Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Erstes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen. Räubers; die Erpressung dagegen als Nötigung,mithin nicht notwendig als Selbstthätigkeit des Er- pressers, sondern -- und zwar sogar regelmäßig -- als Herbeiführung der Entschließung und Thätigkeit des zu Beschädigenden. Auch nach dieser Richtung hin erscheint mithin der Raub als der engere Begriff. Diesem Unterschiede entsprechen die Mittel zur Bege- hung der beiden Delikte. 1. Gewalt ist beim Raube Mittel der Wegnahme, bei der Erpressung möglicherweise Mittel der Selbstthätigkeit des Erpressers, regelmäßig aber Mittel der Einwirkung auf den zu Beschädigenden. 2. Die Drohung muß beim Raube so geartet sein, um die Handlung des Beraubten (Herausgabe) als eine unfreie, mithin (vgl. oben §. 20 III) als eine den Kausalzusammenhang zwischen dem Thun des Räubers und dem Enderfolge nicht unter- brechende erscheinen zu lassen; demgemäß verlangt das Gesetz beim Raube "Drohung mit gegen- wärtiger Gefahr für Leib und Leben", während bei der Erpressung die Drohung diesen Grad von Intensität nicht zu erreichen braucht und regelmäßig auch nicht erreicht (vgl. aber unten die "räuberische Erpressung"). Fassen wir das unter a und b Gesagte zusammen, 1. Erpressung liegt vor, wenn es sich nicht um Wegnahme einer fremden beweglichen Sache handelt, mag auch Gewalt oder Drohung den Mitteln des Raubes entsprechen, also Selbst- handeln auf Seiten des Thäters gegeben sein. Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen. Räubers; die Erpreſſung dagegen als Nötigung,mithin nicht notwendig als Selbſtthätigkeit des Er- preſſers, ſondern — und zwar ſogar regelmäßig — als Herbeiführung der Entſchließung und Thätigkeit des zu Beſchädigenden. Auch nach dieſer Richtung hin erſcheint mithin der Raub als der engere Begriff. Dieſem Unterſchiede entſprechen die Mittel zur Bege- hung der beiden Delikte. 1. Gewalt iſt beim Raube Mittel der Wegnahme, bei der Erpreſſung möglicherweiſe Mittel der Selbſtthätigkeit des Erpreſſers, regelmäßig aber Mittel der Einwirkung auf den zu Beſchädigenden. 2. Die Drohung muß beim Raube ſo geartet ſein, um die Handlung des Beraubten (Herausgabe) als eine unfreie, mithin (vgl. oben §. 20 III) als eine den Kauſalzuſammenhang zwiſchen dem Thun des Räubers und dem Enderfolge nicht unter- brechende erſcheinen zu laſſen; demgemäß verlangt das Geſetz beim Raube „Drohung mit gegen- wärtiger Gefahr für Leib und Leben“, während bei der Erpreſſung die Drohung dieſen Grad von Intenſität nicht zu erreichen braucht und regelmäßig auch nicht erreicht (vgl. aber unten die „räuberiſche Erpreſſung“). Faſſen wir das unter a und b Geſagte zuſammen, 1. Erpreſſung liegt vor, wenn es ſich nicht um Wegnahme einer fremden beweglichen Sache handelt, mag auch Gewalt oder Drohung den Mitteln des Raubes entſprechen, alſo Selbſt- handeln auf Seiten des Thäters gegeben ſein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <list> <item><pb facs="#f0324" n="298"/><fw place="top" type="header">Erſtes Buch. <hi rendition="#aq">III.</hi> Delikte gegen das Vermögen.