List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.Erfolg haben) sich in Nordamerika eines schnelleren und bedeutenderen Nutzeffectes erfreue, als in Deutschland, Frankreich u. s. w., so müssen wir uns in Ansehung der Eisenbahnen zu der entgegengesetzten Meinung bekennen. Diese, als hauptsächlich auf den Transport von Menschen und Luxusgütern basirt, dürfen sich auf den großen Continental- und Nationalrouten von Europa einen größeren und früher eintretenden Reinertrag versprechen, als in Nordamerika. Denn obgleich man dort viel reist, so ist doch die Bevölkerung in Vergleichung mit der großen Ausdehnung des Landes noch sehr gering. Überdies reist man in Nordamerika meistens nur Geschäfte halber, selten zum Vergnügen. Auf dem europäischen Continent dagegen rentiren die Spazierfahrten an Sonn- und Feiertagen, welche von den Engländern und den Völkern englischer Abkunft - wenigstens der Mehrzahl nach - in stiller Zurückgezogenheit verbracht werden, sowie die Vergnügungsreisen und der Verkehr zwischen den sich ganz nahe gelegenen Orten bedeutend. In Nordamerika werden nur auf Hauptrouten massive Bahnen angelegt. Da, wo man einer guten Dividende nicht ganz gewiß ist, wo man nicht über große Capitale zu gebieten hat, und wo die Anlagen mehr auf den Transport von Gütern als von Personen berechnet sind, wird den - mit mehr oder minder starken Eisenschienen beschlagenen - Holzbahnen der Vorzug gegeben. Man hat dort die Erfahrung gemacht und dieselbe hat sich auch neuerlich in England bestätigt, daß selbst bei Bahnen mit sehr schweren eisernen Rails Holzunterlagen viel vortheilhafter sind, als Steinunterlagen, zumal in den ersten fünf Jahren, während welcher Zeit die Dämme, sie mögen auch noch so solid angelegt sein, sich senken. Die Bahnreparaturen bei Holzunterlagen sind viel seltener, viel leichter zu bewerkstelligen, wenn sie vorfallen, und die Fahrapparate werden viel weniger abgenützt. Der Operationsgang bei Gründung, Concessionirung, Constituirung und Administration einer Eisenbahn- oder Canal-Gesellschaft ist in Nordamerika folgender: Derjenige, welcher die erste Idee faßt, daß ein solches Werk auf einer gegebenen Linie vortheilhaft sei, und diese Idee zur Ausführung bringen will, sucht vor allen Dingen einflußreichen Bewohnern des bei der Unternehmung vorzüglich interessirten Hauptorts die gleiche Überzeugung beizubringen. In Gemeinschaft mit diesen publicirt er nun Aufsätze, worin die Vortheile der Unternehmung dargestellt sind, und fordert seine für diese Sache sich interessirenden Mitbürger auf, sich zum Zweck der Berathung über diesen Gegenstand und die Beschließung zum Ziel führender Maßregeln zu einer bestimmten Stunde an einem bestimmten Orte zu versammeln. In dieser Versammlung nun, deren Präsidenten und Secretaire durch Acclamation erwählt werden, wird vor allen Dingen auf Vorschlag des Präsidenten ein Comite erwählt, das sogleich nach der Wahl abtritt, um sich über die der Versammlung vorzuschlagenden Maßregeln zu berathen und sofort einen Bericht darüber abzustatten, welcher im günstigen Falle dahin gehet: daß 1) das vorgeschlagene Unternehmen von dieser Versammlung als ein höchst nützliches Erfolg haben) sich in Nordamerika eines schnelleren und bedeutenderen Nutzeffectes erfreue, als in Deutschland, Frankreich u. s. w., so müssen wir uns in Ansehung der Eisenbahnen zu der entgegengesetzten Meinung bekennen. Diese, als hauptsächlich auf den Transport von Menschen und Luxusgütern basirt, dürfen sich auf den großen Continental- und Nationalrouten von Europa einen größeren und früher eintretenden Reinertrag versprechen, als in Nordamerika. Denn obgleich man dort viel reist, so ist doch die Bevölkerung in Vergleichung mit der großen Ausdehnung des Landes noch sehr gering. Überdies reist man in Nordamerika meistens nur Geschäfte halber, selten zum Vergnügen. Auf dem europäischen Continent dagegen rentiren die Spazierfahrten an Sonn- und Feiertagen, welche von den Engländern und den Völkern englischer Abkunft – wenigstens der Mehrzahl nach – in stiller Zurückgezogenheit verbracht werden, sowie die Vergnügungsreisen und der Verkehr zwischen den sich ganz nahe gelegenen Orten bedeutend. In Nordamerika werden nur auf Hauptrouten massive Bahnen angelegt. Da, wo