sondern auch ganz unausführbar ist und daß es daher besser seyn wird, uns noch ein Weilchen hier unten zu begnügen und aus diesem Thal der Thränen, das wir bewohnen, jene Gefilde der Freude mit sehnsuchtsvollen Augen, oder was noch besser seyn möchte, mit guten Fernröhren anzuschauen.
§. 128. (Vortheile, die uns die Entfernung des Mondes zu der bessern Kenntniß desselben gewährt.) Dieser Umstand, daß wir uns immer in einer artigen Entfernung von dem Monde halten müssen, wird uns allerdings manche einzelne Merkwürdigkeit des- selben verbergen und wir dürfen nicht hoffen, die Oberfläche des- selben so gut kennen zu lernen, als dieß wohl geschehen könnte, wenn wir auf ihr herumgehen und jeden einzelnen Theil derselben mit dem Microscope untersuchen könnten. Aber derselbe Umstand hat auch wieder, wie alle Dinge in dieser besten Welt, seine gute und sehr schätzenswerthe Seite. Wegen dieser Entfernung lernen wir den Mond im Großen viel besser kennen, als wir ihn in einer größern Nähe sehen würden und wir sehen vielleicht manches von den Eigenschaften desselben auf den ersten Blick, von dem die Leute im Monde, wenn sie anders existiren, selbst nichts wissen. Unsere Urtheile, und so wahrscheinlich auch die der Mondsbe- wohner, hängen von den Umständen, von unseren Stellungen zu den Gegenständen ab, über die wir urtheilen. Was uns zu nahe ist, können wir eben so wenig deutlich sehen, als was zu weit von uns absteht, und so, wie wir gewöhnlich unter allen Menschen uns selbst am wenigsten kennen, weil wir uns selbst zu nahe stehen, so mögen auch die Seleniten unsere Erde viel besser kennen, als wir selbst, weil sie uns auch zu nahe steht.
§. 129. (Wie dem Monde die Erde erscheint.) Wir haben bereits oben (I. S. 324) von den Lichtabwechslungen gesprochen, welche die Erde dem Monde zeigt und die ganz denjenigen ähnlich sind, welche wir selbst an dem Monde bemerken, nur mit dem Umstande, daß jene den Mondsbewohnern in einem viel größeren Maaßstabe erscheinen, da ihnen die Erdscheibe dreizehnmal größer vorkömmt, als uns die Scheibe des Mondes. Wenn wir Neu- mond haben und daher nur die dunkle Seite des Mondes, also eigentlich den Mond gar nicht sehen, weil er in A (I. Fig. 26)
Der Mond.
ſondern auch ganz unausführbar iſt und daß es daher beſſer ſeyn wird, uns noch ein Weilchen hier unten zu begnügen und aus dieſem Thal der Thränen, das wir bewohnen, jene Gefilde der Freude mit ſehnſuchtsvollen Augen, oder was noch beſſer ſeyn möchte, mit guten Fernröhren anzuſchauen.
§. 128. (Vortheile, die uns die Entfernung des Mondes zu der beſſern Kenntniß deſſelben gewährt.) Dieſer Umſtand, daß wir uns immer in einer artigen Entfernung von dem Monde halten müſſen, wird uns allerdings manche einzelne Merkwürdigkeit des- ſelben verbergen und wir dürfen nicht hoffen, die Oberfläche des- ſelben ſo gut kennen zu lernen, als dieß wohl geſchehen könnte, wenn wir auf ihr herumgehen und jeden einzelnen Theil derſelben mit dem Microſcope unterſuchen könnten. Aber derſelbe Umſtand hat auch wieder, wie alle Dinge in dieſer beſten Welt, ſeine gute und ſehr ſchätzenswerthe Seite. Wegen dieſer Entfernung lernen wir den Mond im Großen viel beſſer kennen, als wir ihn in einer größern Nähe ſehen würden und wir ſehen vielleicht manches von den Eigenſchaften deſſelben auf den erſten Blick, von dem die Leute im Monde, wenn ſie anders exiſtiren, ſelbſt nichts wiſſen. Unſere Urtheile, und ſo wahrſcheinlich auch die der Mondsbe- wohner, hängen von den Umſtänden, von unſeren Stellungen zu den Gegenſtänden ab, über die wir urtheilen. Was uns zu nahe iſt, können wir eben ſo wenig deutlich ſehen, als was zu weit von uns abſteht, und ſo, wie wir gewöhnlich unter allen Menſchen uns ſelbſt am wenigſten kennen, weil wir uns ſelbſt zu nahe ſtehen, ſo mögen auch die Seleniten unſere Erde viel beſſer kennen, als wir ſelbſt, weil ſie uns auch zu nahe ſteht.
