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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
Astronomen die Unveränderlichkeit der Länge des Tages nur zwi-
schen den Gränzen des hundertsten Theiles einer Sekunde ange-
nommen haben, da sie, wie die vorhergehenden Schlüsse zeigen,
mit Sicherheit noch viel engere Gränzen hätten annehmen können.

§. 131. (III. Unveränderlichkeit der großen Axen der Planeten-
bahnen.) Wir haben oben (im siebenten Kapitel) die säculären
Störungen der Planeten betrachtet, und die Aenderungen angege-
ben, welche, durch den gegenseitigen Einfluß dieser Körper, die
Neigung und die Lage ihrer Knoten sowohl, als auch die Excen-
tricität und die Länge der Absidenlinie ihrer Bahnen erleidet.
Wir haben daselbst gesehen, daß diese Größen sämmtlich verän-
derlich sind, und zwischen bestimmten Gränzen in sehr großen
Perioden von mehreren Jahrtausenden hin und wieder gehen, die
Absiden allein ausgenommen, die in keine solche Gränzen einge-
schlossen sind und in der Folge der Zeiten ihren ganzen Kreis
um die Sonne zurücklegen. Diese Ausnahme scheint ihre Ursache
darin zu haben, daß es für die Erhaltung des ganzen Systems
offenbar gleichgültig ist, nach welcher Seite der Himmelssphäre
hin die große Axe der Planetenbahnen gerichtet seyn mag, um so
mehr, da diese Bahnen ohnehin nur sehr wenig von Kreisen ver-
schieden, und da sie überdieß durch so große Zwischenräume von
einander getrennt sind.

Allein es gibt noch ein anderes und sehr wichtiges Element
dieser Bahnen, von dessen säculären Störungen wir bisher noch
nicht gesprochen haben. Die große Axe der Bahn, oder die so-
genannte mittlere Entfernung des Planeten von der Sonne hängt,
wie das dritte Gesetz Keplers (I. §. 146) zeigt, unmittelbar mit
der Umlaufszeit desselben um die Sonne zusammen, so daß beide
zugleich wachsen oder abnehmen müssen.

§. 132. (Folgen, die eine Aenderung dieser Axen haben würde.)
Welche Folgen würde aber eine solche Zu- oder Abnahme dieses
Elementes nach sich ziehen? -- Es ist leicht einzusehen, daß eine
Aenderung desselben, auch die geringste, wenn sie einmal statt
hat, nicht mehr in einem periodischen Wachsen und Abnehmen
bestehen kann, sondern daß es, seiner Natur nach, immer in
demselben Sinne fortgehen, und sich mit der Zeit anhäufen muß.

Littrow's Himmel u. s. Wunder. III. 12

Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
Aſtronomen die Unveränderlichkeit der Länge des Tages nur zwi-
ſchen den Gränzen des hundertſten Theiles einer Sekunde ange-
nommen haben, da ſie, wie die vorhergehenden Schlüſſe zeigen,
mit Sicherheit noch viel engere Gränzen hätten annehmen können.

§. 131. (III. Unveränderlichkeit der großen Axen der Planeten-
bahnen.) Wir haben oben (im ſiebenten Kapitel) die ſäculären
Störungen der Planeten betrachtet, und die Aenderungen angege-
ben, welche, durch den gegenſeitigen Einfluß dieſer Körper, die
Neigung und die Lage ihrer Knoten ſowohl, als auch die Excen-
tricität und die Länge der Abſidenlinie ihrer Bahnen erleidet.
Wir haben daſelbſt geſehen, daß dieſe Größen ſämmtlich verän-
derlich ſind, und zwiſchen beſtimmten Gränzen in ſehr großen
Perioden von mehreren Jahrtauſenden hin und wieder gehen, die
Abſiden allein ausgenommen, die in keine ſolche Gränzen einge-
ſchloſſen ſind und in der Folge der Zeiten ihren ganzen Kreis
um die Sonne zurücklegen. Dieſe Ausnahme ſcheint ihre Urſache
darin zu haben, daß es für die Erhaltung des ganzen Syſtems
offenbar gleichgültig iſt, nach welcher Seite der Himmelsſphäre
hin die große Axe der Planetenbahnen gerichtet ſeyn mag, um ſo
mehr, da dieſe Bahnen ohnehin nur ſehr wenig von Kreiſen ver-
ſchieden, und da ſie überdieß durch ſo große Zwiſchenräume von
einander getrennt ſind.

