Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.Parallaxen u. Entfernungen d. Gestirne von d. Erde. er zu verschiedenen Jahreszeiten in der Lage der Sterne gefundenhatte, ihren eigentlichen Grund in den Veränderungen des Ge- bäudes hatten, in welchem sein Instrument aufgestellt war, indem dieses, wie vielleicht jedes andere Gebäude, durch die theilweise Bescheinung der Sonne und durch die verschiedene Temperatur der Jahreszeiten, periodischen Veränderungen seiner Lage unterworfen ist, deren Folgen er, ohne die Ursache derselben zu kennen, auf den Himmel übertrug. Calandrelli in Rom beobachtete um das Jahr 1805 zu Allein Bessel in Königsberg, der nach Calandrelli densel- Der jüngere Herschel schlug endlich zu diesem Zwecke die Be- Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde. er zu verſchiedenen Jahreszeiten in der Lage der Sterne gefundenhatte, ihren eigentlichen Grund in den Veränderungen des Ge- bäudes hatten, in welchem ſein Inſtrument aufgeſtellt war, indem dieſes, wie vielleicht jedes andere Gebäude, durch die theilweiſe Beſcheinung der Sonne und durch die verſchiedene Temperatur der Jahreszeiten, periodiſchen Veränderungen ſeiner Lage unterworfen iſt, deren Folgen er, ohne die Urſache derſelben zu kennen, auf den Himmel übertrug. Calandrelli in Rom beobachtete um das Jahr 1805 zu Allein Beſſel in Königsberg, der nach Calandrelli denſel- Der jüngere Herſchel ſchlug endlich zu dieſem Zwecke die Be- <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0182" n="170"/><fw place="top" type="header">Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.</fw><lb/> er zu verſchiedenen Jahreszeiten in der Lage der Sterne gefunden<lb/> hatte, ihren eigentlichen Grund in den Veränderungen des Ge-<lb/> bäudes hatten, in welchem ſein Inſtrument aufgeſtellt war, indem<lb/> dieſes, wie vielleicht jedes andere Gebäude, durch die theilweiſe<lb/> Beſcheinung der Sonne und durch die verſchiedene Temperatur der<lb/> Jahreszeiten, periodiſchen Veränderungen ſeiner Lage unterworfen<lb/> iſt, deren Folgen er, ohne die Urſache derſelben zu kennen, auf<lb/> den Himmel übertrug.</p><lb/> <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Calandrelli</hi></hi> in Rom beobachtete um das Jahr 1805 zu<lb/> dieſer Abſicht beſonders den ſchönen Stern <hi rendition="#aq">Wega</hi> in der Leier, der<lb/> für ſeinen Parallelkreis nahe durch das Zenith des Beobachters<lb/> geht. Er wählte dazu einen Sector von neun Fuß im Halbmeſſer<lb/> und ſeine mit vieler Umſicht angeſtellten und unter ſich gut har-<lb/> monirenden Beobachtungen gaben die Parallaxe dieſes Sterns<lb/> gleich 4,<hi rendition="#sub">4</hi> Secunden, woraus die Entfernung deſſelben von uns<lb/> gleich 46.880 Erdweiten folgen würde.</p><lb/> <p>Allein <hi rendition="#g">Beſſel</hi> in Königsberg, der nach <hi rendition="#aq">Calandrelli</hi> denſel-<lb/> ben Stern unterſuchte, fand aus <hi rendition="#aq">Bradley’</hi>s Beobachtungen der<lb/> Rectaſcenſionen ſelbſt die Summe der Parallaxen für <hi rendition="#aq">Wega</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Sirius</hi> gleich Null, für <hi rendition="#aq">Atair</hi> im Adler und <hi rendition="#aq">Procyon</hi> im kleinen<lb/> Kind, erhielt er zur Summe der Parallaxen nur die ſehr geringe<lb/> Größe von 5/8 einer Secunde. Er wählte dazu ſehr zweckmäßig<lb/> ſolche Sternpaare, die nahe in demſelben Parallelkreiſe liegen und<lb/> in Rectaſcenſion nur wenig von 180 Graden verſchieden ſind; für<lb/> ſolche Sterne liegen die Jahreszeiten, wo ihre Parallaxe der Recta-<lb/> ſcenſion am kleinſten und am größten iſt, nahe ſechs Monate von<lb/> einander, und dieſe größten und kleinſten Werthe haben dann<lb/> Statt, wenn die Sonne in Rectaſcenſion dem Stern nahe um<lb/> 6 Uhr voran geht oder ihm eben ſo viel folgt.</p><lb/> <p>Der jüngere Herſchel ſchlug endlich zu dieſem Zwecke die Be-<lb/> obachtung der Doppelſterne, d. h. ſolcher Sterne vor, die von der<lb/> Erde geſehen, ſehr nahe an einander zu ſtehen ſcheinen. Unter<lb/> der Vorausſetzung, daß dieſe Nähe in der That nur ſcheinbar iſt<lb/> und bloß von der Stellung unſerer Erde gegen dieſe Sterne ab-<lb/> hängt, während die letzten vielleicht ſehr weit hinter einander ſte-<lb/> hen, würde eine Ortsveränderung der Erde auch die ſcheinbare<lb/> Diſtanz jener Sterne ändern müſſen. Jeder dieſer beiden Sterne<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0182]
Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.