man einer guten Dividende nicht ganz gewiß ist, wo man nicht über große Capitale zu gebieten hat, und wo die Anlagen mehr auf den Transport von Gütern als von Personen berechnet sind, wird den – mit mehr oder minder starken Eisenschienen beschlagenen – Holzbahnen der Vorzug gegeben. Man hat dort die Erfahrung gemacht und dieselbe hat sich auch neuerlich in England bestätigt, daß selbst bei Bahnen mit sehr schweren eisernen Rails Holzunterlagen viel vortheilhafter sind, als Steinunterlagen, zumal in den ersten fünf Jahren, während welcher Zeit die Dämme, sie mögen auch noch so solid angelegt sein, sich senken. Die Bahnreparaturen bei Holzunterlagen sind viel seltener, viel leichter zu bewerkstelligen, wenn sie vorfallen, und die Fahrapparate werden viel weniger abgenützt. Der Operationsgang bei Gründung, Concessionirung, Constituirung und Administration einer Eisenbahn- oder Canal-Gesellschaft ist in Nordamerika folgender: Derjenige, welcher die erste Idee faßt, daß ein solches Werk auf einer gegebenen Linie vortheilhaft sei, und diese Idee zur Ausführung bringen will, sucht vor allen Dingen einflußreichen Bewohnern des bei der Unternehmung vorzüglich interessirten Hauptorts die gleiche Überzeugung beizubringen. In Gemeinschaft mit diesen publicirt er nun Aufsätze, worin die Vortheile der Unternehmung dargestellt sind, und fordert seine für diese Sache sich interessirenden Mitbürger auf, sich zum Zweck der Berathung über diesen Gegenstand und die Beschließung zum Ziel führender Maßregeln zu einer bestimmten Stunde an einem bestimmten Orte zu versammeln. In dieser Versammlung nun, deren Präsidenten und Secretaire durch Acclamation erwählt werden, wird vor allen Dingen auf Vorschlag des Präsidenten ein Comité erwählt, das sogleich nach der Wahl abtritt, um sich über die der Versammlung vorzuschlagenden Maßregeln zu berathen und sofort einen Bericht darüber abzustatten, welcher im günstigen Falle dahin gehet: daß 1) das vorgeschlagene Unternehmen von dieser Versammlung als ein höchst nützliches <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0098" n="97"/> Erfolg haben) sich in Nordamerika eines schnelleren und bedeutenderen Nutzeffectes erfreue, als in Deutschland, Frankreich u. s. w., so müssen wir uns in Ansehung der <hi rendition="#g">Eisenbahnen</hi> zu der entgegengesetzten Meinung bekennen. Diese, als hauptsächlich auf den Transport von Menschen und Luxusgütern basirt, dürfen sich auf den großen Continental- und Nationalrouten von Europa einen größeren und früher eintretenden Reinertrag versprechen, als in Nordamerika. Denn obgleich man dort viel reist, so ist doch die Bevölkerung in Vergleichung mit der großen Ausdehnung des Landes noch sehr gering. Überdies reist man in Nordamerika meistens nur Geschäfte halber, selten zum Vergnügen. Auf dem europäischen Continent dagegen rentiren die Spazierfahrten an Sonn- und Feiertagen, welche von den Engländern und den Völkern englischer Abkunft – wenigstens der Mehrzahl nach – in stiller Zurückgezogenheit verbracht werden, sowie die Vergnügungsreisen und der Verkehr zwischen den sich ganz nahe gelegenen Orten bedeutend.</p> <p>In <hi rendition="#g">Nordamerika</hi> werden nur auf Hauptrouten massive Bahnen angelegt. Da, wo man einer guten Dividende nicht ganz gewiß ist, wo man nicht über große Capitale zu gebieten hat, und wo die Anlagen mehr auf den Transport von Gütern als von Personen berechnet sind, wird den – mit mehr oder minder starken Eisenschienen beschlagenen – Holzbahnen der Vorzug gegeben. Man hat dort die Erfahrung gemacht und dieselbe hat sich auch neuerlich in England bestätigt, daß selbst bei Bahnen mit sehr schweren eisernen Rails Holzunterlagen viel vortheilhafter sind, als Steinunterlagen, zumal in den ersten fünf Jahren, während welcher Zeit die Dämme, sie mögen auch noch so solid angelegt sein, sich senken. Die Bahnreparaturen bei Holzunterlagen sind viel seltener, viel leichter zu bewerkstelligen, wenn sie vorfallen, und die Fahrapparate werden viel weniger abgenützt.