Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Eigenschaften der Körper.
Annahme mit jenen beobachteten Erscheinungen vollkommen über-
einstimmt.

Die einfachste und natürlichste Hypothese ist ohne Zweifel
die, daß der Mittelpunkt der Erde eine constante und immer
fortwirkende
Kraft besitzt, mit welcher er die Körper auf und
über der Oberfläche der Erde in der Richtung ihres Halbmessers,
d. h. in einer auf die Erdoberfläche senkrechten Richtung an sich
zieht. Dadurch ist diese Kraft der Erde gleichsam auf den oben
betrachteten Impuls zurückgeführt, nur mit dem Unterschiede, daß
der letzte nur im Anfange der Bewegung sich äußert, während
jener auch in jedem folgenden Augenblicke noch thätig ist, so daß
also die Kraft der Erde als ein sich immer wiederholender und
in seiner Intensität immer gleich großer Impuls (Stoß oder
Zug) betrachtet werden kann, in dessen Richtung die frei fallenden
Körper sich der Erde immer mehr nähern.

§. 17. (Erstes Gesetz dieser Bewegung.) Nehmen wir also
an, daß der Körper in einem Augenblicke, in welchem er den
ersten Impuls von der Erde erhält, sich zu bewegen anfange, und
daß er am Ende dieses Augenblicks eine Geschwindigkeit erhalten
habe, vermöge welcher er, wenn nun weiter keine Kraft auf ihn
wirkte, in seiner einmal angenommenen verticalen Richtung gleich-
förmig fortgehen und z. B. in jeder nächstfolgenden Sekunde
g Fuß zurücklegen würde, so daß also die Geschwindigkeit des-
selben am Ende der ersten Sekunde g Fuß beträgt. Da er am
Ende dieser ersten, oder im Anfange der zweiten Sekunde von
der Kraft der Erde wieder einen, und zwar, weil diese Kraft con-
stant seyn soll, einen eben so großen Impuls erhält, wie im Anfange
der ersten Sekunde, so wird er auch dadurch, während der ganzen
Dauer der zweiten Sekunde seine bereits erlangte Geschwindigkeit
in eben dem Maaße vermehren, wie in der ersten, oder er wird
am Ende der zweiten Sekunde eine Geschwindigkeit von 2 g Fuß
erhalten. Eben so wird am Ende der dritten Sekunde seine Ge-
schwindigkeit 3 g seyn u. s. w. Nennt man also überhaupt v die
Geschwindigkeit (velocitas) und t die Anzahl Sekunden, die seit
dem Anfange der Bewegung des Körpers verflossen sind, so wird
man die einfache Gleichung v = gt haben, und diese Gleichung
drückt den Satz aus, daß, unter der Voraussetzung einer constanten

Eigenſchaften der Körper.
Annahme mit jenen beobachteten Erſcheinungen vollkommen über-
einſtimmt.

Die einfachſte und natürlichſte Hypotheſe iſt ohne Zweifel
die, daß der Mittelpunkt der Erde eine conſtante und immer
fortwirkende
Kraft beſitzt, mit welcher er die Körper auf und
über der Oberfläche der Erde in der Richtung ihres Halbmeſſers,
d. h. in einer auf die Erdoberfläche ſenkrechten Richtung an ſich
zieht. Dadurch iſt dieſe Kraft der Erde gleichſam auf den oben
betrachteten Impuls zurückgeführt, nur mit dem Unterſchiede, daß
der letzte nur im Anfange der Bewegung ſich äußert, während
jener auch in jedem folgenden Augenblicke noch thätig iſt, ſo daß
alſo die Kraft der Erde als ein ſich immer wiederholender und
in ſeiner Intenſität immer gleich großer Impuls (Stoß oder
Zug) betrachtet werden kann, in deſſen Richtung die frei fallenden
Körper ſich der Erde immer mehr nähern.

