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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Die Erpressung. §. 74.
absicht begnügt. Demnach ist Erpressung: Nötigung
in Bereicherungsabsicht
.
b) Die Nötigung als Erpressung und die Nötigung als
selbständiges Delikt (StGB. §. 240; oben §. 63 I)
decken sich nicht. Ersteres ist der weitere Begriff.
Erpressung ist Nötigung zu Handlung, Duldung,
Unterlassung, begangen
1. durch Gewalt (wie bei der Nötigung) und zwar
gegen eine, nicht notwendig an einer, Person;
2. durch Drohung irgend welcher Art, also nicht
notwendig mit strafbaren oder auch nur rechts-
widrigen2 Handlungen; während zur Nötigung als
selbständigem Delikte Drohung mit Verbrechen
oder Vergehen erforderlich ist.

3. Zu den einzelnen Begriffsmerkmalen vgl. das oben
§. 63 I bei der Nötigung und §. 73 I beim Betrug Ge-
sagte. Die Vollendung tritt mit der erzwungenen Hand-
lung, Duldung, Unterlassung ein; Versuch immer strafbar.

4. Das Verhältnis der Erpressung zum Raube
bedarf noch einiger Bemerkungen.

a) Die Erpressung ist Vermögensdelikt überhaupt, der
Raub Eigentumsdelikt. Der letztere ist auf Wegnahme
fremder beweglicher Sachen gerichtet, der ersteren ist
eine solche Beschränkung fremd. Nach dieser Richtung
erscheint der Betrugsbegriff als der speziellere, und
geht mithin in der Anwendung dem der Erpressung
vor (vgl. oben §. 40 I a).
b) Der Raub charakterisiert sich als Wegnehmen, mithin
als unmittelbare oder mittelbare Selbstthätigkeit des
2 RGR. 12. Februar 1880, E I 205, R I 345.
Die Erpreſſung. §. 74.
abſicht begnügt. Demnach iſt Erpreſſung: Nötigung
in Bereicherungsabſicht
.
b) Die Nötigung als Erpreſſung und die Nötigung als
ſelbſtändiges Delikt (StGB. §. 240; oben §. 63 I)
decken ſich nicht. Erſteres iſt der weitere Begriff.
Erpreſſung iſt Nötigung zu Handlung, Duldung,
Unterlaſſung, begangen
1. durch Gewalt (wie bei der Nötigung) und zwar
gegen eine, nicht notwendig an einer, Perſon;
2. durch Drohung irgend welcher Art, alſo nicht
notwendig mit ſtrafbaren oder auch nur rechts-
widrigen2 Handlungen; während zur Nötigung als
ſelbſtändigem Delikte Drohung mit Verbrechen
oder Vergehen erforderlich iſt.

3. Zu den einzelnen Begriffsmerkmalen vgl. das oben
§. 63 I bei der Nötigung und §. 73 I beim Betrug Ge-
ſagte. Die Vollendung tritt mit der erzwungenen Hand-
lung, Duldung, Unterlaſſung ein; Verſuch immer ſtrafbar.

4. Das Verhältnis der Erpreſſung zum Raube
bedarf noch einiger Bemerkungen.

a) Die Erpreſſung iſt Vermögensdelikt überhaupt, der
Raub Eigentumsdelikt. Der letztere iſt auf Wegnahme
fremder beweglicher Sachen gerichtet, der erſteren iſt
eine ſolche Beſchränkung fremd. Nach dieſer Richtung
erſcheint der Betrugsbegriff als der ſpeziellere, und
geht mithin in der Anwendung dem der Erpreſſung
vor (vgl. oben §. 40 I a).
b) Der Raub charakteriſiert ſich als Wegnehmen, mithin
als unmittelbare oder mittelbare Selbſtthätigkeit des
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[297/0323] Die Erpreſſung. §. 74. abſicht begnügt. Demnach iſt Erpreſſung: Nötigung in Bereicherungsabſicht. b) Die Nötigung als Erpreſſung und die Nötigung als ſelbſtändiges Delikt (StGB. §. 240; oben §. 63 I) decken ſich nicht. Erſteres iſt der weitere Begriff. Erpreſſung iſt Nötigung zu Handlung, Duldung, Unterlaſſung, begangen 1. durch Gewalt (wie bei der Nötigung) und zwar gegen eine, nicht notwendig an einer, Perſon; 2. durch Drohung irgend welcher Art, alſo nicht notwendig mit ſtrafbaren oder auch nur rechts- widrigen 2 Handlungen; während zur Nötigung als ſelbſtändigem Delikte Drohung mit Verbrechen oder Vergehen erforderlich iſt. 3. Zu den einzelnen Begriffsmerkmalen vgl. das oben §. 63 I bei der Nötigung und §. 73 I beim Betrug Ge- ſagte. Die Vollendung tritt mit der erzwungenen Hand- lung, Duldung, Unterlaſſung ein; Verſuch immer ſtrafbar. 4. Das Verhältnis der Erpreſſung zum Raube bedarf noch einiger Bemerkungen. a) Die Erpreſſung iſt Vermögensdelikt überhaupt, der Raub Eigentumsdelikt. Der letztere iſt auf Wegnahme fremder beweglicher Sachen gerichtet, der erſteren iſt eine ſolche Beſchränkung fremd. Nach dieſer Richtung erſcheint der Betrugsbegriff als der ſpeziellere, und geht mithin in der Anwendung dem der Erpreſſung vor (vgl. oben §. 40 I a). b) Der Raub charakteriſiert ſich als Wegnehmen, mithin als unmittelbare oder mittelbare Selbſtthätigkeit des 2 RGR. 12. Februar 1880, E I 205, R I 345.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/323>, abgerufen am 21.11.2024.