Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Aberration der Fixsterne.
so wird man auch die Wege und die Geschwindigkeiten der Körper
eben so zerlegen und zusammensetzen können, wie wir dieß eben
bei den Kräften selbst gethan haben. Ein Körper also, der in
derselben Zeit zugleich durch den Weg Pa und durch den Weg Pb
gehen soll, wird durch den Weg Pc gehen; oder ein Körper, dessen
Geschwindigkeit nach der Richtung PA gleich Pa, und nach der
Richtung PB gleich Pb ist, wird eigentlich die Geschwindigkeit
Pc nach der Richtung PC haben.

Dasselbe Parallelogramm, durch dessen Hilfe wir zwei Kräfte
oder zwei Geschwindigkeiten auf eine einzige, jenen beiden gleich-
geltende, gebracht haben, wird uns auch dienen, jede einzelne ge-
gebene Kraft oder Geschwindigkeit Pc auf zwei andere Pa und
Pb zu bringen, die, beide zusammengenommen, jener gegebenen ein-
zelnen Kraft gleichgeltend sind. Wir werden zu diesem Zwecke
die gegebene Größe ac als die Diagonale eines Parallelogramms
ansehen, oder auf ihr, als Grundlinie, ein willkührliches Dreieck
Pca errichten, und auf der andern Seite von Pc die Linie Pb
mit ca und cb mit Pa parallel ziehen, wo dann die Linie Pa und
Pb die beiden gesuchten Seitenkräfte vorstellen werden. Am ein-
fachsten wird es seyn, wenn man von all' den Dreiecken Pca, die
man über der Basis Pc errichten kann, ein bei a rechtwinkliges Dreieck
wählt, wo dann die beiden Seitenkräfte Pa und Pb selbst auf
einander senkrecht stehen werden. Nennt man für diesen Fall r
die mittlere, nach der Diagonale Pc des Rechtecks Pabc gerichtete
Kraft, und bezeichnet beide Seitenkräfte Pa durch x und Pb
durch y, so wie den Winkel aPc durch a, so hat man die drei
einfachen Ausdrücke
r2 = x2 + y2, x = rCosa und y = rSina
woraus man, wenn die Seitenkräfte x, y gegeben sind, die mitt-
lere Kraft r und ihren Winkel a mit x, oder wenn die mittlere
Kraft r mit ihrem Winkel a gegeben ist, die beiden unter sich
senkrechten Seitenkräfte leicht, und ohne alle Mühe bestimmen
wird.

Diese einfache Lehre von der Zusammensetzung und Zerlegung
der Kräfte ist durch das ganze Gebiet der Mechanik von der
größten Wichtigkeit, so daß nur wenige Probleme dieser Wissen-
schaft gefunden werden, in welchen man sie nicht mit Nutzen an-

Aberration der Fixſterne.
ſo wird man auch die Wege und die Geſchwindigkeiten der Körper
eben ſo zerlegen und zuſammenſetzen können, wie wir dieß eben
bei den Kräften ſelbſt gethan haben. Ein Körper alſo, der in
derſelben Zeit zugleich durch den Weg Pa und durch den Weg Pb
gehen ſoll, wird durch den Weg Pc gehen; oder ein Körper, deſſen
Geſchwindigkeit nach der Richtung PA gleich Pa, und nach der
Richtung PB gleich Pb iſt, wird eigentlich die Geſchwindigkeit
Pc nach der Richtung PC haben.

Daſſelbe Parallelogramm, durch deſſen Hilfe wir zwei Kräfte
oder zwei Geſchwindigkeiten auf eine einzige, jenen beiden gleich-
geltende, gebracht haben, wird uns auch dienen, jede einzelne ge-
gebene Kraft oder Geſchwindigkeit Pc auf zwei andere Pa und
Pb zu bringen, die, beide zuſammengenommen, jener gegebenen ein-
zelnen Kraft gleichgeltend ſind. Wir werden zu dieſem Zwecke
die gegebene Größe ac als die Diagonale eines Parallelogramms
anſehen, oder auf ihr, als Grundlinie, ein willkührliches Dreieck
Pca errichten, und auf der andern Seite von Pc die Linie Pb
mit ca und cb mit Pa parallel ziehen, wo dann die Linie Pa und
Pb die beiden geſuchten Seitenkräfte vorſtellen werden. Am ein-
fachſten wird es ſeyn, wenn man von all’ den Dreiecken Pca, die
man über der Baſis Pc errichten kann, ein bei a rechtwinkliges Dreieck
wählt, wo dann die beiden Seitenkräfte Pa und Pb ſelbſt auf
einander ſenkrecht ſtehen werden. Nennt man für dieſen Fall r
die mittlere, nach der Diagonale Pc des Rechtecks Pabc gerichtete
Kraft, und bezeichnet beide Seitenkräfte Pa durch x und Pb
durch y, ſo wie den Winkel aPc durch a, ſo hat man die drei
einfachen Ausdrücke
r2 = x2 + y2, x = rCosa und y = rSina
woraus man, wenn die Seitenkräfte x, y gegeben ſind, die mitt-
lere Kraft r und ihren Winkel a mit x, oder wenn die mittlere
Kraft r mit ihrem Winkel a gegeben iſt, die beiden unter ſich
ſenkrechten Seitenkräfte leicht, und ohne alle Mühe beſtimmen
wird.