§. 17. (Erſtes Geſetz dieſer Bewegung.) Nehmen wir alſo
an, daß der Körper in einem Augenblicke, in welchem er den
erſten Impuls von der Erde erhält, ſich zu bewegen anfange, und
daß er am Ende dieſes Augenblicks eine Geſchwindigkeit erhalten
habe, vermöge welcher er, wenn nun weiter keine Kraft auf ihn
wirkte, in ſeiner einmal angenommenen verticalen Richtung gleich-
förmig fortgehen und z. B. in jeder nächſtfolgenden Sekunde
g Fuß zurücklegen würde, ſo daß alſo die Geſchwindigkeit deſ-
ſelben am Ende der erſten Sekunde g Fuß beträgt. Da er am
Ende dieſer erſten, oder im Anfange der zweiten Sekunde von
der Kraft der Erde wieder einen, und zwar, weil dieſe Kraft con-
ſtant ſeyn ſoll, einen eben ſo großen Impuls erhält, wie im Anfange
der erſten Sekunde, ſo wird er auch dadurch, während der ganzen
Dauer der zweiten Sekunde ſeine bereits erlangte Geſchwindigkeit
in eben dem Maaße vermehren, wie in der erſten, oder er wird
am Ende der zweiten Sekunde eine Geſchwindigkeit von 2 g Fuß
erhalten. Eben ſo wird am Ende der dritten Sekunde ſeine Ge-
ſchwindigkeit 3 g ſeyn u. ſ. w. Nennt man alſo überhaupt v die
Geſchwindigkeit (velocitas) und t die Anzahl Sekunden, die ſeit
dem Anfange der Bewegung des Körpers verfloſſen ſind, ſo wird
man die einfache Gleichung v = gt haben, und dieſe Gleichung
drückt den Satz aus, daß, unter der Vorausſetzung einer conſtanten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0033" n="21"/><fw place="top" type="header">Eigen&#x017F;chaften der Körper.</fw><lb/>
Annahme mit jenen beobachteten Er&#x017F;cheinungen vollkommen über-<lb/>
ein&#x017F;timmt.</p><lb/>
              <p>Die einfach&#x017F;te und natürlich&#x017F;te Hypothe&#x017F;e i&#x017F;t ohne Zweifel<lb/>
die, daß der Mittelpunkt der Erde eine <hi rendition="#g">con&#x017F;tante und immer<lb/>
fortwirkende</hi> Kraft be&#x017F;itzt, mit welcher er die Körper auf und<lb/>
über der Oberfläche der Erde in der Richtung ihres Halbme&#x017F;&#x017F;ers,<lb/>
d. h. in einer auf die Erdoberfläche &#x017F;enkrechten Richtung an &#x017F;ich<lb/>
zieht. Dadurch i&#x017F;t die&#x017F;e Kraft der Erde gleich&#x017F;am auf den oben<lb/>
betrachteten Impuls zurückgeführt, nur mit dem Unter&#x017F;chiede, daß<lb/>
der letzte nur im Anfange der Bewegung &#x017F;ich äußert, während<lb/>
jener auch in jedem folgenden Augenblicke noch thätig i&#x017F;t, &#x017F;o daß<lb/>
al&#x017F;o die Kraft der Erde als ein &#x017F;ich immer wiederholender und<lb/>
in &#x017F;einer Inten&#x017F;ität immer gleich großer Impuls (Stoß oder<lb/>
Zug) betrachtet werden kann, in de&#x017F;&#x017F;en Richtung die frei fallenden<lb/>
Körper &#x017F;ich der Erde immer mehr nähern.</p><lb/>
              <p>§. 17. (Er&#x017F;tes Ge&#x017F;etz die&#x017F;er Bewegung.) Nehmen wir al&#x017F;o<lb/>
an, daß der Körper in einem Augenblicke, in welchem er den<lb/>
er&#x017F;ten Impuls von der Erde erhält, &#x017F;ich zu bewegen anfange, und<lb/>
daß er am Ende die&#x017F;es Augenblicks eine Ge&#x017F;chwindigkeit erhalten<lb/>
habe, vermöge welcher er, wenn nun weiter keine Kraft auf ihn<lb/>
wirkte, in &#x017F;einer einmal angenommenen verticalen Richtung gleich-<lb/>
förmig fortgehen und z. B. in jeder näch&#x017F;tfolgenden Sekunde<lb/><hi rendition="#aq">g</hi> Fuß zurücklegen würde, &#x017F;o daß al&#x017F;o die Ge&#x017F;chwindigkeit de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben am Ende der er&#x017F;ten Sekunde <hi rendition="#aq">g</hi> Fuß beträgt. Da er am<lb/>
Ende die&#x017F;er er&#x017F;ten, oder im Anfange der zweiten Sekunde von<lb/>
der Kraft der Erde wieder einen, und zwar, weil die&#x017F;e Kraft con-<lb/>
