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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
c) Die Vereinbarung einer Kriegsentschädigung, die der Besiegte
an den Sieger zu zahlen hat.

Zur Sicherung der Leistung kann diesem auch die völlige
oder teilweise militärische Besetzung des dem Besiegten verbleiben-
den Gebietes (§ 22 I) eingeräumt werden. Vgl. den Frankfurter
Frieden Artikel 7.

d) Die Berichtigung der Grenzen oder der Vorbehalt einer ge-
naueren Bestimmung derselben.
e) Erwähnung verdient Artikel 16 des Frankfurter Friedens
vom 10. Mai 1871: "Beide Regierungen .... verpflichten
sich gegenseitig, die Gräber der auf ihren Gebieten be-
erdigten Soldaten respektieren und unterhalten zu lassen."
§ 40. Die einzelnen Kriegsrechtssätze.
I.

Kriegsschauplatz (theatre de la guerre) ist das gesamte Land-
und Wassergebiet der kriegführenden Staaten, sowie die hohe See.

Der Kriegschauplatz umfasst auch die überseeischen Kolonieen,
die autonomen Provinzen, sowie die den Kriegführenden unter-
geordneten halbsouveränen Staaten. Durch eine Kriegserklärung
an die Türkei werden mithin auch Egypten. sowie Bulgarien in
Kriegszustand versetzt. Der Kriegsschauplatz umfasst aber nicht
diejenigen Gebiete, welche von einer fremden, die staatlichen
Hoheitsrechte ausübenden Staatsgewalt "besetzt" sind (oben § 10 IV).
Befindet sich mithin die Türkei im Kriegszustand, so ergreift dieser
weder Bosnien noch auch Cypern.

Da auch die hohe See zum Kriegsschauplatz gehört, können
die Kriegführenden hier alle ihnen erforderlich erscheinenden An-
griffs- und Verteidigungshandlungen vornehmen, mögen diese auch,
wie das Legen von Seeminen, dem neutralen Handel beschwerlich
fallen. Auch Eingriffe in neutrales Eigentum, z. B. die Durch-
schneidung submariner Kabel (oben § 30 IV 1), sind mithin auf
offener See unter denselben Voraussetzungen wie auf dem fest-
ländischen Kriegsschauplatz gestattet (unten § 41 IV).


IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
c) Die Vereinbarung einer Kriegsentschädigung, die der Besiegte
an den Sieger zu zahlen hat.

Zur Sicherung der Leistung kann diesem auch die völlige
oder teilweise militärische Besetzung des dem Besiegten verbleiben-
den Gebietes (§ 22 I) eingeräumt werden. Vgl. den Frankfurter
Frieden Artikel 7.

d) Die Berichtigung der Grenzen oder der Vorbehalt einer ge-
naueren Bestimmung derselben.
e) Erwähnung verdient Artikel 16 des Frankfurter Friedens
vom 10. Mai 1871: „Beide Regierungen .... verpflichten
sich gegenseitig, die Gräber der auf ihren Gebieten be-
erdigten Soldaten respektieren und unterhalten zu lassen.“
§ 40. Die einzelnen Kriegsrechtssätze.
I.

Kriegsschauplatz (théâtre de la guerre) ist das gesamte Land-
und Wassergebiet der kriegführenden Staaten, sowie die hohe See.

Der Kriegschauplatz umfaſst auch die überseeischen Kolonieen,
die autonomen Provinzen, sowie die den Kriegführenden unter-
geordneten halbsouveränen Staaten. Durch eine Kriegserklärung
an die Türkei werden mithin auch Egypten. sowie Bulgarien in
Kriegszustand versetzt. Der Kriegsschauplatz umfaſst aber nicht
diejenigen Gebiete, welche von einer fremden, die staatlichen
Hoheitsrechte ausübenden Staatsgewalt „besetzt“ sind (oben § 10 IV).
Befindet sich mithin die Türkei im Kriegszustand, so ergreift dieser
weder Bosnien noch auch Cypern.

Da auch die hohe See zum Kriegsschauplatz gehört, können
die Kriegführenden hier alle ihnen erforderlich erscheinenden An-
griffs- und Verteidigungshandlungen vornehmen, mögen diese auch,
wie das Legen von Seeminen, dem neutralen Handel beschwerlich
fallen. Auch Eingriffe in neutrales Eigentum, z. B. die Durch-
schneidung submariner Kabel (oben § 30 IV 1), sind mithin auf
offener See unter denselben Voraussetzungen wie auf dem fest-
ländischen Kriegsschauplatz gestattet (unten § 41 IV).


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[216/0238] IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung. c) Die Vereinbarung einer Kriegsentschädigung, die der Besiegte an den Sieger zu zahlen hat. Zur Sicherung der Leistung kann diesem auch die völlige oder teilweise militärische Besetzung des dem Besiegten verbleiben- den Gebietes (§ 22 I) eingeräumt werden. Vgl. den Frankfurter Frieden Artikel 7. d) Die Berichtigung der Grenzen oder der Vorbehalt einer ge- naueren Bestimmung derselben. e) Erwähnung verdient Artikel 16 des Frankfurter Friedens vom 10. Mai 1871: „Beide Regierungen .... verpflichten sich gegenseitig, die Gräber der auf ihren Gebieten be- erdigten Soldaten respektieren und unterhalten zu lassen.“ § 40. Die einzelnen Kriegsrechtssätze. I. Kriegsschauplatz (théâtre de la guerre) ist das gesamte Land- und Wassergebiet der kriegführenden Staaten, sowie die hohe See. Der Kriegschauplatz umfaſst auch die überseeischen Kolonieen, die autonomen Provinzen, sowie die den Kriegführenden unter- geordneten halbsouveränen Staaten. Durch eine Kriegserklärung an die Türkei werden mithin auch Egypten. sowie Bulgarien in Kriegszustand versetzt. Der Kriegsschauplatz umfaſst aber nicht diejenigen Gebiete, welche von einer fremden, die staatlichen Hoheitsrechte ausübenden Staatsgewalt „besetzt“ sind (oben § 10 IV). Befindet sich mithin die Türkei im Kriegszustand, so ergreift dieser weder Bosnien noch auch Cypern. Da auch die hohe See zum Kriegsschauplatz gehört, können die Kriegführenden hier alle ihnen erforderlich erscheinenden An- griffs- und Verteidigungshandlungen vornehmen, mögen diese auch, wie das Legen von Seeminen, dem neutralen Handel beschwerlich fallen. Auch Eingriffe in neutrales Eigentum, z. B. die Durch- schneidung submariner Kabel (oben § 30 IV 1), sind mithin auf offener See unter denselben Voraussetzungen wie auf dem fest- ländischen Kriegsschauplatz gestattet (unten § 41 IV).

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/238>, abgerufen am 25.11.2024.