Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

einer Eisenbahn der Werth desselben um 10-15 Dollars steigt, so ist dies, zumal Käufe und Verkäufe hier viel seltener vorkommen, eine Wirkung, die durch Nachforschung erst zu eruiren ist. Die Natur der Dinge aber ist und bleibt in Europa wie in Amerika die nämliche; hier wie dort werden die Land- und Stadtrenten durch dergleichen Transportanstalten, und zwar mindestens um den zehnfachen Belauf der Anlagekosten, in einem Zeitraume von 10-15 Jahren nach vollbrachtem Werke gehoben.

Nichts desto weniger bestehen zwischen den cultivirten und bevölkerten Ländern Europa's und den Vereinigten Staaten von Nordamerika in Ansehung des Nutzeffectes der Canäle und Eisenbahnen in der Natur der Dinge begründete Verschiedenheiten, auf welche wir hier aufmerksam machen müssen.

Die Canäle beweisen in Nordamerika einen größeren und schnelleren Nutzeffect, als in Deutschland u. s. w., weil unter den dortigen Staaten von ihrer Gründung an freier Verkehr auf einem an oberflächlichem Raum Europa gleichkommenden Gebiete stattgefunden, und sich daher ein auf weite Entfernungen sich erstreckender Handel an Mehl und Getreide, Seefischen, gesalzenem und geräuchertem Fleisch, Speck und Fett, Salz und Mineralien und an Producten jeder Art gebildet hat, der dem Canaltransport vorzüglich zu statten kommt, während in Europa, besonders aber in Deutschland, politische und commercielle Isolirung kleiner Gebiete, so wie Regalien, Zunft-, Bau- und Stapel-Rechte u. s. w. diesen Handel bisher in enge Grenzen eingeschränkt haben, und in dieser Beziehung von einer aufgeklärten Gesetzgebung und von vollkommneren Transportanstalten nur allmälige Verbesserung zu erwarten ist.

Durch den freien und großartigen Productenverkehr in Verbindung mit den natürlichen und künstlichen Transporterleichterungen hat Nordamerika die Theorie, daß die Rente des einzelnen Gutsbesitzers und das landwirthschaftliche Sürplüsproduct der Nation überhaupt mit der Fruchtbarkeit des im Bau befindlichen Bodens in gleichem Verhältnisse stehe, zum Vortheil seines Nationalwohlstandes vortrefflich illustrirt. Land erster Classe bis zum Mississippi hin ist wenig mehr im wilden Zustande zu finden und gewährt auf weiten Entfernungen von den großen Märkten schon gute Rente, während vieles Land vierter und fünfter Classe in den alleghanischen Gebirgen in einer Entfernung von 150 Meilen von der atlantischen Seeküste erst in Folge der Canal- und Eisenbahnanlagen occupirt worden und noch lange Zeit nicht cultivirt werden wird. Aus der Größe des landwirthschaftlichen Sürplüsproducts erklärt sich auch zum großen Theil, daß in den Vereinigten Staaten so viele Arbeit auf öffentliche Werke, neue Bauten und den Betrieb von Fabriken verwendet werden kann.

Wenn wir hiermit nachgewiesen zu haben glauben, daß man von Canälen, in so weit sie auf den Productenverkehr basirt sind - (denn Salz-, Holz-, Stein- und Steinkohlencanäle, wenn die Bezugsquellen reich und die Märkte ausgedehnt genug sind, werden überall gleich guten

einer Eisenbahn der Werth desselben um 10–15 Dollars steigt, so ist dies, zumal Käufe und Verkäufe hier viel seltener vorkommen, eine Wirkung, die durch Nachforschung erst zu eruiren ist. Die Natur der Dinge aber ist und bleibt in Europa wie in Amerika die nämliche; hier wie dort werden die Land- und Stadtrenten durch dergleichen Transportanstalten, und zwar mindestens um den zehnfachen Belauf der Anlagekosten, in einem Zeitraume von 10–15 Jahren nach vollbrachtem Werke gehoben.

Nichts desto weniger bestehen zwischen den cultivirten und bevölkerten Ländern Europa’s und den Vereinigten Staaten von Nordamerika in Ansehung des Nutzeffectes der Canäle und Eisenbahnen in der Natur der Dinge begründete Verschiedenheiten, auf welche wir hier aufmerksam machen müssen.

Die Canäle beweisen in Nordamerika einen größeren und schnelleren Nutzeffect, als in Deutschland u. s. w., weil unter den dortigen Staaten von ihrer Gründung an freier Verkehr auf einem an oberflächlichem Raum Europa gleichkommenden Gebiete stattgefunden, und sich daher ein auf weite Entfernungen sich erstreckender Handel an Mehl und Getreide, Seefischen, gesalzenem und geräuchertem Fleisch, Speck und Fett, Salz und Mineralien und an Producten jeder Art gebildet hat, der dem Canaltransport vorzüglich zu statten kommt, während in Europa, besonders aber in Deutschland, politische und commercielle Isolirung kleiner Gebiete, so wie Regalien, Zunft-, Bau- und Stapel-Rechte u. s. w. diesen Handel bisher in enge Grenzen eingeschränkt haben, und in dieser Beziehung von einer aufgeklärten Gesetzgebung und von vollkommneren Transportanstalten nur allmälige Verbesserung zu erwarten ist.