Dieſe einfache Lehre von der Zuſammenſetzung und Zerlegung
der Kräfte iſt durch das ganze Gebiet der Mechanik von der
größten Wichtigkeit, ſo daß nur wenige Probleme dieſer Wiſſen-
ſchaft gefunden werden, in welchen man ſie nicht mit Nutzen an-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0199" n="187"/><fw place="top" type="header">Aberration der Fix&#x017F;terne.</fw><lb/>
&#x017F;o wird man auch die Wege und die Ge&#x017F;chwindigkeiten der Körper<lb/>
eben &#x017F;o zerlegen und zu&#x017F;ammen&#x017F;etzen können, wie wir dieß eben<lb/>
bei den Kräften &#x017F;elb&#x017F;t gethan haben. Ein Körper al&#x017F;o, der in<lb/>
der&#x017F;elben Zeit zugleich durch den Weg <hi rendition="#aq">Pa</hi> und durch den Weg <hi rendition="#aq">Pb</hi><lb/>
gehen &#x017F;oll, wird durch den Weg <hi rendition="#aq">Pc</hi> gehen; oder ein Körper, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit nach der Richtung <hi rendition="#aq">PA</hi> gleich <hi rendition="#aq">Pa</hi>, und nach der<lb/>
Richtung <hi rendition="#aq">PB</hi> gleich <hi rendition="#aq">Pb</hi> i&#x017F;t, wird eigentlich die Ge&#x017F;chwindigkeit<lb/><hi rendition="#aq">Pc</hi> nach der Richtung <hi rendition="#aq">PC</hi> haben.</p><lb/>
          <p>Da&#x017F;&#x017F;elbe Parallelogramm, durch de&#x017F;&#x017F;en Hilfe wir zwei Kräfte<lb/>
oder zwei Ge&#x017F;chwindigkeiten auf eine einzige, jenen beiden gleich-<lb/>
geltende, gebracht haben, wird uns auch dienen, jede einzelne ge-<lb/>
gebene Kraft oder Ge&#x017F;chwindigkeit <hi rendition="#aq">Pc</hi> auf zwei andere <hi rendition="#aq">Pa</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Pb</hi> zu bringen, die, beide zu&#x017F;ammengenommen, jener gegebenen ein-<lb/>
zelnen Kraft gleichgeltend &#x017F;ind. Wir werden zu die&#x017F;em Zwecke<lb/>
die gegebene Größe <hi rendition="#aq">ac</hi> als die Diagonale eines Parallelogramms<lb/>
an&#x017F;ehen, oder auf ihr, als Grundlinie, ein willkührliches Dreieck<lb/><hi rendition="#aq">Pca</hi> errichten, und auf der andern Seite von <hi rendition="#aq">Pc</hi> die Linie <hi rendition="#aq">Pb</hi><lb/>
mit <hi rendition="#aq">ca</hi> und <hi rendition="#aq">cb</hi> mit <hi rendition="#aq">Pa</hi> parallel ziehen, wo dann die Linie <hi rendition="#aq">Pa</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Pb</hi> die beiden ge&#x017F;uchten Seitenkräfte vor&#x017F;tellen werden. Am ein-<lb/>
fach&#x017F;ten wird es &#x017F;eyn, wenn man von all&#x2019; den Dreiecken <hi rendition="#aq">Pca</hi>, die<lb/>
man über der Ba&#x017F;is <hi rendition="#aq">Pc</hi> errichten kann, ein bei <hi rendition="#aq">a</hi> rechtwinkliges Dreieck<lb/>
wählt, wo dann die beiden Seitenkräfte <hi rendition="#aq">Pa</hi> und <hi rendition="#aq">Pb</hi> &#x017F;elb&#x017F;t auf<lb/>
einander &#x017F;enkrecht &#x017F;tehen werden. Nennt man für die&#x017F;en Fall <hi rendition="#aq">r</hi><lb/>
die mittlere, nach der Diagonale <hi rendition="#aq">Pc</hi> des Rechtecks <hi rendition="#aq">Pabc</hi> gerichtete<lb/>
Kraft, und bezeichnet beide Seitenkräfte <hi rendition="#aq">Pa</hi> durch <hi rendition="#aq">x</hi> und <hi rendition="#aq">Pb</hi><lb/>
durch <hi rendition="#aq">y</hi>, &#x017F;o wie den Winkel <hi rendition="#aq">aPc</hi> durch <hi rendition="#aq">a</hi>, &#x017F;o hat man die drei<lb/>
