Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Mond d. Erde u. die Satelliten d. übrig. Planeten.
trifft, von dieser auf den Mond reflectirt und endlich von dem
Monde wieder auf die Erde zurückgeworfen wird, und uns so
die dunkle Seite des Mondes sichtbar macht.

§. 166. (Tägliche Bewegung oder Rotation des Mondes.)
Die oben (§. 162) angegebenen Revolutionen des Mondes um die
Erde, welche wir auch Mondsmonate heißen, könnte man, ana-
log mit der Erde, auch die jährliche Bewegung des Mondes
nennen. Außer ihr bemerkt man aber auch an dem Monde eine
Rotation um seine eigene Axe, die man dann, wie dort bey der
Erde, die tägliche Bewegung des Mondes beißen könnte.

Bey der Erde ist die jährliche Bewegung von der täglichen
sehr verschieden, da jene mehr als 365 mal länger dauert, als
diese. Nicht so ist es bey dem Monde, wo beide Bewegungen,
die jährliche um die Erde, und die tägliche um sich selbst, voll-
kommen gleich sind.

Wenn man nämlich die, bekanntlich mit mehreren Flecken
bedeckte, Oberfläche des Mondes etwas genauer betrachtet, so fin-
det man, daß sie immer dieselbe Stelle der Mondsscheibe
einnehmen, und daß z. B. diejenigen Flecken, welche man in dem
Mittelpunkte dieser Scheibe, oder an dem östlichen Rande des-
selben, sieht, diesen Mittelpunkt oder diesen Rand nie verlassen,
mit anderen Worten, daß uns der Mond immer dieselbe Seite
zuwendet. In der That hat auch noch kein Menschenauge die
andere Seite des Mondes gesehen, die von der Erde abgewendet
ist, und ewig von ihr abgewendet bleiben wird, gleichsam als
wenn die feste Masse des Mondes durch eine Stange, die durch
den Mittelpunkt der Erde und des Mondes geht, mit uns un-
veränderlich verbunden wäre, und an dieser Stange in jedem
Monate um uns herum geführt würde.

Diese Sonderbarkeit in der Bewegung des Mondes, die wir
auch bey den Monden aller übrigen Planeten wieder finden wer-
den, hat zu einem langen und heftigen Streite unter den Ge-
lehrten Anlaß gegeben. Newton war es, der jene Erscheinung
zuerst durch folgende Worte ausdrückte: "Der Mond zeigt uns
"immer dieselbe Seite, also dreht er sich um seine Axe." An-
dere Astronomen wollten daraus gerade das Gegentheil schließen,

Der Mond d. Erde u. die Satelliten d. übrig. Planeten.
trifft, von dieſer auf den Mond reflectirt und endlich von dem
Monde wieder auf die Erde zurückgeworfen wird, und uns ſo
die dunkle Seite des Mondes ſichtbar macht.

§. 166. (Tägliche Bewegung oder Rotation des Mondes.)
Die oben (§. 162) angegebenen Revolutionen des Mondes um die
Erde, welche wir auch Mondsmonate heißen, könnte man, ana-
log mit der Erde, auch die jährliche Bewegung des Mondes
nennen. Außer ihr bemerkt man aber auch an dem Monde eine
Rotation um ſeine eigene Axe, die man dann, wie dort bey der
Erde, die tägliche Bewegung des Mondes beißen könnte.

Bey der Erde iſt die jährliche Bewegung von der täglichen
ſehr verſchieden, da jene mehr als 365 mal länger dauert, als
dieſe. Nicht ſo iſt es bey dem Monde, wo beide Bewegungen,
die jährliche um die Erde, und die tägliche um ſich ſelbſt, voll-
kommen gleich ſind.