Durch den freien und großartigen Productenverkehr in Verbindung mit den natürlichen und künstlichen Transporterleichterungen hat Nordamerika die Theorie, daß die Rente des einzelnen Gutsbesitzers und das landwirthschaftliche Sürplüsproduct der Nation überhaupt mit der Fruchtbarkeit des im Bau befindlichen Bodens in gleichem Verhältnisse stehe, zum Vortheil seines Nationalwohlstandes vortrefflich illustrirt. Land erster Classe bis zum Mississippi hin ist wenig mehr im wilden Zustande zu finden und gewährt auf weiten Entfernungen von den großen Märkten schon gute Rente, während vieles Land vierter und fünfter Classe in den alleghanischen Gebirgen in einer Entfernung von 150 Meilen von der atlantischen Seeküste erst in Folge der Canal- und Eisenbahnanlagen occupirt worden und noch lange Zeit nicht cultivirt werden wird. Aus der Größe des landwirthschaftlichen Sürplüsproducts erklärt sich auch zum großen Theil, daß in den Vereinigten Staaten so viele Arbeit auf öffentliche Werke, neue Bauten und den Betrieb von Fabriken verwendet werden kann.

Wenn wir hiermit nachgewiesen zu haben glauben, daß man von Canälen, in so weit sie auf den Productenverkehr basirt sind – (denn Salz-, Holz-, Stein- und Steinkohlencanäle, wenn die Bezugsquellen reich und die Märkte ausgedehnt genug sind, werden überall gleich guten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0097" n="96"/>
einer Eisenbahn der Werth desselben um 10&#x2013;15 Dollars steigt, so ist dies, zumal Käufe und Verkäufe hier viel seltener vorkommen, eine Wirkung, die durch Nachforschung erst zu eruiren ist. Die Natur der Dinge aber ist und bleibt in Europa wie in Amerika die nämliche; hier wie dort werden die <hi rendition="#g">Land- und Stadtrenten</hi> durch dergleichen Transportanstalten, und zwar mindestens um den zehnfachen Belauf der Anlagekosten, in einem Zeitraume von 10&#x2013;15 Jahren nach vollbrachtem Werke gehoben.</p>
          <p>Nichts desto weniger bestehen zwischen den cultivirten und bevölkerten Ländern Europa&#x2019;s und den Vereinigten Staaten von Nordamerika in Ansehung des Nutzeffectes der Canäle und Eisenbahnen in der Natur der Dinge begründete Verschiedenheiten, auf welche wir hier aufmerksam machen müssen.</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">Canäle</hi> beweisen in Nordamerika einen größeren und schnelleren Nutzeffect, als in Deutschland u. s. w., weil unter den dortigen Staaten von ihrer Gründung an freier Verkehr auf einem an oberflächlichem Raum Europa gleichkommenden Gebiete stattgefunden, und sich daher ein auf weite Entfernungen sich erstreckender Handel an Mehl und Getreide, Seefischen, gesalzenem und geräuchertem Fleisch, Speck und Fett, Salz und Mineralien und an Producten jeder Art gebildet hat, der dem Canaltransport vorzüglich zu statten kommt, während in Europa, besonders aber in Deutschland, politische und commercielle Isolirung kleiner Gebiete, so wie Regalien, Zunft-, Bau- und Stapel-Rechte u. s. w. diesen Handel bisher in enge Grenzen eingeschränkt haben, und in dieser Beziehung von einer aufgeklärten Gesetzgebung und von vollkommneren Transportanstalten nur allmälige Verbesserung zu erwarten ist.</p>
          <p>Durch den freien und großartigen Productenverkehr in Verbindung mit den natürlichen und künstlichen Transporterleichterungen hat Nordamerika die Theorie, daß die Rente des einzelnen Gutsbesitzers und das landwirthschaftliche Sürplüsproduct der Nation überhaupt mit der Fruchtbarkeit des im Bau befindlichen Bodens in gleichem Verhältnisse stehe, zum Vortheil seines Nationalwohlstandes vortrefflich illustrirt. Land erster Classe bis zum Mississippi hin ist wenig mehr im wilden Zustande zu finden und gewährt auf weiten Entfernungen von den großen Märkten schon gute Rente, während vieles Land vierter und fünfter Classe in den alleghanischen Gebirgen in einer Entfernung von 150 Meilen von der atlantischen Seeküste erst in Folge der Canal- und Eisenbahnanlagen occupirt worden und noch lange Zeit nicht cultivirt werden wird. Aus der Größe des landwirthschaftlichen Sürplüsproducts erklärt sich auch zum großen Theil, daß in den Vereinigten Staaten so viele Arbeit auf öffentliche Werke, neue Bauten und den Betrieb von Fabriken verwendet werden kann.</p>