einfachen Ausdrücke<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">r</hi><hi rendition="#sup">2</hi> = <hi rendition="#aq">x</hi><hi rendition="#sup">2</hi> + <hi rendition="#aq">y</hi><hi rendition="#sup">2</hi>, <hi rendition="#aq">x = rCosa</hi> und <hi rendition="#aq">y = rSina</hi></hi><lb/>
woraus man, wenn die Seitenkräfte <hi rendition="#aq">x</hi>, <hi rendition="#aq">y</hi> gegeben &#x017F;ind, die mitt-<lb/>
lere Kraft <hi rendition="#aq">r</hi> und ihren Winkel <hi rendition="#aq">a</hi> mit <hi rendition="#aq">x</hi>, oder wenn die mittlere<lb/>
Kraft <hi rendition="#aq">r</hi> mit ihrem Winkel <hi rendition="#aq">a</hi> gegeben i&#x017F;t, die beiden unter &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;enkrechten Seitenkräfte leicht, und ohne alle Mühe be&#x017F;timmen<lb/>
wird.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e einfache Lehre von der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung und Zerlegung<lb/>
der Kräfte i&#x017F;t durch das ganze Gebiet der Mechanik von der<lb/>
größten Wichtigkeit, &#x017F;o daß nur wenige Probleme die&#x017F;er Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft gefunden werden, in welchen man &#x017F;ie nicht mit Nutzen an-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0199] Aberration der Fixſterne. ſo wird man auch die Wege und die Geſchwindigkeiten der Körper eben ſo zerlegen und zuſammenſetzen können, wie wir dieß eben bei den Kräften ſelbſt gethan haben. Ein Körper alſo, der in derſelben Zeit zugleich durch den Weg Pa und durch den Weg Pb gehen ſoll, wird durch den Weg Pc gehen; oder ein Körper, deſſen Geſchwindigkeit nach der Richtung PA gleich Pa, und nach der Richtung PB gleich Pb iſt, wird eigentlich die Geſchwindigkeit Pc nach der Richtung PC haben. Daſſelbe Parallelogramm, durch deſſen Hilfe wir zwei Kräfte oder zwei Geſchwindigkeiten auf eine einzige, jenen beiden gleich- geltende, gebracht haben, wird uns auch dienen, jede einzelne ge- gebene Kraft oder Geſchwindigkeit Pc auf zwei andere Pa und Pb zu bringen, die, beide zuſammengenommen, jener gegebenen ein- zelnen Kraft gleichgeltend ſind. Wir werden zu dieſem Zwecke die gegebene Größe ac als die Diagonale eines Parallelogramms anſehen, oder auf ihr, als Grundlinie, ein willkührliches Dreieck Pca errichten, und auf der andern Seite von Pc die Linie Pb mit ca und cb mit Pa parallel ziehen, wo dann die Linie Pa und Pb die beiden geſuchten Seitenkräfte vorſtellen werden. Am ein- fachſten wird es ſeyn, wenn man von all’ den Dreiecken Pca, die man über der Baſis Pc errichten kann, ein bei a rechtwinkliges Dreieck wählt, wo dann die beiden Seitenkräfte Pa und Pb ſelbſt auf einander ſenkrecht ſtehen werden. Nennt man für dieſen Fall r die mittlere, nach der Diagonale Pc des Rechtecks Pabc gerichtete Kraft, und bezeichnet beide Seitenkräfte Pa durch x und Pb durch y, ſo wie den Winkel aPc durch a, ſo hat man die drei einfachen Ausdrücke r2 = x2 + y2, x = rCosa und y = rSina woraus man, wenn die Seitenkräfte x, y gegeben ſind, die mitt- lere Kraft r und ihren Winkel a mit x, oder wenn die mittlere Kraft r mit ihrem Winkel a gegeben iſt, die beiden unter ſich ſenkrechten Seitenkräfte leicht, und ohne alle Mühe beſtimmen wird. Dieſe einfache Lehre von der Zuſammenſetzung und Zerlegung der Kräfte iſt durch das ganze Gebiet der Mechanik von der größten Wichtigkeit, ſo daß nur wenige Probleme dieſer Wiſſen- ſchaft gefunden werden, in welchen man ſie nicht mit Nutzen an-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/199
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/199>, abgerufen am 21.11.2024.