Halley, Newtons Zeitgenosse und Freund, war der erste, der die neue Lehre aufnahm und sie insbesondere zur weitern Aus- bildung der Kometentheorie zu benützen suchte. Seine Absicht ging anfangs nur dahin, die bis zu seiner Zeit eigentlich astro- nomisch beobachteten Kometen nach Newtons Vorschriften zu be- rechnen, und dadurch die Richtigkeit dieser Vorschriften zu erweisen. Zu diesem Zwecke berechnete er anfangs 24 Kometenerscheinungen, und da unter diesen auch jene von den Jahren 1531 und 1607 waren, so erkannte er, durch die Aehnlichkeit der Elemente derselben mit der gegenwärtigen von 1682, sofort die Identität dieser drei Kometen. Bisher hatte er alle diese Kometen nur in der abge- kürzten, parabolischen Theorie berechnet, die auch in der That binreichte, die Orte derselben mit den Beobachtungen überein- stimmend darzustellen. Da er aber in den Erscheinungen der drei letztgenannten Jahre eine Periode von nahe 75 Jahren erkannte, so legte er, in einer zweiten Berechnung, denselben die elliptische Hypothese zu Grunde, und fand dadurch seine frühere Bemerkung der Identität dieser drei Kometen vollkommen bestätiget. Anfangs zwar wäre er bald an der bereits erkannten Wahrheit wieder irre geworden, da er diese Periode zwischen den verschiedenen Er- scheinungen nicht gleich groß bemerkte. So fand er die Zwischen- zeit von den Durchgängen des Kometen durch sein Perihel in den Jahren 1531 und 1607 nur 27352 Tage, während diese Zeit für die Jahre 1607 und 1682 volle 27937 Tage, also 585 Tage mehr betrug, als zuvor. Aber er war scharfsinnig genug, zu finden, daß die ungemeine Nähe, in welcher der Komet bei den zwei großen Planeten Jupiter und Saturn vorübergeht, die Ursache dieser Verschiedenheit gewesen ist, und daß daher die früher vermuthete Identität dadurch nicht aufgehoben werden könne. Ueberdieß fand er in den Jahren 1456, 1380 und 1305, also nahe immer in der- selben Zwischenzeit von 75 oder 76 Jahren noch drei andere Er- scheinungen, die er zwar, aus Mangel eigentlicher astronomischer Beobachtungen, der strengen Rechnung nicht unterwerfen konnte, die aber, den von ihm gesammelten Nachrichten der Geschichtschreiber jener Zeiten zufolge, immer noch sehr gut zu seiner Hypothese paßten und dieselbe noch weiter zu bestätigen schienen. Er wurde
Kometen.
Halley, Newtons Zeitgenoſſe und Freund, war der erſte, der die neue Lehre aufnahm und ſie insbeſondere zur weitern Aus- bildung der Kometentheorie zu benützen ſuchte. Seine Abſicht ging anfangs nur dahin, die bis zu ſeiner Zeit eigentlich aſtro- nomiſch beobachteten Kometen nach Newtons Vorſchriften zu be- rechnen, und dadurch die Richtigkeit dieſer Vorſchriften zu erweiſen. Zu dieſem Zwecke berechnete er anfangs 24 Kometenerſcheinungen, und da unter dieſen auch jene von den Jahren 1531 und 1607 waren, ſo erkannte er, durch die Aehnlichkeit der Elemente derſelben mit der gegenwärtigen von 1682, ſofort die Identität dieſer drei Kometen. Bisher hatte er alle dieſe Kometen nur in der abge- kürzten, paraboliſchen Theorie berechnet, die auch in der That binreichte, die Orte derſelben mit den Beobachtungen überein- ſtimmend darzuſtellen. Da er aber in den Erſcheinungen der drei letztgenannten Jahre eine Periode von nahe 75 Jahren erkannte, ſo legte er, in einer zweiten Berechnung, denſelben die elliptiſche Hypotheſe zu Grunde, und fand dadurch ſeine frühere Bemerkung der Identität dieſer drei Kometen vollkommen beſtätiget. Anfangs zwar wäre er bald an der bereits erkannten Wahrheit wieder irre geworden, da er dieſe Periode zwiſchen den verſchiedenen Er- ſcheinungen nicht gleich groß bemerkte. So fand