Parallaxen u. Entfernungen d. Gestirne von d. Erde.
beträgt, findet man, daß seine kleinste Entfernung von der Erde 376 Millionen Meilen beträgt. Dividirt man also den Halbmesser der Erde von 859 M. durch 376 Millionen, so erhält man den Sinus der Horizontalparallaxe dieser entferntesten aller Planeten, die also, auf diesem Wege, gleich 0",47 gefunden wird.
Allein dieser Weg ist uns für die Fixsterne verschlossen, da diese nicht, wie die Planeten, für welche allein jenes Gesetz gilt, sich um die Sonne bewegen. Daß aber diese Fixsterne noch wei- ter, als jener Planet, von uns entfernt seyn müssen, folgt schon daraus, weil wir diesen Planeten, so oft er an einem jener Sterne nahe vorbei geht, sie bedecken sehen, während man noch nie einen Stern auf der Scheibe des Planeten, oder während man noch nie den Planeten von einem jener Sterne bedeckt gesehen hat.
Da nun die Parallaxe des Uranus bereits so klein ist, daß sie selbst für unsere besten Instrumente als ganz unmerkbar be- trachtet werden muß, so würde es eine vergebene Mühe seyn, die Parallaxe, also auch die Entfernung der noch viel weiter entfernten Fixsterne durch eine der oben angeführten Methoden kennen lernen zu wollen.
Wir haben oben (§. 62. IV) gesehen, daß bei diesen Metho- den, die Parallaxe zu bestimmen, alles auf die Größe der Basis oder der Grundlinie ankömmt, von welchen die ganze Messung abhängt, und daß das Resultat im Allgemeinen desto genauer seyn wird, je größer diese Basis ist. Allein die größte dieser Grund- linien, die wir auf der Erde erhalten können, ist der Halbmesser, oder, wenn man das Doppelte dieser Parallaxe sucht, der Durch- messer der Erde, d. h. eine gerade Linie von 1718,6 M. Diese Größe, die nahe zehnmal größer ist, als die Distanz von Wien nach Paris, ist daher gegen die Distanz der Fixsterne von uns nur als ein unmerklicher Punkt zu betrachten, und wir haben, so lange uns keine andere Standlinie, als der Halbmesser der Erde ist, gegeben wird, durchaus kein Mittel, die Entfernung derjeni- gen Himmelskörper zu bestimmen, die mehr als 177 Millionen Meilen von uns abstehen, da für diesen Abstand die Horizontal- parallaxe bereits eine Secunde oder den kleinsten Theil des Win- kels beträgt, den wir mit unseren vollkommensten Instrumenten noch sehen können. Ein Gestirn, welches eine Billion Meilen von
Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.
beträgt, findet man, daß ſeine kleinſte Entfernung von der Erde 376 Millionen Meilen beträgt. Dividirt man alſo den Halbmeſſer der Erde von 859 M. durch 376 Millionen, ſo erhält man den Sinus der Horizontalparallaxe dieſer entfernteſten aller Planeten, die alſo, auf dieſem Wege, gleich 0″,47 gefunden wird.
Allein dieſer Weg iſt uns für die Fixſterne verſchloſſen, da dieſe nicht, wie die Planeten, für welche allein jenes Geſetz gilt, ſich um die Sonne bewegen. Daß aber dieſe Fixſterne noch wei- ter, als jener Planet, von uns entfernt ſeyn müſſen, folgt ſchon daraus, weil wir dieſen Planeten, ſo oft er an einem jener Sterne nahe vorbei geht, ſie bedecken ſehen, während man noch nie einen Stern auf der Scheibe des Planeten, oder während man noch nie den Planeten von einem jener Sterne bedeckt geſehen hat.
Da nun die Parallaxe des Uranus bereits ſo klein iſt, daß ſie ſelbſt für unſere beſten Inſtrumente als ganz unmerkbar be- trachtet werden muß, ſo würde es eine vergebene Mühe ſeyn, die Parallaxe, alſo auch die Entfernung der noch viel weiter entfernten Fixſterne durch eine der oben angeführten Methoden kennen lernen zu wollen.
