Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Erstes Buch. V. Das Verbr. als strafbares Delikt. wie jede andere Stellung derselben) eine nur teilweise rich-tige. Unhaltbar aber ist in dieser Allgemeinheit die vom RGR. 17. April 1880, R I 615 ausgesprochene Ansicht, nach welcher der Strafantrag nicht zum Thatbestande gehöre, sondern Voraussetzung der Verfolgung sei. III. Positivrechtliche Behandlung der Antragsdelikte. 1. Berechtigt zur Antragsstellung ist a) Derjenige, dem der Gesetzgeber in gewissen Fällen ausdrücklich diese Berechtigung zuweist; vgl. StGB. §§. 102 Nr. 3, 104, 170, 182, 189, 196, 288 usw.; §. 28 Nachdrucksgesetz vom 11. Juni 1870. b) In Ermangelung besonderer Anordnung der durch das Verbrechen Verletzte, genauer gesprochen: der Träger des durch die strafbare Handlung unmittelbar2 ange- griffenen Rechtsgutes; so der Eigentümer bei der Sach- beschädigung, der Inhaber der befriedeten Räume beim Hausfriedensbruch usw. Doch muß der Verletzte, um antragsberechtigt zu sein, das 18. Lebensjahr zurück- gelegt haben (StGB. §. 65 Abs. 1). c) Der gesetzliche Vertreter statt des Verletzten, wenn dieser noch nicht 18 Jahre alt, geisteskrank oder taub- stumm, oder aber eine Kollektivpersönlichkeit ist (StGB. §. 65 Abs. 2 u. 3; vgl. mit StPO. §. 414). d) Neben dem Verletzten der gesetzliche Vertreter,3 wenn Ersterer über 18 Jahre alt aber noch minder- jährig ist (StGB. §. 65 Abs. 2), der Gatte und Vater nach §. 195 (232), der amtlich Vorge- setzte nach §. 196 (232). 2 [Spaltenumbruch]
Vgl. RGR. 16. April 1880, E I 370, R I 607. 3 [Spaltenumbruch]
Nach dem Civilrecht zu be-[Spaltenumbruch]
stimmen, vgl. die in Anm. 2
angef. E des RGR. bezügl. der Stellung der unehelichen Mutter. Erſtes Buch. V. Das Verbr. als ſtrafbares Delikt. wie jede andere Stellung derſelben) eine nur teilweiſe rich-tige. Unhaltbar aber iſt in dieſer Allgemeinheit die vom RGR. 17. April 1880, R I 615 ausgeſprochene Anſicht, nach welcher der Strafantrag nicht zum Thatbeſtande gehöre, ſondern Vorausſetzung der Verfolgung ſei. III. Poſitivrechtliche Behandlung der Antragsdelikte. 1. Berechtigt zur Antragsſtellung iſt a) Derjenige, dem der Geſetzgeber in gewiſſen Fällen ausdrücklich dieſe Berechtigung zuweiſt; vgl. StGB. §§. 102 Nr. 3, 104, 170, 182, 189, 196, 288 uſw.; §. 28 Nachdrucksgeſetz vom 11. Juni 1870. b) In Ermangelung beſonderer Anordnung der durch das Verbrechen Verletzte, genauer geſprochen: der Träger des durch die ſtrafbare Handlung unmittelbar2 ange- griffenen Rechtsgutes; ſo der Eigentümer bei der Sach- beſchädigung, der Inhaber der befriedeten Räume beim Hausfriedensbruch uſw. Doch muß der Verletzte, um antragsberechtigt zu ſein, das 18. Lebensjahr zurück- gelegt haben (StGB. §. 65 Abſ. 1). c) Der geſetzliche Vertreter ſtatt des Verletzten, wenn dieſer noch nicht 18 Jahre alt, geiſteskrank oder taub- ſtumm, oder aber eine Kollektivperſönlichkeit iſt (StGB. §. 65 Abſ. 2 u. 3; vgl. mit StPO. §. 414). d) Neben dem Verletzten der geſetzliche Vertreter,3 wenn Erſterer über 18 Jahre alt aber noch minder- jährig iſt (StGB. §. 65 Abſ. 2), der Gatte und Vater nach §. 195 (232), der amtlich Vorge- ſetzte nach §. 196 (232). 2 [Spaltenumbruch]
Vgl. RGR. 16. April 1880, E I 370, R I 607. 3 [Spaltenumbruch]
Nach dem Civilrecht zu be-[Spaltenumbruch]
ſtimmen, vgl. die in Anm. 2
