List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.ankommt, werden die Deutschen Riesenschritte machen, wenn auch der minder bemittelte Techniker diejenigen Länder und Städte des In- und Auslandes besuchen kann, wo jene Industriezweige, denen er sich besonders gewidmet hat, am vortheilhaftesten betrieben werden. Die Techniker und Landwirthe Deutschlands werden, wie jetzt die deutschen Naturforscher, jährliche Versammlungen halten, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß in Folge des erleichterten Verkehrs sich Nationalvereine und Versammlungen für specielle Zweige der Literatur, der Künste und der Industrie bilden, wie z. B. Versammlungen der deutschen Rechtsgelehrten, der Historiker, Nationalökonomen und Staatsgelehrten, der Theologen, Sprachforscher und Erzieher, der Ästhetiker und Schauspieler, der bildenden Künstler, der Tonkünstler, der Mechaniker und mechanischen Fabrikanten, der Chemiker und chemischen Fabrikanten, der Bergleute und Eisenwerksbesitzer, der gelehrten und praktischen Ökonomen, der Forstmänner, der Schaafzüchter, der Seidenzüchter u. s. w. Einer großen gemeinschaftlichen Hauptstadt ermangelnd, worin alle eminenten Talente und Intelligenzen der Nation einen gemeinschaftlichen Vereinigungspunkt finden könnten, fühlt das Bedürfniß derartiger Versammlungen und Vereine keine Nation so sehr als die deutsche. Dieselben werden sich daher auch hier viel großartiger ausbilden, als in England und Frankreich, und sowohl aus diesem Grunde als wegen der geographischen Lage Deutschlands nach und nach europäische Wichtigkeit erlangen. Eine neue Erfindung ist um so wichtiger und segensreicher, je mehr sie auf das Wohlsein und die Bildung der arbeitenden Classen, also der großen Mehrzahl der Völker wirkt. Nach diesem Maßstabe betrachtet, sind die Eisenbahnen die größte Erfindung der alten und neuen Zeit; sie sind eigentliche Volkswohlfahrts- und Bildungsmaschinen. Nichts ist den Fortschritten des Menschen minder günstig, als ein pflanzenmäßiges Kleben an der Scholle, auf welcher er sein Dasein empfangen hat. Weder sein Geist noch seine körperliche Arbeitsfähigkeit, die zur größeren Hälfte durch die Bildung des Geistes bedingt ist, kann sich entwickeln. Jahrhunderte und Jahrtausende lang, wie man an den asiatischen und afrikanischen Völkern am besten wahrnehmen kann, beharrt er bei denselben Handgriffen, Verfahrungsweisen und Werkzeugen, bei denselben Vorurtheilen und beschränkten Ansichten. Lebt er in kleinen Kreisen, in Dörfern und Landstädten, wie dies der Fall bei der Mehrzahl eines jeden Volkes ist, so fehlt ihm das bessere Beispiel, die Anregung zur Nacheiferung und meistens die Gelegenheit zu erweiterter Thätigkeit. Schlendrian und schläfrige Betreibung jeder Art von Geschäften wird zur allgemeinen Gewohnheit, und die Abhängigkeit von einer geringen Anzahl von Brodherren wirkt lähmend. Die Production ist folglich gering, dem Arbeiter fallen also nur schmale Bissen zu, und diese kümmerliche Nahrung wirkt wieder nachtheilig auf seine Arbeitsfähigkeit. Was die Verpflanzung der Arbeiter, besonders in der Jugend wirkt, ist schon von Jenen erkannt worden, die den Handwerksgesellen das Wandern zur Pflicht machten; daß aber diese wohlthätigen Wirkungen der vielfältigen ankommt, werden die Deutschen Riesenschritte machen, wenn auch der minder bemittelte Techniker diejenigen Länder und Städte des In- und Auslandes besuchen kann, wo jene Industriezweige, denen er sich besonders gewidmet hat, am vortheilhaftesten betrieben werden. Die Techniker und Landwirthe Deutschlands werden, wie jetzt die deutschen Naturforscher, jährliche Versammlungen halten, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß in Folge des erleichterten Verkehrs sich Nationalvereine und Versammlungen für specielle Zweige der Literatur, der Künste und der Industrie bilden, wie z. B. Versammlungen der deutschen Rechtsgelehrten, der Historiker, Nationalökonomen und Staatsgelehrten, der Theologen, Sprachforscher und Erzieher, der Ästhetiker und Schauspieler, der bildenden Künstler, der Tonkünstler, der Mechaniker und mechanischen Fabrikanten, der Chemiker und chemischen Fabrikanten, der Bergleute und Eisenwerksbesitzer, der gelehrten und praktischen Ökonomen, der Forstmänner, der Schaafzüchter, der Seidenzüchter u. s. w. Einer großen gemeinschaftlichen Hauptstadt ermangelnd, worin alle eminenten Talente und Intelligenzen der Nation einen gemeinschaftlichen Vereinigungspunkt finden könnten, fühlt das Bedürfniß derartiger Versammlungen und Vereine keine Nation so sehr als die deutsche. Dieselben werden sich daher auch hier viel großartiger ausbilden, als in England und Frankreich, und sowohl aus diesem Grunde als wegen der geographischen Lage Deutschlands nach und nach europäische Wichtigkeit erlangen. Eine neue Erfindung ist um so wichtiger und segensreicher, je