Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
angenommen wird, so daß also seine Abplattung nur den tausend-
sten Theil dieser Axe beträgt.

§. 120. (Der Mond in Verbindung mit Kometen.) Wenn
der Mond je einem Kometen nahe gekommen ist, was seit der
undenklichen Zeit seiner Existenz wohl geschehen seyn mag, so
muß doch die Masse eines solchen Kometen ungemein gering ge-
wesen seyn. Denn wenn sie auch nur den hunderttausendsten Theil
der Erdmasse betragen hätte, so würde ein Zusammentreffen dieser
beiden Körper, wie die Rechnung zeigt, die wahren Librationen des
Mondes schon so groß gemacht haben, daß sie unsern Beobach-
tungen nicht mehr hätten entgehen können. -- Aber vielleicht war
der Mond selbst einmal ein Komet, der in der grauesten Vorzeit
der Erde nahe gekommen ist, und nun, von ihr festgehalten, sie
auf ihrer Bahn um die Sonne begleiten muß? Es hat nicht an
Astronomen gefehlt, die diese Meinung aufgestellt haben. Allein
wenn man, mit Hülfe der Analyse, auch in die entfernteste Zeiten
zurück geht, so findet man, daß der Mond sich immer in einer
nahe kreisförmigen Bahn um die Erde, so wie die Planeten um
die Sonne, bewegt habe, und daß daher ein solcher Ursprung des-
selben ganz unwahrscheinlich ist.

§. 121. (Störungen der Kometen von den Planeten und von
dem Aether.) Diese Kometen erleiden von den Planeten unseres
Sonnensystems, wenn sie aus ihrer weiten Ferne zu denselben
herabsteigen, oft große Störungen, die auf eine ganz andere Art
berechnet werden müssen, als die Störungen der Planeten unter
sich, weil die große Excentricität ihrer Bahnen nicht mehr die Ab-
kürzungen erlaubt, die man bei den Planeten mit so viel Vor-
theil anzuwenden pflegt. Schon Halley erkannte die großen Wir-
kungen dieser Störungen an dem nach ihm genannten Kometen,
dessen auf einander folgende Umlaufszeiten, in Folge dieser Stö-
rungen, mehr als ein ganzes Jahr von einander verschieden
waren. Aber erst 75 Jahre später versuchte es Clairaut, diese
Störungen der Analyse zu unterwerfen. Diese Kometen scheinen
selbst noch eine andere Art von Störung zu erleiden, dergleichen
wir bei den Planeten noch kein Beispiel gefunden haben. Es ist
nicht unwahrscheinlich, daß die Räume, welche die Körper unseres
Sonnensystems von einander trennen, mit einer vielleicht äußerst

Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
angenommen wird, ſo daß alſo ſeine Abplattung nur den tauſend-
ſten Theil dieſer Axe beträgt.

§. 120. (Der Mond in Verbindung mit Kometen.) Wenn
der Mond je einem Kometen nahe gekommen iſt, was ſeit der
undenklichen Zeit ſeiner Exiſtenz wohl geſchehen ſeyn mag, ſo
muß doch die Maſſe eines ſolchen Kometen ungemein gering ge-
weſen ſeyn. Denn wenn ſie auch nur den hunderttauſendſten Theil
der Erdmaſſe betragen hätte, ſo würde ein Zuſammentreffen dieſer
beiden Körper, wie die Rechnung zeigt, die wahren Librationen des
Mondes ſchon ſo groß gemacht haben, daß ſie unſern Beobach-
tungen nicht mehr hätten entgehen können. — Aber vielleicht war
der Mond ſelbſt einmal ein Komet, der in der graueſten Vorzeit
der Erde nahe gekommen iſt, und nun, von ihr feſtgehalten, ſie
auf ihrer Bahn um die Sonne begleiten muß? Es hat nicht an
Aſtronomen gefehlt, die dieſe Meinung aufgeſtellt haben. Allein
wenn man, mit Hülfe der Analyſe, auch in die entfernteſte Zeiten
zurück geht, ſo findet man, daß der Mond ſich immer in einer
nahe kreisförmigen Bahn um die Erde, ſo wie die Planeten um
die Sonne, bewegt habe, und daß daher ein ſolcher Urſprung deſ-
ſelben ganz unwahrſcheinlich iſt.

