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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Delikte gegen die persönliche Freiheit. §. 63.

II. Die totale (wenn auch vorübergehende)5 Verletzung
(Entziehung) der persönlichen Freiheit oder die Freiheits-
beraubung
(StGB. §. 239: "wer einen Menschen ein-
sperrt6 oder auf andere Weise des Gebrauches der persön-
lichen Freiheit beraubt")7 Auch hier ist das Merkmal der
Widerrechtlichkeit in den Thatbestand aufgenommen (vgl.
oben § 28 II). Die Vollendung tritt mit der Entziehung
der Freiheit ein; länger dauernde Freiheitsentziehung be-
gründet ein fortdauerndes Delikt (vgl. oben §. 39 II 1).

Strafe:

a) Normalsatz: Gefängnis von 1 Tag bis zu 5 Jahren.
b) Wenn die Freiheitsentziehung über eine Woche ge-
dauert hat, oder wenn eine schwere Körperverletzung
(StGB. §. 224) des der Freiheit Beraubten durch die
Freiheitsentziehung oder die ihm während derselben
widerfahrene Behandlung verursacht (oben S. 237 c)
worden ist: Zuchthaus bis zu 10 Jahren, bei mildern-
den Umständen Gefängnis nicht unter einem Monat.
c) Ist auf die zu b angegebene Weise der Tod verursacht
worden, Zuchthaus nicht unter 3 Jahren, bei mil-
dernden Umständen Gefängnis nicht unter 3 Mo-
naten.
d) Ueber das Amtsdelikt des §. 341 vgl. unten §. 93
II 4d.
5 [Spaltenumbruch] RGR. 7. Juli 1880, R II
167.
6 [Spaltenumbruch] Ihn in einem umschlossenen
Raume festhält.
7 [Spaltenumbruch] Die Mittel, welche der
Thäter anwendet, sind an sich
gleichgültig; doch muß das Ver-
halten des der Freiheit Be-[Spaltenumbruch] raubten durch diese Mittel her-
beigeführt sein und darf nicht
als dessen freies und vorsätzliches
Thun (oben §. 19 III) erscheinen.
Zu weit geht RGR. 7. Juli
1880, R II 167 (in den Grün-
den). Die Sache liegt hier eben
anders als bei der Nötigung.
Delikte gegen die perſönliche Freiheit. §. 63.

II. Die totale (wenn auch vorübergehende)5 Verletzung
(Entziehung) der perſönlichen Freiheit oder die Freiheits-
beraubung
(StGB. §. 239: „wer einen Menſchen ein-
ſperrt6 oder auf andere Weiſe des Gebrauches der perſön-
lichen Freiheit beraubt“)7 Auch hier iſt das Merkmal der
Widerrechtlichkeit in den Thatbeſtand aufgenommen (vgl.
oben § 28 II). Die Vollendung tritt mit der Entziehung
der Freiheit ein; länger dauernde Freiheitsentziehung be-
gründet ein fortdauerndes Delikt (vgl. oben §. 39 II 1).

Strafe:

a) Normalſatz: Gefängnis von 1 Tag bis zu 5 Jahren.
b) Wenn die Freiheitsentziehung über eine Woche ge-
dauert hat, oder wenn eine ſchwere Körperverletzung
(StGB. §. 224) des der Freiheit Beraubten durch die
Freiheitsentziehung oder die ihm während derſelben
widerfahrene Behandlung verurſacht (oben S. 237 c)
worden iſt: Zuchthaus bis zu 10 Jahren, bei mildern-
den Umſtänden Gefängnis nicht unter einem Monat.
c) Iſt auf die zu b angegebene Weiſe der Tod verurſacht
worden, Zuchthaus nicht unter 3 Jahren, bei mil-
dernden Umſtänden Gefängnis nicht unter 3 Mo-
naten.
d) Ueber das Amtsdelikt des §. 341 vgl. unten §. 93
II 4d.
5 [Spaltenumbruch] RGR. 7. Juli 1880, R II
167.
6 [Spaltenumbruch] Ihn in einem umſchloſſenen
Raume feſthält.
7 [Spaltenumbruch] Die Mittel, welche der
Thäter anwendet, ſind an ſich
gleichgültig; doch muß das Ver-
halten des der Freiheit Be-[Spaltenumbruch] raubten durch dieſe Mittel her-
beigeführt ſein und darf nicht
als deſſen freies und vorſätzliches
Thun (oben §. 19 III) erſcheinen.
Zu weit geht RGR. 7. Juli
1880, R II 167 (in den Grün-
den). Die Sache liegt hier eben
anders als bei der Nötigung.
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[253/0279] Delikte gegen die perſönliche Freiheit. §. 63. II. Die totale (wenn auch vorübergehende) 5 Verletzung (Entziehung) der perſönlichen Freiheit oder die Freiheits- beraubung (StGB. §. 239: „wer einen Menſchen ein- ſperrt 6 oder auf andere Weiſe des Gebrauches der perſön- lichen Freiheit beraubt“) 7 Auch hier iſt das Merkmal der Widerrechtlichkeit in den Thatbeſtand aufgenommen (vgl. oben § 28 II). Die Vollendung tritt mit der Entziehung der Freiheit ein; länger dauernde Freiheitsentziehung be- gründet ein fortdauerndes Delikt (vgl. oben §. 39 II 1). Strafe: a) Normalſatz: Gefängnis von 1 Tag bis zu 5 Jahren. b) Wenn die Freiheitsentziehung über eine Woche ge- dauert hat, oder wenn eine ſchwere Körperverletzung (StGB. §. 224) des der Freiheit Beraubten durch die Freiheitsentziehung oder die ihm während derſelben widerfahrene Behandlung verurſacht (oben S. 237 c) worden iſt: Zuchthaus bis zu 10 Jahren, bei mildern- den Umſtänden Gefängnis nicht unter einem Monat. c) Iſt auf die zu b angegebene Weiſe der Tod verurſacht worden, Zuchthaus nicht unter 3 Jahren, bei mil- dernden Umſtänden Gefängnis nicht unter 3 Mo- naten. d) Ueber das Amtsdelikt des §. 341 vgl. unten §. 93 II 4d. 5 RGR. 7. Juli 1880, R II 167. 6 Ihn in einem umſchloſſenen Raume feſthält. 7 Die Mittel, welche der Thäter anwendet, ſind an ſich gleichgültig; doch muß das Ver- halten des der Freiheit Be- raubten durch dieſe Mittel her- beigeführt ſein und darf nicht als deſſen freies und vorſätzliches Thun (oben §. 19 III) erſcheinen. Zu weit geht RGR. 7. Juli 1880, R II 167 (in den Grün- den). Die Sache liegt hier eben anders als bei der Nötigung.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/279>, abgerufen am 24.11.2024.