er die Zwiſchen- zeit von den Durchgängen des Kometen durch ſein Perihel in den Jahren 1531 und 1607 nur 27352 Tage, während dieſe Zeit für die Jahre 1607 und 1682 volle 27937 Tage, alſo 585 Tage mehr betrug, als zuvor. Aber er war ſcharfſinnig genug, zu finden, daß die ungemeine Nähe, in welcher der Komet bei den zwei großen Planeten Jupiter und Saturn vorübergeht, die Urſache dieſer Verſchiedenheit geweſen iſt, und daß daher die früher vermuthete Identität dadurch nicht aufgehoben werden könne. Ueberdieß fand er in den Jahren 1456, 1380 und 1305, alſo nahe immer in der- ſelben Zwiſchenzeit von 75 oder 76 Jahren noch drei andere Er- ſcheinungen, die er zwar, aus Mangel eigentlicher aſtronomiſcher Beobachtungen, der ſtrengen Rechnung nicht unterwerfen konnte, die aber, den von ihm geſammelten Nachrichten der Geſchichtſchreiber jener Zeiten zufolge, immer noch ſehr gut zu ſeiner Hypotheſe paßten und dieſelbe noch weiter zu beſtätigen ſchienen. Er wurde
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0274"n="264"/><fwplace="top"type="header">Kometen.</fw><lb/><p>Halley, Newtons Zeitgenoſſe und Freund, war der erſte, der<lb/>
die neue Lehre aufnahm und ſie insbeſondere zur weitern Aus-<lb/>
bildung der Kometentheorie zu benützen ſuchte. Seine Abſicht<lb/>
ging anfangs nur dahin, die bis zu ſeiner Zeit eigentlich aſtro-<lb/>
nomiſch beobachteten Kometen nach Newtons Vorſchriften zu be-<lb/>
rechnen, und dadurch die Richtigkeit dieſer Vorſchriften zu erweiſen.<lb/>
Zu dieſem Zwecke berechnete er anfangs 24 Kometenerſcheinungen,<lb/>
und da unter dieſen auch jene von den Jahren 1531 und 1607<lb/>
waren, ſo erkannte er, durch die Aehnlichkeit der Elemente derſelben<lb/>
mit der gegenwärtigen von 1682, ſofort die Identität dieſer drei<lb/>
Kometen. Bisher hatte er alle dieſe Kometen nur in der abge-<lb/>
kürzten, paraboliſchen Theorie berechnet, die auch in der That<lb/>
binreichte, die Orte derſelben mit den Beobachtungen überein-<lb/>ſtimmend darzuſtellen. Da er aber in den Erſcheinungen der drei<lb/>
letztgenannten Jahre eine Periode von nahe 75 Jahren erkannte,<lb/>ſo legte er, in einer zweiten Berechnung, denſelben die elliptiſche<lb/>
Hypotheſe zu Grunde, und fand dadurch ſeine frühere Bemerkung<lb/>
der Identität dieſer drei Kometen vollkommen beſtätiget. Anfangs<lb/>
zwar wäre er bald an der bereits erkannten Wahrheit wieder<lb/>
irre geworden, da er dieſe Periode zwiſchen den verſchiedenen Er-<lb/>ſcheinungen nicht gleich groß bemerkte. So fand er die Zwiſchen-<lb/>
zeit von den Durchgängen des Kometen durch ſein Perihel in den<lb/>
Jahren 1531 und 1607 nur 27352 Tage, während dieſe Zeit für<lb/>
die Jahre 1607 und 1682 volle 27937 Tage, alſo 585 Tage mehr<lb/>
betrug, als zuvor. Aber er war ſcharfſinnig genug, zu finden,<lb/>
daß die ungemeine Nähe, in welcher der Komet bei den zwei<lb/>
großen Planeten Jupiter und Saturn vorübergeht, die Urſache dieſer<lb/>
Verſchiedenheit geweſen iſt, und daß daher die früher vermuthete<lb/>
Identität dadurch nicht aufgehoben werden könne. Ueberdieß fand<lb/>
er in den Jahren 1456, 1380 und 1305, alſo nahe immer in der-<lb/>ſelben Zwiſchenzeit von 75 oder 76 Jahren noch drei andere Er-<lb/>ſcheinungen, die er zwar, aus Mangel eigentlicher aſtronomiſcher<lb/>
Beobachtungen, der ſtrengen Rechnung nicht unterwerfen konnte,<lb/>
die aber, den von ihm geſammelten Nachrichten der Geſchichtſchreiber<lb/>
jener Zeiten zufolge, immer noch ſehr gut zu ſeiner Hypotheſe<lb/>
paßten und dieſelbe noch weiter zu beſtätigen ſchienen. Er wurde<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[264/0274]
Kometen.