Wir haben oben (§. 62. IV) geſehen, daß bei dieſen Metho- den, die Parallaxe zu beſtimmen, alles auf die Größe der Baſis oder der Grundlinie ankömmt, von welchen die ganze Meſſung abhängt, und daß das Reſultat im Allgemeinen deſto genauer ſeyn wird, je größer dieſe Baſis iſt. Allein die größte dieſer Grund- linien, die wir auf der Erde erhalten können, iſt der Halbmeſſer, oder, wenn man das Doppelte dieſer Parallaxe ſucht, der Durch- meſſer der Erde, d. h. eine gerade Linie von 1718,6 M. Dieſe Größe, die nahe zehnmal größer iſt, als die Diſtanz von Wien nach Paris, iſt daher gegen die Diſtanz der Fixſterne von uns nur als ein unmerklicher Punkt zu betrachten, und wir haben, ſo lange uns keine andere Standlinie, als der Halbmeſſer der Erde iſt, gegeben wird, durchaus kein Mittel, die Entfernung derjeni- gen Himmelskörper zu beſtimmen, die mehr als 177 Millionen Meilen von uns abſtehen, da für dieſen Abſtand die Horizontal- parallaxe bereits eine Secunde oder den kleinſten Theil des Win- kels beträgt, den wir mit unſeren vollkommenſten Inſtrumenten noch ſehen können. Ein Geſtirn, welches eine Billion Meilen von
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0170"n="158"/><fwplace="top"type="header">Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.</fw><lb/>
beträgt, findet man, daß ſeine kleinſte Entfernung von der Erde 376<lb/>
Millionen Meilen beträgt. Dividirt man alſo den Halbmeſſer<lb/>
der Erde von 859 M. durch 376 Millionen, ſo erhält man den<lb/>
Sinus der Horizontalparallaxe dieſer entfernteſten aller Planeten,<lb/>
die alſo, auf dieſem Wege, gleich 0″,<hirendition="#sub">47</hi> gefunden wird.</p><lb/><p>Allein dieſer Weg iſt uns für die Fixſterne verſchloſſen, da<lb/>
dieſe nicht, wie die Planeten, für welche allein jenes Geſetz gilt,<lb/>ſich um die Sonne bewegen. Daß aber dieſe Fixſterne noch wei-<lb/>
ter, als jener Planet, von uns entfernt ſeyn müſſen, folgt ſchon<lb/>
daraus, weil wir dieſen Planeten, ſo oft er an einem jener Sterne<lb/>
nahe vorbei geht, ſie bedecken ſehen, während man noch nie einen<lb/>
Stern auf der Scheibe des Planeten, oder während man noch nie<lb/>
den Planeten von einem jener Sterne bedeckt geſehen hat.</p><lb/><p>Da nun die Parallaxe des Uranus bereits ſo klein iſt, daß<lb/>ſie ſelbſt für unſere beſten Inſtrumente als ganz unmerkbar be-<lb/>
trachtet werden muß, ſo würde es eine vergebene Mühe ſeyn, die<lb/>
Parallaxe, alſo auch die Entfernung der noch viel weiter entfernten<lb/>
Fixſterne durch eine der oben angeführten Methoden kennen lernen<lb/>
zu wollen.</p><lb/><p>Wir haben oben (§. 62. <hirendition="#aq">IV</hi>) geſehen, daß bei dieſen Metho-<lb/>
den, die Parallaxe zu beſtimmen, alles auf die Größe der Baſis<lb/>
oder der Grundlinie ankömmt, von welchen die ganze Meſſung<lb/>
abhängt, und daß das Reſultat im Allgemeinen deſto genauer<lb/>ſeyn wird, je größer dieſe Baſis iſt. Allein die größte dieſer Grund-<lb/>
linien, die wir auf der Erde erhalten können, iſt der Halbmeſſer,<lb/>
oder, wenn man das Doppelte dieſer Parallaxe ſucht, der Durch-<lb/>
meſſer der Erde, d. h. eine gerade Linie von 1718,<hirendition="#sub">6</hi> M. Dieſe<lb/>
Größe, die nahe zehnmal größer iſt, als die Diſtanz von Wien<lb/>
nach Paris, iſt daher gegen die Diſtanz der Fixſterne von uns<lb/>
nur als ein unmerklicher Punkt zu betrachten, und wir haben, ſo<lb/>
lange uns keine andere Standlinie, als der Halbmeſſer der Erde<lb/>
iſt, gegeben wird, durchaus kein Mittel, die Entfernung derjeni-<lb/>
gen Himmelskörper zu beſtimmen, die mehr als 177 Millionen<lb/>
Meilen von uns abſtehen, da für dieſen Abſtand die Horizontal-<lb/>
parallaxe bereits eine Secunde oder den kleinſten Theil des Win-<lb/>
kels beträgt, den wir mit unſeren vollkommenſten Inſtrumenten<lb/>
noch ſehen können. Ein Geſtirn, welches eine Billion Meilen von<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[158/0170]
Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.
