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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
ist die Liebe der Mutter zu ihrem Säuglinge. Jede andere Liebe, so
große Ansprüche sie auch auf ihre Uneigennützigkeit machen mag,
liebt doch, in letzter Instanz, nur sich selbst. Bei weitem die
meisten Menschen thun alles, was sie thun, nur ihres Vortheils
wegen, und die wir die Edleren nennen, sind von den andern nur
dadurch verschieden, daß sie sich edlere Vortheile zu den Beweg-
gründen ihrer Handlungen wählten. Wenn es die Natur so wollte,
was können wir dagegen thun? -- Diese Einrichtung ist vielleicht
sehr weise und zur Erhaltung des ganzen Geschlechts so nöthig, als
die Empfindlichkeit zur Erhaltung des Körpers. Wenn wir uns aber
dadurch gedehmüthigt fühlen, so wollen wir uns dafür mit der Bemer-
kung zufrieden stellen, daß es unserem Scharfsinne keine Schande
bringe, den Betrug ausfindig gemacht zu haben, den uns die Natur,
ohne Zweifel zu unserem eigenen Besten, spielen wollte. -- Also nur in
der mütterlichen Liebe zu ihrem neugebornen Kinde äußert sich, bei
Menschen, wie bei Thieren, eine unwiderstehliche, von allem Eigen-
nutz auch der edelsten Art ganz reine Anhänglichkeit an ein äußeres
Wesen. Und worauf hat die Natur diese mächtigste der Leidenschaften
gebaut? Auf Vernunftgründe? Dann wehe der Erhaltung des Ge-
schlechts! Hat sie doch nicht einmal jene andere Liebe, die wir vorzugs-
weise mit diesem Namen zu bezeichen pflegen, auf einer so gebrechlichen
Basis errichten wollen, wie schon die große Macht beweist, welche
dieselbe, selbst gegen die lauteste Stimme der Vernunft, so oft
und auf die meisten von uns auszuüben pflegt.

Es wäre besser, daß wir, statt uns noch ferner mit den ver-
meinten höheren Gaben zu brüsten, mit welchen uns die Natur
zum Nachtheile aller anderen Geschöpfe so reichlich beschenkt ha-
ben soll, diejenigen Gaben, die wir in der That erhalten haben,
ganz unpartheiisch etwas näher kennen zu lernen suchten, als wir
bisher gethan haben. Unsere Philosophen sollten, statt der un-
fruchtbaren Speculationen, mit welchen sie ihre Zeit vergenden,
vielmehr diese innere Organisation des Menschen genauer kennen
lernen. Noch fehlt es uns zu sehr an Beobachtungen und Erfah-
rungen, um die Natur von dieser uns so nahen und zugleich so
interessanten Seite mit Nutzen studieren zu können. Das würde
dermaleinst eine Physiologie höherer Art geben und uns eine ganz neue
Welt von Kenntnissen öffnen. Was stünde da zu erwarten und

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
iſt die Liebe der Mutter zu ihrem Säuglinge. Jede andere Liebe, ſo
große Anſprüche ſie auch auf ihre Uneigennützigkeit machen mag,
liebt doch, in letzter Inſtanz, nur ſich ſelbſt. Bei weitem die
meiſten Menſchen thun alles, was ſie thun, nur ihres Vortheils
wegen, und die wir die Edleren nennen, ſind von den andern nur
dadurch verſchieden, daß ſie ſich edlere Vortheile zu den Beweg-
gründen ihrer Handlungen wählten. Wenn es die Natur ſo wollte,
was können wir dagegen thun? — Dieſe Einrichtung iſt vielleicht
ſehr weiſe und zur Erhaltung des ganzen Geſchlechts ſo nöthig, als
die Empfindlichkeit zur Erhaltung des Körpers. Wenn wir uns aber
dadurch gedehmüthigt fühlen, ſo wollen wir uns dafür mit der Bemer-
kung zufrieden ſtellen, daß es unſerem Scharfſinne keine Schande
bringe, den Betrug ausfindig gemacht zu haben, den uns die Natur,
ohne Zweifel zu unſerem eigenen Beſten, ſpielen wollte. — Alſo nur in
der mütterlichen Liebe zu ihrem neugebornen Kinde äußert ſich, bei
Menſchen, wie bei Thieren, eine unwiderſtehliche, von allem Eigen-
nutz auch der edelſten Art ganz reine Anhänglichkeit an ein äußeres
Weſen. Und worauf hat die Natur dieſe mächtigſte der Leidenſchaften
gebaut? Auf Vernunftgründe? Dann wehe der Erhaltung des Ge-
ſchlechts! Hat ſie doch nicht einmal jene andere Liebe, die wir vorzugs-
weiſe mit dieſem Namen zu bezeichen pflegen, auf einer ſo gebrechlichen
Baſis errichten wollen, wie ſchon die große Macht beweist, welche
dieſelbe, ſelbſt gegen die lauteſte Stimme der Vernunft, ſo oft
und auf die meiſten von uns auszuüben pflegt.