§. 121. (Störungen der Kometen von den Planeten und von
dem Aether.) Dieſe Kometen erleiden von den Planeten unſeres
Sonnenſyſtems, wenn ſie aus ihrer weiten Ferne zu denſelben
herabſteigen, oft große Störungen, die auf eine ganz andere Art
berechnet werden müſſen, als die Störungen der Planeten unter
ſich, weil die große Excentricität ihrer Bahnen nicht mehr die Ab-
kürzungen erlaubt, die man bei den Planeten mit ſo viel Vor-
theil anzuwenden pflegt. Schon Halley erkannte die großen Wir-
kungen dieſer Störungen an dem nach ihm genannten Kometen,
deſſen auf einander folgende Umlaufszeiten, in Folge dieſer Stö-
rungen, mehr als ein ganzes Jahr von einander verſchieden
waren. Aber erſt 75 Jahre ſpäter verſuchte es Clairaut, dieſe
Störungen der Analyſe zu unterwerfen. Dieſe Kometen ſcheinen
ſelbſt noch eine andere Art von Störung zu erleiden, dergleichen
wir bei den Planeten noch kein Beiſpiel gefunden haben. Es iſt
nicht unwahrſcheinlich, daß die Räume, welche die Körper unſeres
Sonnenſyſtems von einander trennen, mit einer vielleicht äußerſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0180" n="168"/><fw place="top" type="header">Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.</fw><lb/>
angenommen wird, &#x017F;o daß al&#x017F;o &#x017F;eine Abplattung nur den tau&#x017F;end-<lb/>
&#x017F;ten Theil die&#x017F;er Axe beträgt.</p><lb/>
              <p>§. 120. (Der Mond in Verbindung mit Kometen.) Wenn<lb/>
der Mond je einem Kometen nahe gekommen i&#x017F;t, was &#x017F;eit der<lb/>
undenklichen Zeit &#x017F;einer Exi&#x017F;tenz wohl ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn mag, &#x017F;o<lb/>
muß doch die Ma&#x017F;&#x017F;e eines &#x017F;olchen Kometen ungemein gering ge-<lb/>
we&#x017F;en &#x017F;eyn. Denn wenn &#x017F;ie auch nur den hunderttau&#x017F;end&#x017F;ten Theil<lb/>
der Erdma&#x017F;&#x017F;e betragen hätte, &#x017F;o würde ein Zu&#x017F;ammentreffen die&#x017F;er<lb/>
beiden Körper, wie die Rechnung zeigt, die wahren Librationen des<lb/>
Mondes &#x017F;chon &#x017F;o groß gemacht haben, daß &#x017F;ie un&#x017F;ern Beobach-<lb/>
tungen nicht mehr hätten entgehen können. &#x2014; Aber vielleicht war<lb/>
der Mond &#x017F;elb&#x017F;t einmal ein Komet, der in der graue&#x017F;ten Vorzeit<lb/>
der Erde nahe gekommen i&#x017F;t, und nun, von ihr fe&#x017F;tgehalten, &#x017F;ie<lb/>
auf ihrer Bahn um die Sonne begleiten muß? Es hat nicht an<lb/>
A&#x017F;tronomen gefehlt, die die&#x017F;e Meinung aufge&#x017F;tellt haben. Allein<lb/>
wenn man, mit Hülfe der Analy&#x017F;e, auch in die entfernte&#x017F;te Zeiten<lb/>
zurück geht, &#x017F;o findet man, daß der Mond &#x017F;ich immer in einer<lb/>
nahe kreisförmigen Bahn um die Erde, &#x017F;o wie die Planeten um<lb/>
die Sonne, bewegt habe, und daß daher ein &#x017F;olcher Ur&#x017F;prung de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben ganz unwahr&#x017F;cheinlich i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>§. 121. (Störungen der Kometen von den Planeten und von<lb/>
dem Aether.) Die&#x017F;e Kometen erleiden von den Planeten un&#x017F;eres<lb/>
Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems, wenn &#x017F;ie aus ihrer weiten Ferne zu den&#x017F;elben<lb/>
herab&#x017F;teigen, oft große Störungen, die auf eine ganz andere Art<lb/>
berechnet werden mü&#x017F;&#x017F;en, als die Störungen der Planeten unter<lb/>
&#x017F;ich, weil die große Excentricität ihrer Bahnen nicht mehr die Ab-<lb/>