Allein es gibt noch ein anderes und ſehr wichtiges Element
dieſer Bahnen, von deſſen ſäculären Störungen wir bisher noch
nicht geſprochen haben. Die große Axe der Bahn, oder die ſo-
genannte mittlere Entfernung des Planeten von der Sonne hängt,
wie das dritte Geſetz Keplers (I. §. 146) zeigt, unmittelbar mit
der Umlaufszeit deſſelben um die Sonne zuſammen, ſo daß beide
zugleich wachſen oder abnehmen müſſen.

§. 132. (Folgen, die eine Aenderung dieſer Axen haben würde.)
Welche Folgen würde aber eine ſolche Zu- oder Abnahme dieſes
Elementes nach ſich ziehen? — Es iſt leicht einzuſehen, daß eine
Aenderung deſſelben, auch die geringſte, wenn ſie einmal ſtatt
hat, nicht mehr in einem periodiſchen Wachſen und Abnehmen
beſtehen kann, ſondern daß es, ſeiner Natur nach, immer in
demſelben Sinne fortgehen, und ſich mit der Zeit anhäufen muß.

Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. III. 12
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[177/0189] Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten. Aſtronomen die Unveränderlichkeit der Länge des Tages nur zwi- ſchen den Gränzen des hundertſten Theiles einer Sekunde ange- nommen haben, da ſie, wie die vorhergehenden Schlüſſe zeigen, mit Sicherheit noch viel engere Gränzen hätten annehmen können. §. 131. (III. Unveränderlichkeit der großen Axen der Planeten- bahnen.) Wir haben oben (im ſiebenten Kapitel) die ſäculären Störungen der Planeten betrachtet, und die Aenderungen angege- ben, welche, durch den gegenſeitigen Einfluß dieſer Körper, die Neigung und die Lage ihrer Knoten ſowohl, als auch die Excen- tricität und die Länge der Abſidenlinie ihrer Bahnen erleidet. Wir haben daſelbſt geſehen, daß dieſe Größen ſämmtlich verän- derlich ſind, und zwiſchen beſtimmten Gränzen in ſehr großen Perioden von mehreren Jahrtauſenden hin und wieder gehen, die Abſiden allein ausgenommen, die in keine ſolche Gränzen einge- ſchloſſen ſind und in der Folge der Zeiten ihren ganzen Kreis um die Sonne zurücklegen. Dieſe Ausnahme ſcheint ihre Urſache darin zu haben, daß es für die Erhaltung des ganzen Syſtems offenbar gleichgültig iſt, nach welcher Seite der Himmelsſphäre hin die große Axe der Planetenbahnen gerichtet ſeyn mag, um ſo mehr, da dieſe Bahnen ohnehin nur ſehr wenig von Kreiſen ver- ſchieden, und da ſie überdieß durch ſo große Zwiſchenräume von einander getrennt ſind. Allein es gibt noch ein anderes und ſehr wichtiges Element dieſer Bahnen, von deſſen ſäculären Störungen wir bisher noch nicht geſprochen haben. Die große Axe der Bahn, oder die ſo- genannte mittlere Entfernung des Planeten von der Sonne hängt, wie das dritte Geſetz Keplers (I. §. 146) zeigt, unmittelbar mit der Umlaufszeit deſſelben um die Sonne zuſammen, ſo daß beide zugleich wachſen oder abnehmen müſſen. §. 132. (Folgen, die eine Aenderung dieſer Axen haben würde.) Welche Folgen würde aber eine ſolche Zu- oder Abnahme dieſes Elementes nach ſich ziehen? — Es iſt leicht einzuſehen, daß eine Aenderung deſſelben, auch die geringſte, wenn ſie einmal ſtatt hat, nicht mehr in einem periodiſchen Wachſen und Abnehmen beſtehen kann, ſondern daß es, ſeiner Natur nach, immer in demſelben Sinne fortgehen, und ſich mit der Zeit anhäufen muß. Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. III. 12

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/189>, abgerufen am 26.11.2024.