          <p>Wenn wir hiermit nachgewiesen zu haben glauben, daß man von <hi rendition="#g">Canälen</hi>, in so weit sie auf den Productenverkehr basirt sind &#x2013; (denn Salz-, Holz-, Stein- und Steinkohlencanäle, wenn die Bezugsquellen reich und die Märkte ausgedehnt genug sind, werden überall gleich guten
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0097] einer Eisenbahn der Werth desselben um 10–15 Dollars steigt, so ist dies, zumal Käufe und Verkäufe hier viel seltener vorkommen, eine Wirkung, die durch Nachforschung erst zu eruiren ist. Die Natur der Dinge aber ist und bleibt in Europa wie in Amerika die nämliche; hier wie dort werden die Land- und Stadtrenten durch dergleichen Transportanstalten, und zwar mindestens um den zehnfachen Belauf der Anlagekosten, in einem Zeitraume von 10–15 Jahren nach vollbrachtem Werke gehoben. Nichts desto weniger bestehen zwischen den cultivirten und bevölkerten Ländern Europa’s und den Vereinigten Staaten von Nordamerika in Ansehung des Nutzeffectes der Canäle und Eisenbahnen in der Natur der Dinge begründete Verschiedenheiten, auf welche wir hier aufmerksam machen müssen. Die Canäle beweisen in Nordamerika einen größeren und schnelleren Nutzeffect, als in Deutschland u. s. w., weil unter den dortigen Staaten von ihrer Gründung an freier Verkehr auf einem an oberflächlichem Raum Europa gleichkommenden Gebiete stattgefunden, und sich daher ein auf weite Entfernungen sich erstreckender Handel an Mehl und Getreide, Seefischen, gesalzenem und geräuchertem Fleisch, Speck und Fett, Salz und Mineralien und an Producten jeder Art gebildet hat, der dem Canaltransport vorzüglich zu statten kommt, während in Europa, besonders aber in Deutschland, politische und commercielle Isolirung kleiner Gebiete, so wie Regalien, Zunft-, Bau- und Stapel-Rechte u. s. w. diesen Handel bisher in enge Grenzen eingeschränkt haben, und in dieser Beziehung von einer aufgeklärten Gesetzgebung und von vollkommneren Transportanstalten nur allmälige Verbesserung zu erwarten ist. Durch den freien und großartigen Productenverkehr in Verbindung mit den natürlichen und künstlichen Transporterleichterungen hat Nordamerika die Theorie, daß die Rente des einzelnen Gutsbesitzers und das landwirthschaftliche Sürplüsproduct der Nation überhaupt mit der Fruchtbarkeit des im Bau befindlichen Bodens in gleichem Verhältnisse stehe, zum Vortheil seines Nationalwohlstandes vortrefflich illustrirt. Land erster Classe bis zum Mississippi hin ist wenig mehr im wilden Zustande zu finden und gewährt auf weiten Entfernungen von den großen Märkten schon gute Rente, während vieles Land vierter und fünfter Classe in den alleghanischen Gebirgen in einer Entfernung von 150 Meilen von der atlantischen Seeküste erst in Folge der Canal- und Eisenbahnanlagen occupirt worden und noch lange Zeit nicht cultivirt werden wird. Aus der Größe des landwirthschaftlichen Sürplüsproducts erklärt sich auch zum großen Theil, daß in den Vereinigten Staaten so viele Arbeit auf öffentliche Werke, neue Bauten und den Betrieb von Fabriken verwendet werden kann. Wenn wir hiermit nachgewiesen zu haben glauben, daß man von Canälen, in so weit sie auf den Productenverkehr basirt sind – (denn Salz-, Holz-, Stein- und Steinkohlencanäle, wenn die Bezugsquellen reich und die Märkte ausgedehnt genug sind, werden überall gleich guten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Die innerhalb des Werks inkonsistente Rechtschreibung und Schreibung von z. B. Ortsnamen wird beibehalten. Offensichtliche Druckfehler des Originals werden im sichtbaren Editionstext stillschweigend korrigiert, im Quelltext jedoch auskommentiert dargestellt.
  • Die Frakturschrift der Vorlage kennt keine großen Umlaute; Ae, Oe, Ue werden zu Ä, Ö und Ü umgesetzt. Weiterhin wird im Original für die großen I und J nur die Type J benutzt; hier werden I und J eingesetzt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/97
Zitationshilfe: List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/97>, abgerufen am 21.11.2024.