unserem Gehöre noch mehrere Octaven umfassen. Welche Farben oder welche Empfindungen für höhere Gesichtsorgane mögen jen- seits dieser beiden Gränzen liegen?
Wärme.
§. 20. (Wichtigkeit und wohlthätige Folgen der Wärme.) Man sieht schon aus den vorhergehenden kurzen Zusammenstellungen der vorzüglichsten Eigenschaften des Lichtes, wie wichtig die Lehre von den mannigfaltigen Erscheinungen desselben für Jeden seyn muß, der die ihn umgebende Natur von einer ihrer schönsten und interessan- testen Seiten näher kennen lernen will. So groß aber auch das Geschenk seyn mag, welches wir dadurch der Sonne, dieser wah- ren Quelle alles Lichtes verdanken, so scheint doch ihr zweites, mit jenem nahe verwandtes Geschenk, das der Wärme, für uns noch viel größer und wichtiger zu seyn. Aus dieser zweiten Quelle fließt eine unabsehbare Reihe von Wohlthaten, die nicht bloß, wie jene, unser Leben verschönern und unsere Genüsse erhöhen, sondern die unser Daseyn erst möglich machen, da ohne sie die Existenz aller organischen Wesen ganz unmöglich seyn würde. Da es uns aber zu weit von unserem Gegenstande abführen würde, die Eigenschaften der Wärme, auch nur in der Kürze, mit welcher wir jene des Lichtes betrachtet haben, aufzuzählen, so wird eine bloße gedrängte historische Anzeige derselben genügen, diese Wohl- that, welche wir der Sonne verdanken, wenigstens einigermaßen nach ihrem wahren Werthe zu erkennen. Bei dieser Darstellung glaubten wir besonders der schönen Einleitung folgen zu müssen, die Lardner seinem vortrefflichen Treatise on Heat, London 1833, gegeben hat.
Die meisten organischen Wesen können, wenigstens einige Zeit durch, auch ohne Licht leben. Unzählige Operationen der Natur gehen eben so gut und thätig in dem Lichte, als in der Abwe- senheit desselben vor sich. Der Mangel desselben, wo er z. B. bei der Blindheit der Thiere als Krankheit eintritt, hindert die andern Functionen ihres Körpers keineswegs an ihrer Thätigkeit, und selbst die geistige Kraft des Menschen wird dadurch zuweilen sogar erhöht, wie wir bereits mehrere glänzende Beispiele von blinden Dichtern, wie Homer und Milton, und selbst von blinden
Die Sonne.
unſerem Gehöre noch mehrere Octaven umfaſſen. Welche Farben oder welche Empfindungen für höhere Geſichtsorgane mögen jen- ſeits dieſer beiden Gränzen liegen?
Waͤrme.
§. 20. (Wichtigkeit und wohlthätige Folgen der Wärme.) Man ſieht ſchon aus den vorhergehenden kurzen Zuſammenſtellungen der vorzüglichſten Eigenſchaften des Lichtes, wie wichtig die Lehre von den mannigfaltigen Erſcheinungen deſſelben für Jeden ſeyn muß, der die ihn umgebende Natur von einer ihrer ſchönſten und intereſſan- teſten Seiten näher kennen lernen will. So groß aber auch das Geſchenk ſeyn mag, welches wir dadurch der Sonne, dieſer wah- ren Quelle alles Lichtes verdanken, ſo ſcheint doch ihr zweites, mit jenem nahe verwandtes Geſchenk, das der Wärme, für uns noch viel größer und wichtiger zu ſeyn. Aus dieſer zweiten Quelle fließt eine unabſehbare Reihe von Wohlthaten, die nicht bloß, wie jene, unſer Leben verſchönern und unſere Genüſſe erhöhen, ſondern die unſer Daſeyn erſt möglich machen, da ohne ſie die Exiſtenz aller organiſchen Weſen ganz unmöglich ſeyn würde. Da es uns aber zu weit von unſerem Gegenſtande abführen würde, die Eigenſchaften der Wärme, auch nur in der Kürze, mit welcher wir jene des Lichtes betrachtet haben, aufzuzählen, ſo wird eine bloße gedrängte hiſtoriſche Anzeige derſelben genügen, dieſe Wohl- that, welche wir der Sonne verdanken, wenigſtens einigermaßen nach ihrem wahren Werthe zu erkennen. Bei dieſer Darſtellung glaubten wir beſonders der ſchönen Einleitung folgen zu müſſen, die Lardner ſeinem vortrefflichen Treatise on Heat, London 1833, gegeben hat.