kürzungen erlaubt, die man bei den Planeten mit &#x017F;o viel Vor-<lb/>
theil anzuwenden pflegt. Schon Halley erkannte die großen Wir-<lb/>
kungen die&#x017F;er Störungen an dem nach ihm genannten Kometen,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en auf einander folgende Umlaufszeiten, in Folge die&#x017F;er Stö-<lb/>
rungen, mehr als ein ganzes Jahr von einander ver&#x017F;chieden<lb/>
waren. Aber er&#x017F;t 75 Jahre &#x017F;päter ver&#x017F;uchte es Clairaut, die&#x017F;e<lb/>
Störungen der Analy&#x017F;e zu unterwerfen. Die&#x017F;e Kometen &#x017F;cheinen<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t noch eine andere Art von Störung zu erleiden, dergleichen<lb/>
wir bei den Planeten noch kein Bei&#x017F;piel gefunden haben. Es i&#x017F;t<lb/>
nicht unwahr&#x017F;cheinlich, daß die Räume, welche die Körper un&#x017F;eres<lb/>
Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems von einander trennen, mit einer vielleicht äußer&#x017F;t<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0180] Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten. angenommen wird, ſo daß alſo ſeine Abplattung nur den tauſend- ſten Theil dieſer Axe beträgt. §. 120. (Der Mond in Verbindung mit Kometen.) Wenn der Mond je einem Kometen nahe gekommen iſt, was ſeit der undenklichen Zeit ſeiner Exiſtenz wohl geſchehen ſeyn mag, ſo muß doch die Maſſe eines ſolchen Kometen ungemein gering ge- weſen ſeyn. Denn wenn ſie auch nur den hunderttauſendſten Theil der Erdmaſſe betragen hätte, ſo würde ein Zuſammentreffen dieſer beiden Körper, wie die Rechnung zeigt, die wahren Librationen des Mondes ſchon ſo groß gemacht haben, daß ſie unſern Beobach- tungen nicht mehr hätten entgehen können. — Aber vielleicht war der Mond ſelbſt einmal ein Komet, der in der graueſten Vorzeit der Erde nahe gekommen iſt, und nun, von ihr feſtgehalten, ſie auf ihrer Bahn um die Sonne begleiten muß? Es hat nicht an Aſtronomen gefehlt, die dieſe Meinung aufgeſtellt haben. Allein wenn man, mit Hülfe der Analyſe, auch in die entfernteſte Zeiten zurück geht, ſo findet man, daß der Mond ſich immer in einer nahe kreisförmigen Bahn um die Erde, ſo wie die Planeten um die Sonne, bewegt habe, und daß daher ein ſolcher Urſprung deſ- ſelben ganz unwahrſcheinlich iſt. §. 121. (Störungen der Kometen von den Planeten und von dem Aether.) Dieſe Kometen erleiden von den Planeten unſeres Sonnenſyſtems, wenn ſie aus ihrer weiten Ferne zu denſelben herabſteigen, oft große Störungen, die auf eine ganz andere Art berechnet werden müſſen, als die Störungen der Planeten unter ſich, weil die große Excentricität ihrer Bahnen nicht mehr die Ab- kürzungen erlaubt, die man bei den Planeten mit ſo viel Vor- theil anzuwenden pflegt. Schon Halley erkannte die großen Wir- kungen dieſer Störungen an dem nach ihm genannten Kometen, deſſen auf einander folgende Umlaufszeiten, in Folge dieſer Stö- rungen, mehr als ein ganzes Jahr von einander verſchieden waren. Aber erſt 75 Jahre ſpäter verſuchte es Clairaut, dieſe Störungen der Analyſe zu unterwerfen. Dieſe Kometen ſcheinen ſelbſt noch eine andere Art von Störung zu erleiden, dergleichen wir bei den Planeten noch kein Beiſpiel gefunden haben. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß die Räume, welche die Körper unſeres Sonnenſyſtems von einander trennen, mit einer vielleicht äußerſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/180
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/180>, abgerufen am 25.11.2024.