er zu verſchiedenen Jahreszeiten in der Lage der Sterne gefunden
hatte, ihren eigentlichen Grund in den Veränderungen des Ge-
bäudes hatten, in welchem ſein Inſtrument aufgeſtellt war, indem
dieſes, wie vielleicht jedes andere Gebäude, durch die theilweiſe
Beſcheinung der Sonne und durch die verſchiedene Temperatur der
Jahreszeiten, periodiſchen Veränderungen ſeiner Lage unterworfen
iſt, deren Folgen er, ohne die Urſache derſelben zu kennen, auf
den Himmel übertrug.
Calandrelli in Rom beobachtete um das Jahr 1805 zu
dieſer Abſicht beſonders den ſchönen Stern Wega in der Leier, der
für ſeinen Parallelkreis nahe durch das Zenith des Beobachters
geht. Er wählte dazu einen Sector von neun Fuß im Halbmeſſer
und ſeine mit vieler Umſicht angeſtellten und unter ſich gut har-
monirenden Beobachtungen gaben die Parallaxe dieſes Sterns
gleich 4,4 Secunden, woraus die Entfernung deſſelben von uns
gleich 46.880 Erdweiten folgen würde.
Allein Beſſel in Königsberg, der nach Calandrelli denſel-
ben Stern unterſuchte, fand aus Bradley’s Beobachtungen der
Rectaſcenſionen ſelbſt die Summe der Parallaxen für Wega und
Sirius gleich Null, für Atair im Adler und Procyon im kleinen
Kind, erhielt er zur Summe der Parallaxen nur die ſehr geringe
Größe von 5/8 einer Secunde. Er wählte dazu ſehr zweckmäßig
ſolche Sternpaare, die nahe in demſelben Parallelkreiſe liegen und
in Rectaſcenſion nur wenig von 180 Graden verſchieden ſind; für
ſolche Sterne liegen die Jahreszeiten, wo ihre Parallaxe der Recta-
ſcenſion am kleinſten und am größten iſt, nahe ſechs Monate von
einander, und dieſe größten und kleinſten Werthe haben dann
Statt, wenn die Sonne in Rectaſcenſion dem Stern nahe um
6 Uhr voran geht oder ihm eben ſo viel folgt.
Der jüngere Herſchel ſchlug endlich zu dieſem Zwecke die Be-
obachtung der Doppelſterne, d. h. ſolcher Sterne vor, die von der
Erde geſehen, ſehr nahe an einander zu ſtehen ſcheinen. Unter
der Vorausſetzung, daß dieſe Nähe in der That nur ſcheinbar iſt
und bloß von der Stellung unſerer Erde gegen dieſe Sterne ab-
hängt, während die letzten vielleicht ſehr weit hinter einander ſte-
hen, würde eine Ortsveränderung der Erde auch die ſcheinbare
Diſtanz jener Sterne ändern müſſen. Jeder dieſer beiden Sterne
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |