Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Entwicklung des Versuchsbegriffes. §. 32. oder an absolut untauglichem Objekte ist strafbar,5(d. h. kann vom Gesetzgeber gestraft werden). Wir müssen diesem Satze aber doch wohl eine Ein- 5 [Spaltenumbruch]
Stand der Ansichten bei
Meyer Lehrb. S. 200 Note 8. Lit. bei Binding Grundriß S. 76. Dazu Scherer GS. XXIX. Im Wesentlichen mit dem Texte übereinstimmend die hochinter-[Spaltenumbruch] essante RGR. 24. Mai 1880 (verein. Strafsenate), E I 439. Ebenso bez. des Versuchs am "absolut untauglichen Objekte" RGR. 10. Juni 1880, E I 451 Entwicklung des Verſuchsbegriffes. §. 32. oder an abſolut untauglichem Objekte iſt ſtrafbar,5(d. h. kann vom Geſetzgeber geſtraft werden). Wir müſſen dieſem Satze aber doch wohl eine Ein- 5 [Spaltenumbruch]
Stand der Anſichten bei
Meyer Lehrb. S. 200 Note 8. Lit. bei Binding Grundriß S. 76. Dazu Scherer GS. XXIX. Im Weſentlichen mit dem Texte übereinſtimmend die hochinter-[Spaltenumbruch] eſſante RGR. 24. Mai 1880 (verein. Strafſenate), E I 439. Ebenſo bez. des Verſuchs am „abſolut untauglichen Objekte“ RGR. 10. Juni 1880, E I 451 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0163" n="137"/><fw place="top" type="header">Entwicklung des Verſuchsbegriffes. §. 32.</fw><lb/><hi rendition="#g">oder an abſolut untauglichem Objekte iſt ſtrafbar</hi>,<note place="foot" n="5"><cb/> Stand der Anſichten bei<lb/><hi rendition="#g">Meyer</hi> Lehrb. S. 200 Note 8.<lb/> Lit. bei <hi rendition="#g">Binding</hi> Grundriß S.<lb/> 76. Dazu <hi rendition="#g">Scherer</hi> GS. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi><lb/> Im Weſentlichen mit dem Texte<lb/> übereinſtimmend die hochinter-<cb/> eſſante RGR. 24. Mai 1880<lb/> (verein. Strafſenate), <hi rendition="#aq">E I</hi> 439.<lb/> Ebenſo bez. des Verſuchs am<lb/> „abſolut untauglichen Objekte“<lb/> RGR. 10. Juni 1880, <hi rendition="#aq">E I</hi> 451</note><lb/> (d. h. kann vom Geſetzgeber geſtraft werden).</p><lb/> <p>Wir müſſen dieſem Satze aber doch wohl eine Ein-<lb/> ſchränkung beifügen. Der Geſetzgeber hat die Frage nach<lb/> der Strafbarkeit des Verſuches bei „Untauglichkeit des Mit-<lb/> tels oder Objektes“ nicht ſelbſt gelöſt, ſondern die Löſung<lb/> der Wiſſenſchaft überlaſſen. Daraus folgt, daß wir die<lb/> Löſung nicht im <hi rendition="#g">Geſetze</hi> ſuchen, die Frage nicht aus dem<lb/><hi rendition="#g">Wortlaute des Geſetzes</hi> heraus entſcheiden dürfen.<lb/> Wir müſſen zurückkehren auf den legislativen Grund der<lb/> Strafbarkeit des Verſuches. Und dieſer liegt m. E. darin,<lb/> daß jede normwidrige Handlung eine <hi rendition="#g">Gefahr</hi> für die<lb/> Rechtsgüterwelt in ſich birgt. Der Begriff der Gefahr<lb/> wurde oben §. 3 <hi rendition="#aq">III</hi> 2 beſprochen. Nicht <hi rendition="#g">Gefähr-<lb/> dung</hi>, ſondern Herbeiführung einer <hi rendition="#g">Gefahr</hi> im Sinne<lb/> unſerer Terminologie bildet den Grund für die <hi rendition="#g">Strafbar-<lb/> keit des Verſuches</hi>. Dieſe <hi rendition="#g">entfällt</hi> mithin, <hi rendition="#g">wenn eine<lb/> Gefahr nicht herbeigeführt worden iſt</hi>, alſo wenn<lb/> die Konſtellation, die der Thäter bewirkte, eine ſolche war,<lb/> daß in einem verſchwindend kleinen Perzentſatz von Fällen<lb/> der Erfolg einzutreten pflegt. Hieher würden die bekannten<lb/> Schulfälle gehören: das Totbeten, Neſtelknüpfen, Verhexen;<lb/> der Verſuch, den <hi rendition="#aq">B</hi>, der auf einem in Kanonenſchußweite<lb/> vom Ufer entfernten Schiffe ſich befindet, mittelſt einer Piſtole<lb/> vom Ufer aus zu töten; Mordverſuch mit ungeladenem Ge-<lb/> wehr, mit Zucker uſw. Beſondere, ganz außergewöhnliche<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0163]
Entwicklung des Verſuchsbegriffes. §. 32.
oder an abſolut untauglichem Objekte iſt ſtrafbar, 5
(d. h. kann vom Geſetzgeber geſtraft werden).
Wir müſſen dieſem Satze aber doch wohl eine Ein-
ſchränkung beifügen. Der Geſetzgeber hat die Frage nach
der Strafbarkeit des Verſuches bei „Untauglichkeit des Mit-
tels oder Objektes“ nicht ſelbſt gelöſt, ſondern die Löſung
der Wiſſenſchaft überlaſſen. Daraus folgt, daß wir die
Löſung nicht im Geſetze ſuchen, die Frage nicht aus dem
Wortlaute des Geſetzes heraus entſcheiden dürfen.
Wir müſſen zurückkehren auf den legislativen Grund der
Strafbarkeit des Verſuches. Und dieſer liegt m. E. darin,
daß jede normwidrige Handlung eine Gefahr für die
Rechtsgüterwelt in ſich birgt. Der Begriff der Gefahr
wurde oben §. 3 III 2 beſprochen. Nicht Gefähr-
dung, ſondern Herbeiführung einer Gefahr im Sinne
unſerer Terminologie bildet den Grund für die Strafbar-
keit des Verſuches. Dieſe entfällt mithin, wenn eine
Gefahr nicht herbeigeführt worden iſt, alſo wenn
die Konſtellation, die der Thäter bewirkte, eine ſolche war,
daß in einem verſchwindend kleinen Perzentſatz von Fällen
der Erfolg einzutreten pflegt. Hieher würden die bekannten
Schulfälle gehören: das Totbeten, Neſtelknüpfen, Verhexen;
der Verſuch, den B, der auf einem in Kanonenſchußweite
vom Ufer entfernten Schiffe ſich befindet, mittelſt einer Piſtole
vom Ufer aus zu töten; Mordverſuch mit ungeladenem Ge-
wehr, mit Zucker uſw. Beſondere, ganz außergewöhnliche
5
Stand der Anſichten bei
Meyer Lehrb. S. 200 Note 8.
Lit. bei Binding Grundriß S.
76. Dazu Scherer GS. XXIX.
Im Weſentlichen mit dem Texte
übereinſtimmend die hochinter-
eſſante RGR. 24. Mai 1880
(verein. Strafſenate), E I 439.
Ebenſo bez. des Verſuchs am
„abſolut untauglichen Objekte“
RGR. 10. Juni 1880, E I 451
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