</p> <p>Der Operationsgang bei Gründung, Concessionirung, Constituirung und Administration einer Eisenbahn- oder Canal-Gesellschaft ist in Nordamerika folgender: Derjenige, welcher die erste Idee faßt, daß ein solches Werk auf einer gegebenen Linie vortheilhaft sei, und diese Idee zur Ausführung bringen will, sucht vor allen Dingen einflußreichen Bewohnern des bei der Unternehmung vorzüglich interessirten Hauptorts die gleiche Überzeugung beizubringen. In Gemeinschaft mit diesen publicirt er nun Aufsätze, worin die Vortheile der Unternehmung dargestellt sind, und fordert seine für diese Sache sich interessirenden Mitbürger auf, sich zum Zweck der Berathung über diesen Gegenstand und die Beschließung zum Ziel führender Maßregeln zu einer bestimmten Stunde an einem bestimmten Orte zu versammeln. In dieser Versammlung nun, deren Präsidenten und Secretaire durch Acclamation erwählt werden, wird vor allen Dingen auf Vorschlag des Präsidenten ein Comité erwählt, das sogleich nach der Wahl abtritt, um sich über die der Versammlung vorzuschlagenden Maßregeln zu berathen und sofort einen Bericht darüber abzustatten, welcher im günstigen Falle dahin gehet: daß 1) das vorgeschlagene Unternehmen von dieser Versammlung als ein höchst nützliches </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0098]
Erfolg haben) sich in Nordamerika eines schnelleren und bedeutenderen Nutzeffectes erfreue, als in Deutschland, Frankreich u. s. w., so müssen wir uns in Ansehung der Eisenbahnen zu der entgegengesetzten Meinung bekennen. Diese, als hauptsächlich auf den Transport von Menschen und Luxusgütern basirt, dürfen sich auf den großen Continental- und Nationalrouten von Europa einen größeren und früher eintretenden Reinertrag versprechen, als in Nordamerika. Denn obgleich man dort viel reist, so ist doch die Bevölkerung in Vergleichung mit der großen Ausdehnung des Landes noch sehr gering. Überdies reist man in Nordamerika meistens nur Geschäfte halber, selten zum Vergnügen. Auf dem europäischen Continent dagegen rentiren die Spazierfahrten an Sonn- und Feiertagen, welche von den Engländern und den Völkern englischer Abkunft – wenigstens der Mehrzahl nach – in stiller Zurückgezogenheit verbracht werden, sowie die Vergnügungsreisen und der Verkehr zwischen den sich ganz nahe gelegenen Orten bedeutend.
In Nordamerika werden nur auf Hauptrouten massive Bahnen angelegt. Da, wo man einer guten Dividende nicht ganz gewiß ist, wo man nicht über große Capitale zu gebieten hat, und wo die Anlagen mehr auf den Transport von Gütern als von Personen berechnet sind, wird den – mit mehr oder minder starken Eisenschienen beschlagenen – Holzbahnen der Vorzug gegeben. Man hat dort die Erfahrung gemacht und dieselbe hat sich auch neuerlich in England bestätigt, daß selbst bei Bahnen mit sehr schweren eisernen Rails Holzunterlagen viel vortheilhafter sind, als Steinunterlagen, zumal in den ersten fünf Jahren, während welcher Zeit die Dämme, sie mögen auch noch so solid angelegt sein, sich senken. Die Bahnreparaturen bei Holzunterlagen sind viel seltener, viel leichter zu bewerkstelligen, wenn sie vorfallen, und die Fahrapparate werden viel weniger abgenützt.
Der Operationsgang bei Gründung, Concessionirung, Constituirung und Administration einer Eisenbahn- oder Canal-Gesellschaft ist in Nordamerika folgender: Derjenige, welcher die erste Idee faßt, daß ein solches Werk auf einer gegebenen Linie vortheilhaft sei, und diese Idee zur Ausführung bringen will, sucht vor allen Dingen einflußreichen Bewohnern des bei der Unternehmung vorzüglich interessirten Hauptorts die gleiche Überzeugung beizubringen. In Gemeinschaft mit diesen publicirt er nun Aufsätze, worin die Vortheile der Unternehmung dargestellt sind, und fordert seine für diese Sache sich interessirenden Mitbürger auf, sich zum Zweck der Berathung über diesen Gegenstand und die Beschließung zum Ziel führender Maßregeln zu einer bestimmten Stunde an einem bestimmten Orte zu versammeln. In dieser Versammlung nun, deren Präsidenten und Secretaire durch Acclamation erwählt werden, wird vor allen Dingen auf Vorschlag des Präsidenten ein Comité erwählt, das sogleich nach der Wahl abtritt, um sich über die der Versammlung vorzuschlagenden Maßregeln zu berathen und sofort einen Bericht darüber abzustatten, welcher im günstigen Falle dahin gehet: daß 1) das vorgeschlagene Unternehmen von dieser Versammlung als ein höchst nützliches
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