</fw><lb/> Räubers; die Erpreſſung dagegen als <hi rendition="#g">Nötigung</hi>,<lb/> mithin nicht notwendig als Selbſtthätigkeit des Er-<lb/> preſſers, ſondern — und zwar ſogar regelmäßig —<lb/> als Herbeiführung der Entſchließung und Thätigkeit<lb/> des zu Beſchädigenden. Auch nach dieſer Richtung<lb/> hin erſcheint mithin der Raub als der engere Begriff.<lb/> Dieſem Unterſchiede entſprechen die Mittel zur Bege-<lb/> hung der beiden Delikte.<lb/><list><item>1. <hi rendition="#g">Gewalt</hi> iſt beim Raube Mittel der Wegnahme,<lb/> bei der Erpreſſung möglicherweiſe Mittel der<lb/> Selbſtthätigkeit des Erpreſſers, regelmäßig aber<lb/> Mittel der Einwirkung auf den zu Beſchädigenden.</item><lb/><item>2. Die <hi rendition="#g">Drohung</hi> muß beim Raube ſo geartet ſein,<lb/> um die Handlung des Beraubten (Herausgabe)<lb/> als eine unfreie, mithin (vgl. oben §. 20 <hi rendition="#aq">III</hi>) als<lb/> eine den Kauſalzuſammenhang zwiſchen dem Thun<lb/> des Räubers und dem Enderfolge nicht unter-<lb/> brechende erſcheinen zu laſſen; demgemäß verlangt<lb/> das Geſetz beim Raube „Drohung mit gegen-<lb/> wärtiger Gefahr für Leib und Leben“, während<lb/> bei der Erpreſſung die Drohung dieſen Grad<lb/> von Intenſität nicht zu erreichen braucht und<lb/> regelmäßig auch nicht erreicht (vgl. aber unten<lb/> die „räuberiſche Erpreſſung“).</item><lb/></list></item> </list> <p> <hi rendition="#et">Faſſen wir das unter <hi rendition="#aq">a</hi> und <hi rendition="#aq">b</hi> Geſagte zuſammen,<lb/> ſo ergiebt ſich:</hi> </p><lb/> <list> <item> <list> <item>1. Erpreſſung liegt vor, wenn es ſich nicht um<lb/> Wegnahme einer fremden beweglichen <hi rendition="#g">Sache<lb/> handelt</hi>, mag auch Gewalt oder Drohung den<lb/> Mitteln des Raubes entſprechen, alſo Selbſt-<lb/> handeln auf Seiten des Thäters gegeben ſein.</item><lb/> </list> </item> </list> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [298/0324]
Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
Räubers; die Erpreſſung dagegen als Nötigung,
mithin nicht notwendig als Selbſtthätigkeit des Er-
preſſers, ſondern — und zwar ſogar regelmäßig —
als Herbeiführung der Entſchließung und Thätigkeit
des zu Beſchädigenden. Auch nach dieſer Richtung
hin erſcheint mithin der Raub als der engere Begriff.
Dieſem Unterſchiede entſprechen die Mittel zur Bege-
hung der beiden Delikte.
1. Gewalt iſt beim Raube Mittel der Wegnahme,
bei der Erpreſſung möglicherweiſe Mittel der
Selbſtthätigkeit des Erpreſſers, regelmäßig aber
Mittel der Einwirkung auf den zu Beſchädigenden.
2. Die Drohung muß beim Raube ſo geartet ſein,
um die Handlung des Beraubten (Herausgabe)
als eine unfreie, mithin (vgl. oben §. 20 III) als
eine den Kauſalzuſammenhang zwiſchen dem Thun
des Räubers und dem Enderfolge nicht unter-
brechende erſcheinen zu laſſen; demgemäß verlangt
das Geſetz beim Raube „Drohung mit gegen-
wärtiger Gefahr für Leib und Leben“, während
bei der Erpreſſung die Drohung dieſen Grad
von Intenſität nicht zu erreichen braucht und
regelmäßig auch nicht erreicht (vgl. aber unten
die „räuberiſche Erpreſſung“).
Faſſen wir das unter a und b Geſagte zuſammen,
ſo ergiebt ſich:
1. Erpreſſung liegt vor, wenn es ſich nicht um
Wegnahme einer fremden beweglichen Sache
handelt, mag auch Gewalt oder Drohung den
Mitteln des Raubes entſprechen, alſo Selbſt-
handeln auf Seiten des Thäters gegeben ſein.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |