Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Zweites Buch. I. Die gemeingefährlichen Delikte im e. S. 3. Gemeingefährdung, d. i. Herbeiführung eines Zu- Das genannte Merkmal wird vom Gesetzgeber in ver- a) In manchen Fällen ist der regelmäßige, wenn auch im konkreten Falle nicht gegebene, Charakter der Handlung für den Gesetzgeber maßgebend; dann ist die Gemeingefährlichkeit nicht Begriffsmerkmal. Bei- spiel: Die Brandstiftung. b) In anderen Fällen hat der Gesetzgeber die Gemein- gefährlichkeit, wie bei der Ueberschwemmung, zum Be- griffsmerkmal erhoben, und somit ihr Vorliegen im konkreten Falle zur Bedingung für den Eintritt der Strafbarkeit gemacht. c) Endlich finden sich Fälle -- ein Beispiel bietet §. 323 StGB., -- in welchen die regelmäßige Gemein- gefährlichkeit genügt, die konkrete Handlung also diese Eigenschaft nicht an sich zu tragen braucht, wohl aber die Gefährdung eines oder mehrerer Einzelner (nicht Gemeingefährdung) Bedingung der Straf- arkeit ist. Zweites Buch. I. Die gemeingefährlichen Delikte im e. S. 3. Gemeingefährdung, d. i. Herbeiführung eines Zu- Das genannte Merkmal wird vom Geſetzgeber in ver- a) In manchen Fällen iſt der regelmäßige, wenn auch im konkreten Falle nicht gegebene, Charakter der Handlung für den Geſetzgeber maßgebend; dann iſt die Gemeingefährlichkeit nicht Begriffsmerkmal. Bei- ſpiel: Die Brandſtiftung. b) In anderen Fällen hat der Geſetzgeber die Gemein- gefährlichkeit, wie bei der Ueberſchwemmung, zum Be- griffsmerkmal erhoben, und ſomit ihr Vorliegen im konkreten Falle zur Bedingung für den Eintritt der Strafbarkeit gemacht. c) Endlich finden ſich Fälle — ein Beiſpiel bietet §. 323 StGB., — in welchen die regelmäßige Gemein- gefährlichkeit genügt, die konkrete Handlung alſo dieſe Eigenſchaft nicht an ſich zu tragen braucht, wohl aber die Gefährdung eines oder mehrerer Einzelner (nicht Gemeingefährdung) Bedingung der Straf- arkeit iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0360" n="334"/> <fw place="top" type="header">Zweites Buch. <hi rendition="#aq">I.</hi> Die gemeingefährlichen Delikte im e. S.</fw><lb/> <p>3. <hi rendition="#g">Gemeing</hi>efährdung, d. i. Herbeiführung eines Zu-<lb/> ſtandes, in welchem nicht <hi rendition="#g">ein</hi> einzelner Träger der genannten<lb/> Rechtsgüter, oder <hi rendition="#g">mehrere</hi>, nach Zahl und Individualität<lb/> beſtimmte Träger derſelben, ſondern das <hi rendition="#g">Publikum</hi>, die<lb/> Oeffentlichkeit, ein nach Zahl und Individualität nicht ab-<lb/> geſchloſſener Perſonenkreis, als gefährdet erſcheint. Darum<lb/> gehört insbeſondere die rechtswidrige Entfeſſelung der Natur-<lb/> kräfte, deren Wirkung jeder Berechnung wie jeder Beherr-<lb/> ſchung ſpottet, die der Thäter, hat er ſie einmal gerufen,<lb/> nicht mehr bannen kann — in die Gruppe der gemeingefähr-<lb/> lichen Delikte.</p><lb/> <p>Das genannte Merkmal wird vom Geſetzgeber in ver-<lb/> ſchiedener Weiſe zur Bildung der einzelnen Deliktsbegriffe<lb/> verwertet.</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a</hi>) In manchen Fällen iſt der <hi rendition="#g">regelmäßige</hi>, wenn auch<lb/> im konkreten Falle <hi rendition="#g">nicht</hi> gegebene, Charakter der<lb/> Handlung für den Geſetzgeber maßgebend; dann iſt<lb/> die Gemeingefährlichkeit nicht Begriffsmerkmal. Bei-<lb/> ſpiel: Die Brandſtiftung.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b</hi>) In anderen Fällen hat der Geſetzgeber die Gemein-<lb/> gefährlichkeit, wie bei der Ueberſchwemmung, zum Be-<lb/> griffsmerkmal erhoben, und ſomit ihr Vorliegen im<lb/> konkreten Falle zur Bedingung für den Eintritt der<lb/> Strafbarkeit gemacht.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c</hi>) Endlich finden ſich Fälle — ein Beiſpiel bietet §. 323<lb/> StGB., — in welchen die <hi rendition="#g">regelmäßige</hi> Gemein-<lb/> gefährlichkeit genügt, die konkrete Handlung alſo dieſe<lb/> Eigenſchaft nicht an ſich zu tragen braucht, wohl<lb/> aber die Gefährdung eines oder mehrerer <hi rendition="#g">Einzelner</hi><lb/> (nicht <hi rendition="#g">Gemeing</hi>efährdung) Bedingung der Straf-<lb/> arkeit iſt.</item> </list><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [334/0360]
Zweites Buch. I. Die gemeingefährlichen Delikte im e. S.
3. Gemeingefährdung, d. i. Herbeiführung eines Zu-
ſtandes, in welchem nicht ein einzelner Träger der genannten
Rechtsgüter, oder mehrere, nach Zahl und Individualität
beſtimmte Träger derſelben, ſondern das Publikum, die
Oeffentlichkeit, ein nach Zahl und Individualität nicht ab-
geſchloſſener Perſonenkreis, als gefährdet erſcheint. Darum
gehört insbeſondere die rechtswidrige Entfeſſelung der Natur-
kräfte, deren Wirkung jeder Berechnung wie jeder Beherr-
ſchung ſpottet, die der Thäter, hat er ſie einmal gerufen,
nicht mehr bannen kann — in die Gruppe der gemeingefähr-
lichen Delikte.
Das genannte Merkmal wird vom Geſetzgeber in ver-
ſchiedener Weiſe zur Bildung der einzelnen Deliktsbegriffe
verwertet.
a) In manchen Fällen iſt der regelmäßige, wenn auch
im konkreten Falle nicht gegebene, Charakter der
Handlung für den Geſetzgeber maßgebend; dann iſt
die Gemeingefährlichkeit nicht Begriffsmerkmal. Bei-
ſpiel: Die Brandſtiftung.
b) In anderen Fällen hat der Geſetzgeber die Gemein-
gefährlichkeit, wie bei der Ueberſchwemmung, zum Be-
griffsmerkmal erhoben, und ſomit ihr Vorliegen im
konkreten Falle zur Bedingung für den Eintritt der
Strafbarkeit gemacht.
c) Endlich finden ſich Fälle — ein Beiſpiel bietet §. 323
StGB., — in welchen die regelmäßige Gemein-
gefährlichkeit genügt, die konkrete Handlung alſo dieſe
Eigenſchaft nicht an ſich zu tragen braucht, wohl
aber die Gefährdung eines oder mehrerer Einzelner
(nicht Gemeingefährdung) Bedingung der Straf-
arkeit iſt.
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