Es wäre beſſer, daß wir, ſtatt uns noch ferner mit den ver-
meinten höheren Gaben zu brüſten, mit welchen uns die Natur
zum Nachtheile aller anderen Geſchöpfe ſo reichlich beſchenkt ha-
ben ſoll, diejenigen Gaben, die wir in der That erhalten haben,
ganz unpartheiiſch etwas näher kennen zu lernen ſuchten, als wir
bisher gethan haben. Unſere Philoſophen ſollten, ſtatt der un-
fruchtbaren Speculationen, mit welchen ſie ihre Zeit vergenden,
vielmehr dieſe innere Organiſation des Menſchen genauer kennen
lernen. Noch fehlt es uns zu ſehr an Beobachtungen und Erfah-
rungen, um die Natur von dieſer uns ſo nahen und zugleich ſo
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[418/0430] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. iſt die Liebe der Mutter zu ihrem Säuglinge. Jede andere Liebe, ſo große Anſprüche ſie auch auf ihre Uneigennützigkeit machen mag, liebt doch, in letzter Inſtanz, nur ſich ſelbſt. Bei weitem die meiſten Menſchen thun alles, was ſie thun, nur ihres Vortheils wegen, und die wir die Edleren nennen, ſind von den andern nur dadurch verſchieden, daß ſie ſich edlere Vortheile zu den Beweg- gründen ihrer Handlungen wählten. Wenn es die Natur ſo wollte, was können wir dagegen thun? — Dieſe Einrichtung iſt vielleicht ſehr weiſe und zur Erhaltung des ganzen Geſchlechts ſo nöthig, als die Empfindlichkeit zur Erhaltung des Körpers. Wenn wir uns aber dadurch gedehmüthigt fühlen, ſo wollen wir uns dafür mit der Bemer- kung zufrieden ſtellen, daß es unſerem Scharfſinne keine Schande bringe, den Betrug ausfindig gemacht zu haben, den uns die Natur, ohne Zweifel zu unſerem eigenen Beſten, ſpielen wollte. — Alſo nur in der mütterlichen Liebe zu ihrem neugebornen Kinde äußert ſich, bei Menſchen, wie bei Thieren, eine unwiderſtehliche, von allem Eigen- nutz auch der edelſten Art ganz reine Anhänglichkeit an ein äußeres Weſen. Und worauf hat die Natur dieſe mächtigſte der Leidenſchaften gebaut? Auf Vernunftgründe? Dann wehe der Erhaltung des Ge- ſchlechts! Hat ſie doch nicht einmal jene andere Liebe, die wir vorzugs- weiſe mit dieſem Namen zu bezeichen pflegen, auf einer ſo gebrechlichen Baſis errichten wollen, wie ſchon die große Macht beweist, welche dieſelbe, ſelbſt gegen die lauteſte Stimme der Vernunft, ſo oft und auf die meiſten von uns auszuüben pflegt. Es wäre beſſer, daß wir, ſtatt uns noch ferner mit den ver- meinten höheren Gaben zu brüſten, mit welchen uns die Natur zum Nachtheile aller anderen Geſchöpfe ſo reichlich beſchenkt ha- ben ſoll, diejenigen Gaben, die wir in der That erhalten haben, ganz unpartheiiſch etwas näher kennen zu lernen ſuchten, als wir bisher gethan haben. Unſere Philoſophen ſollten, ſtatt der un- fruchtbaren Speculationen, mit welchen ſie ihre Zeit vergenden, vielmehr dieſe innere Organiſation des Menſchen genauer kennen lernen. Noch fehlt es uns zu ſehr an Beobachtungen und Erfah- rungen, um die Natur von dieſer uns ſo nahen und zugleich ſo intereſſanten Seite mit Nutzen ſtudieren zu können. Das würde dermaleinſt eine Phyſiologie höherer Art geben und uns eine ganz neue Welt von Kenntniſſen öffnen. Was ſtünde da zu erwarten und

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/430>, abgerufen am 01.11.2024.