§. 129. (Wie dem Monde die Erde erſcheint.) Wir haben bereits oben (I. S. 324) von den Lichtabwechslungen geſprochen, welche die Erde dem Monde zeigt und die ganz denjenigen ähnlich ſind, welche wir ſelbſt an dem Monde bemerken, nur mit dem Umſtande, daß jene den Mondsbewohnern in einem viel größeren Maaßſtabe erſcheinen, da ihnen die Erdſcheibe dreizehnmal größer vorkömmt, als uns die Scheibe des Mondes. Wenn wir Neu- mond haben und daher nur die dunkle Seite des Mondes, alſo eigentlich den Mond gar nicht ſehen, weil er in A (I. Fig. 26)
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Der Mond.
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wird, uns noch ein Weilchen hier unten zu begnügen und aus
dieſem Thal der Thränen, das wir bewohnen, jene Gefilde der
Freude mit ſehnſuchtsvollen Augen, oder was noch beſſer ſeyn
möchte, mit guten Fernröhren anzuſchauen.
§. 128. (Vortheile, die uns die Entfernung des Mondes zu
der beſſern Kenntniß deſſelben gewährt.) Dieſer Umſtand, daß wir
uns immer in einer artigen Entfernung von dem Monde halten
müſſen, wird uns allerdings manche einzelne Merkwürdigkeit des-
ſelben verbergen und wir dürfen nicht hoffen, die Oberfläche des-
ſelben ſo gut kennen zu lernen, als dieß wohl geſchehen könnte,
wenn wir auf ihr herumgehen und jeden einzelnen Theil derſelben
mit dem Microſcope unterſuchen könnten. Aber derſelbe Umſtand
hat auch wieder, wie alle Dinge in dieſer beſten Welt, ſeine gute
und ſehr ſchätzenswerthe Seite. Wegen dieſer Entfernung lernen
wir den Mond im Großen viel beſſer kennen, als wir ihn in
einer größern Nähe ſehen würden und wir ſehen vielleicht manches
von den Eigenſchaften deſſelben auf den erſten Blick, von dem die
Leute im Monde, wenn ſie anders exiſtiren, ſelbſt nichts wiſſen.
Unſere Urtheile, und ſo wahrſcheinlich auch die der Mondsbe-
wohner, hängen von den Umſtänden, von unſeren Stellungen zu
den Gegenſtänden ab, über die wir urtheilen. Was uns zu nahe
iſt, können wir eben ſo wenig deutlich ſehen, als was zu weit von
uns abſteht, und ſo, wie wir gewöhnlich unter allen Menſchen
uns ſelbſt am wenigſten kennen, weil wir uns ſelbſt zu nahe
ſtehen, ſo mögen auch die Seleniten unſere Erde viel beſſer kennen,
als wir ſelbſt, weil ſie uns auch zu nahe ſteht.
§. 129. (Wie dem Monde die Erde erſcheint.) Wir haben
bereits oben (I. S. 324) von den Lichtabwechslungen geſprochen,
welche die Erde dem Monde zeigt und die ganz denjenigen ähnlich
ſind, welche wir ſelbſt an dem Monde bemerken, nur mit dem
Umſtande, daß jene den Mondsbewohnern in einem viel größeren
Maaßſtabe erſcheinen, da ihnen die Erdſcheibe dreizehnmal größer
vorkömmt, als uns die Scheibe des Mondes. Wenn wir Neu-
mond haben und daher nur die dunkle Seite des Mondes, alſo
eigentlich den Mond gar nicht ſehen, weil er in A (I. Fig. 26)
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/190>, abgerufen am 16.02.2025.
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