&#x017F;tant &#x017F;eyn &#x017F;oll, einen eben &#x017F;o großen Impuls erhält, wie im Anfange<lb/>
der er&#x017F;ten Sekunde, &#x017F;o wird er auch dadurch, während der ganzen<lb/>
Dauer der zweiten Sekunde &#x017F;eine bereits erlangte Ge&#x017F;chwindigkeit<lb/>
in eben dem Maaße vermehren, wie in der er&#x017F;ten, oder er wird<lb/>
am Ende der zweiten Sekunde eine Ge&#x017F;chwindigkeit von 2 <hi rendition="#aq">g</hi> Fuß<lb/>
erhalten. Eben &#x017F;o wird am Ende der dritten Sekunde &#x017F;eine Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit 3 <hi rendition="#aq">g</hi> &#x017F;eyn u. &#x017F;. w. Nennt man al&#x017F;o überhaupt <hi rendition="#aq">v</hi> die<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit (<hi rendition="#aq">velocitas</hi>) und <hi rendition="#aq">t</hi> die Anzahl Sekunden, die &#x017F;eit<lb/>
dem Anfange der Bewegung des Körpers verflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind, &#x017F;o wird<lb/>
man die einfache Gleichung <hi rendition="#aq">v = gt</hi> haben, und die&#x017F;e Gleichung<lb/>
drückt den Satz aus, daß, unter der Voraus&#x017F;etzung einer con&#x017F;tanten<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0033] Eigenſchaften der Körper. Annahme mit jenen beobachteten Erſcheinungen vollkommen über- einſtimmt. Die einfachſte und natürlichſte Hypotheſe iſt ohne Zweifel die, daß der Mittelpunkt der Erde eine conſtante und immer fortwirkende Kraft beſitzt, mit welcher er die Körper auf und über der Oberfläche der Erde in der Richtung ihres Halbmeſſers, d. h. in einer auf die Erdoberfläche ſenkrechten Richtung an ſich zieht. Dadurch iſt dieſe Kraft der Erde gleichſam auf den oben betrachteten Impuls zurückgeführt, nur mit dem Unterſchiede, daß der letzte nur im Anfange der Bewegung ſich äußert, während jener auch in jedem folgenden Augenblicke noch thätig iſt, ſo daß alſo die Kraft der Erde als ein ſich immer wiederholender und in ſeiner Intenſität immer gleich großer Impuls (Stoß oder Zug) betrachtet werden kann, in deſſen Richtung die frei fallenden Körper ſich der Erde immer mehr nähern. §. 17. (Erſtes Geſetz dieſer Bewegung.) Nehmen wir alſo an, daß der Körper in einem Augenblicke, in welchem er den erſten Impuls von der Erde erhält, ſich zu bewegen anfange, und daß er am Ende dieſes Augenblicks eine Geſchwindigkeit erhalten habe, vermöge welcher er, wenn nun weiter keine Kraft auf ihn wirkte, in ſeiner einmal angenommenen verticalen Richtung gleich- förmig fortgehen und z. B. in jeder nächſtfolgenden Sekunde g Fuß zurücklegen würde, ſo daß alſo die Geſchwindigkeit deſ- ſelben am Ende der erſten Sekunde g Fuß beträgt. Da er am Ende dieſer erſten, oder im Anfange der zweiten Sekunde von der Kraft der Erde wieder einen, und zwar, weil dieſe Kraft con- ſtant ſeyn ſoll, einen eben ſo großen Impuls erhält, wie im Anfange der erſten Sekunde, ſo wird er auch dadurch, während der ganzen Dauer der zweiten Sekunde ſeine bereits erlangte Geſchwindigkeit in eben dem Maaße vermehren, wie in der erſten, oder er wird am Ende der zweiten Sekunde eine Geſchwindigkeit von 2 g Fuß erhalten. Eben ſo wird am Ende der dritten Sekunde ſeine Ge- ſchwindigkeit 3 g ſeyn u. ſ. w. Nennt man alſo überhaupt v die Geſchwindigkeit (velocitas) und t die Anzahl Sekunden, die ſeit dem Anfange der Bewegung des Körpers verfloſſen ſind, ſo wird man die einfache Gleichung v = gt haben, und dieſe Gleichung drückt den Satz aus, daß, unter der Vorausſetzung einer conſtanten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/33
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/33>, abgerufen am 03.12.2024.