Wenn man nämlich die, bekanntlich mit mehreren Flecken
bedeckte, Oberfläche des Mondes etwas genauer betrachtet, ſo fin-
det man, daß ſie immer dieſelbe Stelle der Mondsſcheibe
einnehmen, und daß z. B. diejenigen Flecken, welche man in dem
Mittelpunkte dieſer Scheibe, oder an dem öſtlichen Rande deſ-
ſelben, ſieht, dieſen Mittelpunkt oder dieſen Rand nie verlaſſen,
mit anderen Worten, daß uns der Mond immer dieſelbe Seite
zuwendet. In der That hat auch noch kein Menſchenauge die
andere Seite des Mondes geſehen, die von der Erde abgewendet
iſt, und ewig von ihr abgewendet bleiben wird, gleichſam als
wenn die feſte Maſſe des Mondes durch eine Stange, die durch
den Mittelpunkt der Erde und des Mondes geht, mit uns un-
veränderlich verbunden wäre, und an dieſer Stange in jedem
Monate um uns herum geführt würde.

Dieſe Sonderbarkeit in der Bewegung des Mondes, die wir
auch bey den Monden aller übrigen Planeten wieder finden wer-
den, hat zu einem langen und heftigen Streite unter den Ge-
lehrten Anlaß gegeben. Newton war es, der jene Erſcheinung
zuerſt durch folgende Worte ausdrückte: „Der Mond zeigt uns
„immer dieſelbe Seite, alſo dreht er ſich um ſeine Axe.“ An-
dere Aſtronomen wollten daraus gerade das Gegentheil ſchließen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0338" n="326"/><fw place="top" type="header">Der Mond d. Erde u. die Satelliten d. übrig. Planeten.</fw><lb/>
trifft, von die&#x017F;er auf den Mond reflectirt und endlich von dem<lb/>
Monde wieder auf die Erde zurückgeworfen wird, und uns &#x017F;o<lb/>
die dunkle Seite des Mondes &#x017F;ichtbar macht.</p><lb/>
          <p>§. 166. (Tägliche Bewegung oder Rotation des Mondes.)<lb/>
Die oben (§. 162) angegebenen Revolutionen des Mondes um die<lb/>
Erde, welche wir auch Mondsmonate heißen, könnte man, ana-<lb/>
log mit der Erde, auch die jährliche Bewegung des Mondes<lb/>
nennen. Außer ihr bemerkt man aber auch an dem Monde eine<lb/>
Rotation um &#x017F;eine eigene Axe, die man dann, wie dort bey der<lb/>
Erde, die tägliche Bewegung des Mondes beißen könnte.</p><lb/>
          <p>Bey der Erde i&#x017F;t die jährliche Bewegung von der täglichen<lb/>
&#x017F;ehr ver&#x017F;chieden, da jene mehr als 365 mal länger dauert, als<lb/>
die&#x017F;e. Nicht &#x017F;o i&#x017F;t es bey dem Monde, wo beide Bewegungen,<lb/>
die jährliche um die Erde, und die tägliche um &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, voll-<lb/>
kommen gleich &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Wenn man nämlich die, bekanntlich mit mehreren Flecken<lb/>
bedeckte, Oberfläche des Mondes etwas genauer betrachtet, &#x017F;o fin-<lb/>
det man, daß &#x017F;ie <hi rendition="#g">immer die&#x017F;elbe</hi> Stelle der Monds&#x017F;cheibe<lb/>
einnehmen, und daß z. B. diejenigen Flecken, welche man in dem<lb/>
Mittelpunkte die&#x017F;er Scheibe, oder an dem ö&#x017F;tlichen Rande de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben, &#x017F;ieht, die&#x017F;en Mittelpunkt oder die&#x017F;en Rand nie verla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
mit anderen Worten, daß uns der Mond immer die&#x017F;elbe Seite<lb/>
zuwendet. In der That hat auch noch kein Men&#x017F;chenauge die<lb/>
andere Seite des Mondes ge&#x017F;ehen, die von der Erde abgewendet<lb/>