angef. E des RGR. bezügl. der Stellung der unehelichen Mutter. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0154" n="128"/><fw place="top" type="header">Erſtes Buch. <hi rendition="#aq">V.</hi> Das Verbr. als ſtrafbares Delikt.</fw><lb/> wie jede andere Stellung derſelben) eine nur teilweiſe rich-<lb/> tige. Unhaltbar aber iſt in dieſer Allgemeinheit die vom<lb/> RGR. 17. April 1880, <hi rendition="#aq">R I</hi> 615 ausgeſprochene Anſicht, nach<lb/> welcher der Strafantrag nicht zum Thatbeſtande gehöre,<lb/> ſondern Vorausſetzung der Verfolgung ſei.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Poſitivrechtliche Behandlung der Antragsdelikte.</p><lb/> <p>1. <hi rendition="#g">Berechtigt zur Antragsſtellung</hi> iſt</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a</hi>) Derjenige, dem <hi rendition="#g">der Geſetzgeber</hi> in gewiſſen Fällen<lb/><hi rendition="#g">ausdrücklich dieſe Berechtigung zuweiſt</hi>; vgl.<lb/> StGB. §§. 102 Nr. 3, 104, 170, 182, 189, 196,<lb/> 288 uſw.; §. 28 Nachdrucksgeſetz vom 11. Juni 1870.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b</hi>) In Ermangelung beſonderer Anordnung der durch das<lb/> Verbrechen <hi rendition="#g">Verletzte</hi>, genauer geſprochen: der Träger<lb/> des durch die ſtrafbare Handlung unmittelbar<note place="foot" n="2"><cb/> Vgl. RGR. 16. April 1880,<lb/><hi rendition="#aq">E I 370, R I</hi> 607.</note> ange-<lb/> griffenen Rechtsgutes; ſo der Eigentümer bei der Sach-<lb/> beſchädigung, der Inhaber der befriedeten Räume beim<lb/> Hausfriedensbruch uſw. Doch muß der Verletzte, um<lb/> antragsberechtigt zu ſein, das 18. Lebensjahr zurück-<lb/> gelegt haben (StGB. §. 65 Abſ. 1).</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c</hi>) Der <hi rendition="#g">geſetzliche Vertreter ſtatt</hi> des Verletzten, wenn<lb/> dieſer noch nicht 18 Jahre alt, geiſteskrank oder taub-<lb/> ſtumm, oder aber eine Kollektivperſönlichkeit iſt (StGB.<lb/> §. 65 Abſ. 2 u. 3; vgl. mit StPO. §. 414).</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d</hi>) <hi rendition="#g">Neben</hi> dem Verletzten der <hi rendition="#g">geſetzliche Vertreter</hi>,<note place="foot" n="3"><cb/> Nach dem Civilrecht zu be-<cb/> ſtimmen, vgl. die in Anm. 2<lb/> angef. <hi rendition="#aq">E</hi> des RGR. bezügl. der<lb/> Stellung der unehelichen Mutter.</note><lb/> wenn Erſterer über 18 Jahre alt aber noch minder-<lb/> jährig iſt (StGB. §. 65 Abſ. 2), der <hi rendition="#g">Gatte und<lb/> Vater</hi> nach §. 195 (232), der <hi rendition="#g">amtlich Vorge-<lb/> ſetzte</hi> nach §. 196 (232).</item> </list><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0154]
Erſtes Buch. V. Das Verbr. als ſtrafbares Delikt.
wie jede andere Stellung derſelben) eine nur teilweiſe rich-
tige. Unhaltbar aber iſt in dieſer Allgemeinheit die vom
RGR. 17. April 1880, R I 615 ausgeſprochene Anſicht, nach
welcher der Strafantrag nicht zum Thatbeſtande gehöre,
ſondern Vorausſetzung der Verfolgung ſei.
III. Poſitivrechtliche Behandlung der Antragsdelikte.
1. Berechtigt zur Antragsſtellung iſt
a) Derjenige, dem der Geſetzgeber in gewiſſen Fällen
ausdrücklich dieſe Berechtigung zuweiſt; vgl.
StGB. §§. 102 Nr. 3, 104, 170, 182, 189, 196,
288 uſw.; §. 28 Nachdrucksgeſetz vom 11. Juni 1870.
b) In Ermangelung beſonderer Anordnung der durch das
Verbrechen Verletzte, genauer geſprochen: der Träger
des durch die ſtrafbare Handlung unmittelbar 2 ange-
griffenen Rechtsgutes; ſo der Eigentümer bei der Sach-
beſchädigung, der Inhaber der befriedeten Räume beim
Hausfriedensbruch uſw. Doch muß der Verletzte, um
antragsberechtigt zu ſein, das 18. Lebensjahr zurück-
gelegt haben (StGB. §. 65 Abſ. 1).
c) Der geſetzliche Vertreter ſtatt des Verletzten, wenn
dieſer noch nicht 18 Jahre alt, geiſteskrank oder taub-
ſtumm, oder aber eine Kollektivperſönlichkeit iſt (StGB.
§. 65 Abſ. 2 u. 3; vgl. mit StPO. §. 414).
d) Neben dem Verletzten der geſetzliche Vertreter, 3
wenn Erſterer über 18 Jahre alt aber noch minder-
jährig iſt (StGB. §. 65 Abſ. 2), der Gatte und
Vater nach §. 195 (232), der amtlich Vorge-
ſetzte nach §. 196 (232).
2
Vgl. RGR. 16. April 1880,
E I 370, R I 607.
3
Nach dem Civilrecht zu be-
ſtimmen, vgl. die in Anm. 2
angef. E des RGR. bezügl. der
Stellung der unehelichen Mutter.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |