Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.Die Sonne. unser Arzt zugleich. In der brennenden Hitze des Sommers lech-zen wir unter ihrem Drucke, und in der starren Kälte des Win- ters schauern wir ob ihrem Mangel. Wenn sie sich in unserem eigenen Körper anhäuft, so vertrocknet unsere Zunge, und wir brennen im Fieber, -- und wenn sie uns zu schnell verläßt, so ächzen wir unter Erkühlungen und Rheumatismen und allen den zahllosen Leiden, die mit dem Gefolge dieser beiden Anführer aufzutreten pflegen. Wir sind aber auch ihre Meister. -- Denn wir zwingen sie, *) Zur Vergleichung verschiedener Geschwindigkeiten mögen fol-
gende Angaben der in einer Stunde zurückgelegten Wege, in deutschen Meilen ausgedrückt, dienen. Schnellsegelnde Schiffe . . . . . . . . . 4,0 Meilen. Die schnellsten Brieftauben . . . . . . . 5,7 " Heftige Stürme . . . . . . . . . . . . . 7,0 " Schnelle Dampfwagen . . . . . . . . . . 8,0 " Der Schall . . . . . . . . . . . . . . . 163 " Aequator der Erde in seiner täg- lichen Bewegung . . . . . . . . . . 227 " Mittelpunkt der Erde in seiner jährlichen Bewegung . . . . . . 14,800 " Das Licht . . . . . . . . . . . 151,000,000 " Die Sonne. unſer Arzt zugleich. In der brennenden Hitze des Sommers lech-zen wir unter ihrem Drucke, und in der ſtarren Kälte des Win- ters ſchauern wir ob ihrem Mangel. Wenn ſie ſich in unſerem eigenen Körper anhäuft, ſo vertrocknet unſere Zunge, und wir brennen im Fieber, — und wenn ſie uns zu ſchnell verläßt, ſo ächzen wir unter Erkühlungen und Rheumatismen und allen den zahlloſen Leiden, die mit dem Gefolge dieſer beiden Anführer aufzutreten pflegen. Wir ſind aber auch ihre Meiſter. — Denn wir zwingen ſie, *) Zur Vergleichung verſchiedener Geſchwindigkeiten mögen fol-
gende Angaben der in einer Stunde zurückgelegten Wege, in deutſchen Meilen ausgedrückt, dienen. Schnellſegelnde Schiffe . . . . . . . . . 4,0 Meilen. Die ſchnellſten Brieftauben . . . . . . . 5,7 „ Heftige Stürme . . . . . . . . . . . . . 7,0 „ Schnelle Dampfwagen . . . . . . . . . . 8,0 „ Der Schall . . . . . . . . . . . . . . . 163 „ Aequator der Erde in ſeiner täg- lichen Bewegung . . . . . . . . . . 227 „ Mittelpunkt der Erde in ſeiner jährlichen Bewegung . . . . . . 14,800 „ Das Licht . . . . . . . . . . . 151,000,000 „ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0041" n="31"/><fw place="top" type="header">Die Sonne.</fw><lb/> unſer Arzt zugleich. In der brennenden Hitze des Sommers lech-<lb/> zen wir unter ihrem Drucke, und in der ſtarren Kälte des Win-<lb/> ters ſchauern wir ob ihrem Mangel. Wenn ſie ſich in unſerem<lb/> eigenen Körper anhäuft, ſo vertrocknet unſere Zunge, und wir<lb/> brennen im Fieber, — und wenn ſie uns zu ſchnell verläßt, ſo<lb/> ächzen wir unter Erkühlungen und Rheumatismen und allen den<lb/> zahlloſen Leiden, die mit dem Gefolge dieſer beiden Anführer<lb/> aufzutreten pflegen.</p><lb/> <p>Wir ſind aber auch ihre Meiſter. — Denn wir zwingen ſie,<lb/> unſerem Willen zu gehorchen und unſere Zwecke zu befördern.<lb/> Mitten unter den Schnee- und Eis-Bergen der Pole muß ſie mit<lb/> uns in unſerer Stube wohnen, und ſelbſt außer derſelben darf ſie,<lb/> in undurchdringliche Kleider eingeſchloſſen, unſere Körper nicht<lb/> verlaſſen. Und dieſelben Kleider brauchen wir auch in der heißen<lb/> Zone, um ihren Andrang von uns abzuhalten. Wir entfernen ſie<lb/> aus dem Waſſer, um uns während der heißen Jahreszeit mit<lb/> Eis zu kühlen; und wir bringen ſie wieder in größerem Maaße<lb/> in das Waſſer zurück, um im Winter (durch in Nöhren geleitetes<lb/> heißes Waſſer) unſere Wohnungen zu erwärmen. Auf unſeren<lb/> Reiſen zur See iſt <hi rendition="#g">ſie</hi> es, die unſerem Schiffe (dem Dampf-<lb/> ſchiffe) Flügel gibt, und dadurch den Winden und den Wogen<lb/> trotzt. Auf unſeren Landfahrten aber ſpannen wir ſie ſtatt der<lb/> Pferde vor unſere (Dampf-) Wägen, und eilen damit dem ſchnell-<lb/> ſten Vogel und ſelbſt den Furien der Stürme vor <note place="foot" n="*)">Zur Vergleichung verſchiedener Geſchwindigkeiten mögen fol-<lb/> gende Angaben der in einer Stunde zurückgelegten Wege, in<lb/> deutſchen Meilen ausgedrückt, dienen.<lb/><list><item>Schnellſegelnde Schiffe . . . . . . . . . 4,<hi rendition="#sub">0</hi> Meilen.</item><lb/><item>Die ſchnellſten Brieftauben . . . . . . . 5,<hi rendition="#sub">7</hi> „</item><lb/><item>Heftige Stürme . . . . . . . . . . . . . 7,<hi rendition="#sub">0</hi> „</item><lb/><item>Schnelle Dampfwagen . . . . . . . . . . 8,<hi rendition="#sub">0</hi> „</item><lb/><item>Der Schall . . . . . . . . . . . . . . . 163 „</item><lb/><item>Aequator der Erde in ſeiner täg-<lb/> lichen Bewegung . . . . . . . . . . 227 „</item><lb/><item>Mittelpunkt der Erde in ſeiner<lb/> jährlichen Bewegung . . . . . . 14,800 „</item><lb/><item>Das Licht . . . . . . . . . . . 151,000,000 „</item></list></note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0041]
Die Sonne.
unſer Arzt zugleich. In der brennenden Hitze des Sommers lech-
zen wir unter ihrem Drucke, und in der ſtarren Kälte des Win-
ters ſchauern wir ob ihrem Mangel. Wenn ſie ſich in unſerem
eigenen Körper anhäuft, ſo vertrocknet unſere Zunge, und wir
brennen im Fieber, — und wenn ſie uns zu ſchnell verläßt, ſo
ächzen wir unter Erkühlungen und Rheumatismen und allen den
zahlloſen Leiden, die mit dem Gefolge dieſer beiden Anführer
aufzutreten pflegen.
Wir ſind aber auch ihre Meiſter. — Denn wir zwingen ſie,
unſerem Willen zu gehorchen und unſere Zwecke zu befördern.
Mitten unter den Schnee- und Eis-Bergen der Pole muß ſie mit
uns in unſerer Stube wohnen, und ſelbſt außer derſelben darf ſie,
in undurchdringliche Kleider eingeſchloſſen, unſere Körper nicht
verlaſſen. Und dieſelben Kleider brauchen wir auch in der heißen
Zone, um ihren Andrang von uns abzuhalten. Wir entfernen ſie
aus dem Waſſer, um uns während der heißen Jahreszeit mit
Eis zu kühlen; und wir bringen ſie wieder in größerem Maaße
in das Waſſer zurück, um im Winter (durch in Nöhren geleitetes
heißes Waſſer) unſere Wohnungen zu erwärmen. Auf unſeren
Reiſen zur See iſt ſie es, die unſerem Schiffe (dem Dampf-
ſchiffe) Flügel gibt, und dadurch den Winden und den Wogen
trotzt. Auf unſeren Landfahrten aber ſpannen wir ſie ſtatt der
Pferde vor unſere (Dampf-) Wägen, und eilen damit dem ſchnell-
ſten Vogel und ſelbſt den Furien der Stürme vor *).
*) Zur Vergleichung verſchiedener Geſchwindigkeiten mögen fol-
gende Angaben der in einer Stunde zurückgelegten Wege, in
deutſchen Meilen ausgedrückt, dienen.
Schnellſegelnde Schiffe . . . . . . . . . 4,0 Meilen.
Die ſchnellſten Brieftauben . . . . . . . 5,7 „
Heftige Stürme . . . . . . . . . . . . . 7,0 „
Schnelle Dampfwagen . . . . . . . . . . 8,0 „
Der Schall . . . . . . . . . . . . . . . 163 „
Aequator der Erde in ſeiner täg-
lichen Bewegung . . . . . . . . . . 227 „
Mittelpunkt der Erde in ſeiner
jährlichen Bewegung . . . . . . 14,800 „
Das Licht . . . . . . . . . . . 151,000,000 „
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