man wird erstaunen über den Einfluß, den ein solches Transportsystem auf die Verbesserung des Zustandes und der productiven Kräfte jedes Einzelnen haben muß. Der Arzt, der Advocat, der Gelehrte, der Künstler wird nun seinen Wirkungskreis auf weitentfernte Städte und Länder ausdehnen können. Ein großer Schauspieler z. B. wird im Stande sein, heute in Berlin, morgen in Hamburg, übermorgen in Hannover aufzutreten. Ein sächsischer Fabrikant, der von Erfindungen hört, die in seinem Fach in Paris und London gemacht worden sind, wird für eine unbedeutende Summe diese beiden Hauptstädte besuchen können und auf der Reise hin und zurück höchstens 5 bis 6 Tage zubringen.</p>
        <p>Dem Kaufmann und Fabrikanten wird es unendlich leichter sein, wie bisher, durch Reisen seinen Geschäftskreis und seine Kundschaft zu erweitern, seine Kenntnisse und Begriffe von Sachen und Verhältnissen auszudehnen oder zu berichtigen, gemeinschaftliche Unternehmungen mit Menschen, die an entfernten Orten wohnen, zu verabreden und auszuführen, Differenzen persönlich zu schlichten und sich passende Gehülfen zu verschaffen. Der Bewohner des nördlichen Deutschlands wird sich nun ganz bequem jedes Jahr nach dem südlichen Deutschland begeben können, um dort einen Theil des Sommers zuzubringen. Diese Reisen werden Ankäufe und neue Anlagen, neue Geschäftsverbindungen und Unternehmungen zur Folge haben. Tausende von Geschäftsleuten werden sich einfallen lassen, an verschiedenen von einander entfernten Orten Fabriken und andere Geschäfte zu betreiben. Neue Bücher und Hefte werden mit größerer Schnelligkeit als jetzt die Zeitungen sich über ganz Deutschland verbreiten, und der deutsche Buchhandel wird dadurch an Lebhaftigkeit unermeßlich gewinnen. Landwirthe, die in ihrer Heimath keine vortheilhaften Ankäufe oder Pachtungen zu realisiren vermögen, werden sich mit verhältnißmäßig geringem Zeit- und Kosten-Aufwande in ganz Deutschland nach passenden Ansiedelungen umsehen können. Der Associationsgeist, der in der neuesten Zeit bei uns so kräftig in&#x2019;s Leben getreten ist, wird, nachdem den Capitalisten und Geschäftsmännern der entferntesten Städte Deutschlands Versammlungen zu Verabredung und Controlirung gemeinschaftlicher Unternehmungen so sehr erleichtert sein werden, einen Aufschwung nehmen, von dem man jetzt keine Vorstellung hat.</p>
        <p>Ohne Vergleichung wichtiger als in den angegebenen Fällen erscheint aber der Eisenbahntransport, wenn man seine Wirkungen auf die Bildung aller Classen und Stände in Betrachtung zieht. Auch der minder bemittelte Student wird durch denselben in den Stand gesetzt, die berühmtesten Universitäten des In- und Auslandes zu besuchen und die Institutionen fremder Länder durch eigene Anschauung kennen zu lernen. Der Handelsdiener wird sich in Person auf den angesehensten Handelsplätzen nach einer Anstellung umsehen können. In der Technik und der Landwirthschaft, wobei so viel auf eigene Anschauung und Beobachtung
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0008] der Fahrt sich in kurzer Zeit auf 5 bis 6 deutsche Meilen stellen wird, daß man folglich an Sommertagen bequem 60 bis 75 deutsche Meilen wird zurücklegen können. Nun gehe man alle Classen der Gesellschaft durch und man wird erstaunen über den Einfluß, den ein solches Transportsystem auf die Verbesserung des Zustandes und der productiven Kräfte jedes Einzelnen haben muß. Der Arzt, der Advocat, der Gelehrte, der Künstler wird nun seinen Wirkungskreis auf weitentfernte Städte und Länder ausdehnen können. Ein großer Schauspieler z. B. wird im Stande sein, heute in Berlin, morgen in Hamburg, übermorgen in Hannover aufzutreten. Ein sächsischer Fabrikant, der von Erfindungen hört, die in seinem Fach in Paris und London gemacht worden sind, wird für eine unbedeutende Summe diese beiden Hauptstädte besuchen können und auf der Reise hin und zurück höchstens 5 bis 6 Tage zubringen. Dem Kaufmann und Fabrikanten wird es unendlich leichter sein, wie bisher, durch Reisen seinen Geschäftskreis und seine Kundschaft zu erweitern, seine Kenntnisse und Begriffe von Sachen und Verhältnissen auszudehnen oder zu berichtigen, gemeinschaftliche Unternehmungen mit Menschen, die an entfernten Orten wohnen, zu verabreden und auszuführen, Differenzen persönlich zu schlichten und sich passende Gehülfen zu verschaffen. Der Bewohner des nördlichen Deutschlands wird sich nun ganz bequem jedes Jahr nach dem südlichen Deutschland begeben können, um dort einen Theil des Sommers zuzubringen. Diese Reisen werden Ankäufe und neue Anlagen, neue Geschäftsverbindungen und Unternehmungen zur Folge haben. Tausende von Geschäftsleuten werden sich einfallen lassen, an verschiedenen von einander entfernten Orten Fabriken und andere Geschäfte zu betreiben. Neue Bücher und Hefte werden mit größerer Schnelligkeit als jetzt die Zeitungen sich über ganz Deutschland verbreiten, und der deutsche Buchhandel wird dadurch an Lebhaftigkeit unermeßlich gewinnen. Landwirthe, die in ihrer Heimath keine vortheilhaften Ankäufe oder Pachtungen zu realisiren vermögen, werden sich mit verhältnißmäßig geringem Zeit- und Kosten-Aufwande in ganz Deutschland nach passenden Ansiedelungen umsehen können. Der Associationsgeist, der in der neuesten Zeit bei uns so kräftig in’s Leben getreten ist, wird, nachdem den Capitalisten und Geschäftsmännern der entferntesten Städte Deutschlands Versammlungen zu Verabredung und Controlirung gemeinschaftlicher Unternehmungen so sehr erleichtert sein werden, einen Aufschwung nehmen, von dem man jetzt keine Vorstellung hat. Ohne Vergleichung wichtiger als in den angegebenen Fällen erscheint aber der Eisenbahntransport, wenn man seine Wirkungen auf die Bildung aller Classen und Stände in Betrachtung zieht. Auch der minder bemittelte Student wird durch denselben in den Stand gesetzt, die berühmtesten Universitäten des In- und Auslandes zu besuchen und die Institutionen fremder Länder durch eigene Anschauung kennen zu lernen. Der Handelsdiener wird sich in Person auf den angesehensten Handelsplätzen nach einer Anstellung umsehen können. In der Technik und der Landwirthschaft, wobei so viel auf eigene Anschauung und Beobachtung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Die innerhalb des Werks inkonsistente Rechtschreibung und Schreibung von z. B. Ortsnamen wird beibehalten. Offensichtliche Druckfehler des Originals werden im sichtbaren Editionstext stillschweigend korrigiert, im Quelltext jedoch auskommentiert dargestellt.
  • Die Frakturschrift der Vorlage kennt keine großen Umlaute; Ae, Oe, Ue werden zu Ä, Ö und Ü umgesetzt. Weiterhin wird im Original für die großen I und J nur die Type J benutzt; hier werden I und J eingesetzt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/8
Zitationshilfe: List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/8>, abgerufen am 24.11.2024.