Die meiſten organiſchen Weſen können, wenigſtens einige Zeit durch, auch ohne Licht leben. Unzählige Operationen der Natur gehen eben ſo gut und thätig in dem Lichte, als in der Abwe- ſenheit deſſelben vor ſich. Der Mangel deſſelben, wo er z. B. bei der Blindheit der Thiere als Krankheit eintritt, hindert die andern Functionen ihres Körpers keineswegs an ihrer Thätigkeit, und ſelbſt die geiſtige Kraft des Menſchen wird dadurch zuweilen ſogar erhöht, wie wir bereits mehrere glänzende Beiſpiele von blinden Dichtern, wie Homer und Milton, und ſelbſt von blinden
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Die Sonne.
unſerem Gehöre noch mehrere Octaven umfaſſen. Welche Farben
oder welche Empfindungen für höhere Geſichtsorgane mögen jen-
ſeits dieſer beiden Gränzen liegen?
Waͤrme.
§. 20. (Wichtigkeit und wohlthätige Folgen der Wärme.) Man
ſieht ſchon aus den vorhergehenden kurzen Zuſammenſtellungen der
vorzüglichſten Eigenſchaften des Lichtes, wie wichtig die Lehre von
den mannigfaltigen Erſcheinungen deſſelben für Jeden ſeyn muß, der
die ihn umgebende Natur von einer ihrer ſchönſten und intereſſan-
teſten Seiten näher kennen lernen will. So groß aber auch das
Geſchenk ſeyn mag, welches wir dadurch der Sonne, dieſer wah-
ren Quelle alles Lichtes verdanken, ſo ſcheint doch ihr zweites,
mit jenem nahe verwandtes Geſchenk, das der Wärme, für uns
noch viel größer und wichtiger zu ſeyn. Aus dieſer zweiten Quelle
fließt eine unabſehbare Reihe von Wohlthaten, die nicht bloß,
wie jene, unſer Leben verſchönern und unſere Genüſſe erhöhen,
ſondern die unſer Daſeyn erſt möglich machen, da ohne ſie die
Exiſtenz aller organiſchen Weſen ganz unmöglich ſeyn würde. Da
es uns aber zu weit von unſerem Gegenſtande abführen würde,
die Eigenſchaften der Wärme, auch nur in der Kürze, mit welcher
wir jene des Lichtes betrachtet haben, aufzuzählen, ſo wird eine
bloße gedrängte hiſtoriſche Anzeige derſelben genügen, dieſe Wohl-
that, welche wir der Sonne verdanken, wenigſtens einigermaßen
nach ihrem wahren Werthe zu erkennen. Bei dieſer Darſtellung
glaubten wir beſonders der ſchönen Einleitung folgen zu müſſen,
die Lardner ſeinem vortrefflichen Treatise on Heat, London
1833, gegeben hat.
Die meiſten organiſchen Weſen können, wenigſtens einige Zeit
durch, auch ohne Licht leben. Unzählige Operationen der Natur
gehen eben ſo gut und thätig in dem Lichte, als in der Abwe-
ſenheit deſſelben vor ſich. Der Mangel deſſelben, wo er z. B.
bei der Blindheit der Thiere als Krankheit eintritt, hindert die
andern Functionen ihres Körpers keineswegs an ihrer Thätigkeit,
und ſelbſt die geiſtige Kraft des Menſchen wird dadurch zuweilen
ſogar erhöht, wie wir bereits mehrere glänzende Beiſpiele von
blinden Dichtern, wie Homer und Milton, und ſelbſt von blinden
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/37>, abgerufen am 23.11.2024.
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