Halley, Newtons Zeitgenoſſe und Freund, war der erſte, der
die neue Lehre aufnahm und ſie insbeſondere zur weitern Aus-
bildung der Kometentheorie zu benützen ſuchte. Seine Abſicht
ging anfangs nur dahin, die bis zu ſeiner Zeit eigentlich aſtro-
nomiſch beobachteten Kometen nach Newtons Vorſchriften zu be-
rechnen, und dadurch die Richtigkeit dieſer Vorſchriften zu erweiſen.
Zu dieſem Zwecke berechnete er anfangs 24 Kometenerſcheinungen,
und da unter dieſen auch jene von den Jahren 1531 und 1607
waren, ſo erkannte er, durch die Aehnlichkeit der Elemente derſelben
mit der gegenwärtigen von 1682, ſofort die Identität dieſer drei
Kometen. Bisher hatte er alle dieſe Kometen nur in der abge-
kürzten, paraboliſchen Theorie berechnet, die auch in der That
binreichte, die Orte derſelben mit den Beobachtungen überein-
ſtimmend darzuſtellen. Da er aber in den Erſcheinungen der drei
letztgenannten Jahre eine Periode von nahe 75 Jahren erkannte,
ſo legte er, in einer zweiten Berechnung, denſelben die elliptiſche
Hypotheſe zu Grunde, und fand dadurch ſeine frühere Bemerkung
der Identität dieſer drei Kometen vollkommen beſtätiget. Anfangs
zwar wäre er bald an der bereits erkannten Wahrheit wieder
irre geworden, da er dieſe Periode zwiſchen den verſchiedenen Er-
ſcheinungen nicht gleich groß bemerkte. So fand er die Zwiſchen-
zeit von den Durchgängen des Kometen durch ſein Perihel in den
Jahren 1531 und 1607 nur 27352 Tage, während dieſe Zeit für
die Jahre 1607 und 1682 volle 27937 Tage, alſo 585 Tage mehr
betrug, als zuvor. Aber er war ſcharfſinnig genug, zu finden,
daß die ungemeine Nähe, in welcher der Komet bei den zwei
großen Planeten Jupiter und Saturn vorübergeht, die Urſache dieſer
Verſchiedenheit geweſen iſt, und daß daher die früher vermuthete
Identität dadurch nicht aufgehoben werden könne. Ueberdieß fand
er in den Jahren 1456, 1380 und 1305, alſo nahe immer in der-
ſelben Zwiſchenzeit von 75 oder 76 Jahren noch drei andere Er-
ſcheinungen, die er zwar, aus Mangel eigentlicher aſtronomiſcher
Beobachtungen, der ſtrengen Rechnung nicht unterwerfen konnte,
die aber, den von ihm geſammelten Nachrichten der Geſchichtſchreiber
jener Zeiten zufolge, immer noch ſehr gut zu ſeiner Hypotheſe
paßten und dieſelbe noch weiter zu beſtätigen ſchienen. Er wurde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/274>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.