i&#x017F;t, und ewig von ihr abgewendet bleiben wird, gleich&#x017F;am als<lb/>
wenn die fe&#x017F;te Ma&#x017F;&#x017F;e des Mondes durch eine Stange, die durch<lb/>
den Mittelpunkt der Erde und des Mondes geht, mit uns un-<lb/>
veränderlich verbunden wäre, und an die&#x017F;er Stange in jedem<lb/>
Monate um uns herum geführt würde.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Sonderbarkeit in der Bewegung des Mondes, die wir<lb/>
auch bey den Monden aller übrigen Planeten wieder finden wer-<lb/>
den, hat zu einem langen und heftigen Streite unter den Ge-<lb/>
lehrten Anlaß gegeben. Newton war es, der jene Er&#x017F;cheinung<lb/>
zuer&#x017F;t durch folgende Worte ausdrückte: &#x201E;Der Mond zeigt uns<lb/>
&#x201E;immer die&#x017F;elbe Seite, al&#x017F;o dreht er &#x017F;ich um &#x017F;eine Axe.&#x201C; An-<lb/>
dere A&#x017F;tronomen wollten daraus gerade das Gegentheil &#x017F;chließen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0338] Der Mond d. Erde u. die Satelliten d. übrig. Planeten. trifft, von dieſer auf den Mond reflectirt und endlich von dem Monde wieder auf die Erde zurückgeworfen wird, und uns ſo die dunkle Seite des Mondes ſichtbar macht. §. 166. (Tägliche Bewegung oder Rotation des Mondes.) Die oben (§. 162) angegebenen Revolutionen des Mondes um die Erde, welche wir auch Mondsmonate heißen, könnte man, ana- log mit der Erde, auch die jährliche Bewegung des Mondes nennen. Außer ihr bemerkt man aber auch an dem Monde eine Rotation um ſeine eigene Axe, die man dann, wie dort bey der Erde, die tägliche Bewegung des Mondes beißen könnte. Bey der Erde iſt die jährliche Bewegung von der täglichen ſehr verſchieden, da jene mehr als 365 mal länger dauert, als dieſe. Nicht ſo iſt es bey dem Monde, wo beide Bewegungen, die jährliche um die Erde, und die tägliche um ſich ſelbſt, voll- kommen gleich ſind. Wenn man nämlich die, bekanntlich mit mehreren Flecken bedeckte, Oberfläche des Mondes etwas genauer betrachtet, ſo fin- det man, daß ſie immer dieſelbe Stelle der Mondsſcheibe einnehmen, und daß z. B. diejenigen Flecken, welche man in dem Mittelpunkte dieſer Scheibe, oder an dem öſtlichen Rande deſ- ſelben, ſieht, dieſen Mittelpunkt oder dieſen Rand nie verlaſſen, mit anderen Worten, daß uns der Mond immer dieſelbe Seite zuwendet. In der That hat auch noch kein Menſchenauge die andere Seite des Mondes geſehen, die von der Erde abgewendet iſt, und ewig von ihr abgewendet bleiben wird, gleichſam als wenn die feſte Maſſe des Mondes durch eine Stange, die durch den Mittelpunkt der Erde und des Mondes geht, mit uns un- veränderlich verbunden wäre, und an dieſer Stange in jedem Monate um uns herum geführt würde. Dieſe Sonderbarkeit in der Bewegung des Mondes, die wir auch bey den Monden aller übrigen Planeten wieder finden wer- den, hat zu einem langen und heftigen Streite unter den Ge- lehrten Anlaß gegeben. Newton war es, der jene Erſcheinung zuerſt durch folgende Worte ausdrückte: „Der Mond zeigt uns „immer dieſelbe Seite, alſo dreht er ſich um ſeine Axe.“ An- dere Aſtronomen wollten daraus gerade das Gegentheil ſchließen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/338
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/338>, abgerufen am 22.11.2024.