beträgt, findet man, daß ſeine kleinſte Entfernung von der Erde 376
Millionen Meilen beträgt. Dividirt man alſo den Halbmeſſer
der Erde von 859 M. durch 376 Millionen, ſo erhält man den
Sinus der Horizontalparallaxe dieſer entfernteſten aller Planeten,
die alſo, auf dieſem Wege, gleich 0″,47 gefunden wird.
Allein dieſer Weg iſt uns für die Fixſterne verſchloſſen, da
dieſe nicht, wie die Planeten, für welche allein jenes Geſetz gilt,
ſich um die Sonne bewegen. Daß aber dieſe Fixſterne noch wei-
ter, als jener Planet, von uns entfernt ſeyn müſſen, folgt ſchon
daraus, weil wir dieſen Planeten, ſo oft er an einem jener Sterne
nahe vorbei geht, ſie bedecken ſehen, während man noch nie einen
Stern auf der Scheibe des Planeten, oder während man noch nie
den Planeten von einem jener Sterne bedeckt geſehen hat.
Da nun die Parallaxe des Uranus bereits ſo klein iſt, daß
ſie ſelbſt für unſere beſten Inſtrumente als ganz unmerkbar be-
trachtet werden muß, ſo würde es eine vergebene Mühe ſeyn, die
Parallaxe, alſo auch die Entfernung der noch viel weiter entfernten
Fixſterne durch eine der oben angeführten Methoden kennen lernen
zu wollen.
Wir haben oben (§. 62. IV) geſehen, daß bei dieſen Metho-
den, die Parallaxe zu beſtimmen, alles auf die Größe der Baſis
oder der Grundlinie ankömmt, von welchen die ganze Meſſung
abhängt, und daß das Reſultat im Allgemeinen deſto genauer
ſeyn wird, je größer dieſe Baſis iſt. Allein die größte dieſer Grund-
linien, die wir auf der Erde erhalten können, iſt der Halbmeſſer,
oder, wenn man das Doppelte dieſer Parallaxe ſucht, der Durch-
meſſer der Erde, d. h. eine gerade Linie von 1718,6 M. Dieſe
Größe, die nahe zehnmal größer iſt, als die Diſtanz von Wien
nach Paris, iſt daher gegen die Diſtanz der Fixſterne von uns
nur als ein unmerklicher Punkt zu betrachten, und wir haben, ſo
lange uns keine andere Standlinie, als der Halbmeſſer der Erde
iſt, gegeben wird, durchaus kein Mittel, die Entfernung derjeni-
gen Himmelskörper zu beſtimmen, die mehr als 177 Millionen
Meilen von uns abſtehen, da für dieſen Abſtand die Horizontal-
parallaxe bereits eine Secunde oder den kleinſten Theil des Win-
kels beträgt, den wir mit unſeren vollkommenſten Inſtrumenten
noch ſehen können. Ein Geſtirn, welches eine Billion Meilen von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/170>, abgerufen am 18.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.