mehr sie auf das Wohlsein und die Bildung der arbeitenden Classen, also der großen Mehrzahl der Völker wirkt. Nach diesem Maßstabe betrachtet, sind die Eisenbahnen die größte Erfindung der alten und neuen Zeit; sie sind eigentliche Volkswohlfahrts- und Bildungsmaschinen. Nichts ist den Fortschritten des Menschen minder günstig, als ein pflanzenmäßiges Kleben an der Scholle, auf welcher er sein Dasein empfangen hat. Weder sein Geist noch seine körperliche Arbeitsfähigkeit, die zur größeren Hälfte durch die Bildung des Geistes bedingt ist, kann sich entwickeln. Jahrhunderte und Jahrtausende lang, wie man an den asiatischen und afrikanischen Völkern am besten wahrnehmen kann, beharrt er bei denselben Handgriffen, Verfahrungsweisen und Werkzeugen, bei denselben Vorurtheilen und beschränkten Ansichten. Lebt er in kleinen Kreisen, in Dörfern und Landstädten, wie dies der Fall bei der Mehrzahl eines jeden Volkes ist, so fehlt ihm das bessere Beispiel, die Anregung zur Nacheiferung und meistens die Gelegenheit zu erweiterter Thätigkeit. Schlendrian und schläfrige Betreibung jeder Art von Geschäften wird zur allgemeinen Gewohnheit, und die Abhängigkeit von einer geringen Anzahl von Brodherren wirkt lähmend. Die Production ist folglich gering, dem Arbeiter fallen also nur schmale Bissen zu, und diese kümmerliche Nahrung wirkt wieder nachtheilig auf seine Arbeitsfähigkeit. 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Versammlungen der deutschen Rechtsgelehrten, der Historiker, Nationalökonomen und Staatsgelehrten, der Theologen, Sprachforscher und Erzieher, der Ästhetiker und Schauspieler, der bildenden Künstler, der Tonkünstler, der Mechaniker und mechanischen Fabrikanten, der Chemiker und chemischen Fabrikanten, der Bergleute und Eisenwerksbesitzer, der gelehrten und praktischen Ökonomen, der Forstmänner, der Schaafzüchter, der Seidenzüchter u. s. w. Einer großen gemeinschaftlichen Hauptstadt ermangelnd, worin alle eminenten Talente und Intelligenzen der Nation einen gemeinschaftlichen Vereinigungspunkt finden könnten, fühlt das Bedürfniß derartiger Versammlungen und Vereine <hi rendition="#g">keine Nation</hi> so sehr als die <hi rendition="#g">deutsche</hi>. 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Jahrhunderte und Jahrtausende lang, wie man an den asiatischen und afrikanischen Völkern am besten wahrnehmen kann, beharrt er bei denselben Handgriffen, Verfahrungsweisen und Werkzeugen, bei denselben Vorurtheilen und beschränkten Ansichten. Lebt er in kleinen Kreisen, in Dörfern und Landstädten, wie dies der Fall bei der Mehrzahl eines jeden Volkes ist, so fehlt ihm das bessere Beispiel, die Anregung zur Nacheiferung und meistens die Gelegenheit zu erweiterter Thätigkeit. Schlendrian und schläfrige Betreibung jeder Art von Geschäften wird zur allgemeinen Gewohnheit, und die Abhängigkeit von einer geringen Anzahl von Brodherren wirkt lähmend. Die Production ist folglich gering, dem Arbeiter fallen also nur schmale Bissen zu, und diese kümmerliche Nahrung wirkt wieder nachtheilig auf seine Arbeitsfähigkeit. 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Eine neue Erfindung ist um so wichtiger und segensreicher, je mehr sie auf das Wohlsein und die Bildung der arbeitenden Classen, also der großen Mehrzahl der Völker wirkt. Nach diesem Maßstabe betrachtet, sind die Eisenbahnen die größte Erfindung der alten und neuen Zeit; sie sind eigentliche Volkswohlfahrts- und Bildungsmaschinen. Nichts ist den Fortschritten des Menschen minder günstig, als ein pflanzenmäßiges Kleben an der Scholle, auf welcher er sein Dasein empfangen hat. Weder sein Geist noch seine körperliche Arbeitsfähigkeit, die zur größeren Hälfte durch die Bildung des Geistes bedingt ist, kann sich entwickeln. Jahrhunderte und Jahrtausende lang, wie man an den asiatischen und afrikanischen Völkern am besten wahrnehmen kann, beharrt er bei denselben Handgriffen, Verfahrungsweisen und Werkzeugen, bei denselben Vorurtheilen und beschränkten Ansichten. Lebt er in kleinen Kreisen, in Dörfern und Landstädten, wie dies der Fall bei der Mehrzahl eines jeden Volkes ist, so fehlt ihm das bessere Beispiel, die Anregung zur Nacheiferung und meistens die Gelegenheit zu erweiterter Thätigkeit. Schlendrian und schläfrige Betreibung jeder Art von Geschäften wird zur allgemeinen Gewohnheit, und die Abhängigkeit von einer geringen Anzahl von Brodherren wirkt lähmend. Die Production ist folglich gering, dem Arbeiter fallen also nur schmale Bissen zu, und diese kümmerliche Nahrung wirkt wieder nachtheilig auf seine Arbeitsfähigkeit. Was die Verpflanzung der Arbeiter, besonders in der Jugend wirkt, ist schon von Jenen erkannt worden, die den Handwerksgesellen das Wandern zur Pflicht machten; daß aber diese wohlthätigen Wirkungen der vielfältigen
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