Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
fehlerhaft ist. Eben so zeigt a = 2, daß man 200 gegen 1 wet- ten kann, daß das Resultat nicht über 1,"3 fehlerhaft ist u. s. f.
Dieß wird hinreichen, den Lesern eine wenigstens allgemeine Ansicht von dieser neuen Rechnungsart und von der ausgebreite- ten Anwendung derselben bei allen naturwissenschaftlichen Unter- suchungen zu geben.
§. 74. (Bereits geleisteter Nutzen dieser neuen Rechnungsart in der Astronomie.) Die Astronomie bietet uns bereits mehrere Beispiele von dem Nutzen dar, welchen die Wahrscheinlichkeitsrech- nung, obschon sie erst seit kurzer Zeit ihre größere Ausbildung erhalten hat, in oft sehr verwickelten Untersuchungen geleistet hat, über deren wahre Kenntniß wir, ohne die Hülfe dieser Ana- lyse, vielleicht noch lange in Ungewißheit geblieben wären.
Eines der wichtigsten Elemente der gesammten Astronomie ist ohne Zweifel die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde, oder die halbe große Axe der Erdbahn, da von ihr die Bestim- mung aller anderen Entfernungen der Planeten unseres Systems von einander abhängt, wie unmittelbar aus dem oben (I. S. 288) erklärten dritten Gesetze Kepplers folgt. Encke hat die sämmt- lichen Beobachtungen der beiden Venusdurchgänge von 1761 und 1769, die zu diesem Zwecke besonders geeignet sind (II. S. 78) mit der größten Sorgfalt berechnet, und als Resultat seiner Unter- suchungen gefunden, daß die wahrscheinlichste mittlere Horizontal- parallaxe der Sonne für die Bewohner des Erdäquators gleich 8,5776 Sekunden ist, und daß der wahrscheinliche Fehler dieser Bestimmung 0,037 Sekunden beträgt. Demnach würde man also in einer billigen Wette Eins gegen Eins für die Be- hauptung einsetzen können, daß jene Sonnenparallaxe nicht klei- ner als 8,"5406 und nicht größer als 8,"6146 ist. Welches ist aber die daraus folgende Ungewißheit unserer Kenntniß der mitt- leren Entfernung der Sonne von der Erde? -- Wenn man auf einen Grad des Aequators, wie gewöhnlich, 15 geographische Meilen rechnet, so daß also der Umfang des ganzen Aequators 5400 Meilen hat, so folgt daraus der Halbmesser des Aequators (I. S. 50) zu 859,4366 Meilen. Dann beträgt also die aus der obigen wahr- scheinlichsten Parallaxe abgeleitete Entfernung der Sonne 20666800 Meilen und aus dem zuvor angegebenen wahrscheinlichen Fehler
Littrow's Himmel u. s. Wunder. III. 28
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
fehlerhaft iſt. Eben ſo zeigt a = 2, daß man 200 gegen 1 wet- ten kann, daß das Reſultat nicht über 1,″3 fehlerhaft iſt u. ſ. f.
Dieß wird hinreichen, den Leſern eine wenigſtens allgemeine Anſicht von dieſer neuen Rechnungsart und von der ausgebreite- ten Anwendung derſelben bei allen naturwiſſenſchaftlichen Unter- ſuchungen zu geben.
§. 74. (Bereits geleiſteter Nutzen dieſer neuen Rechnungsart in der Aſtronomie.) Die Aſtronomie bietet uns bereits mehrere Beiſpiele von dem Nutzen dar, welchen die Wahrſcheinlichkeitsrech- nung, obſchon ſie erſt ſeit kurzer Zeit ihre größere Ausbildung erhalten hat, in oft ſehr verwickelten Unterſuchungen geleiſtet hat, über deren wahre Kenntniß wir, ohne die Hülfe dieſer Ana- lyſe, vielleicht noch lange in Ungewißheit geblieben wären.
Eines der wichtigſten Elemente der geſammten Aſtronomie iſt ohne Zweifel die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde, oder die halbe große Axe der Erdbahn, da von ihr die Beſtim- mung aller anderen Entfernungen der Planeten unſeres Syſtems von einander abhängt, wie unmittelbar aus dem oben (I. S. 288) erklärten dritten Geſetze Kepplers folgt. Encke hat die ſämmt- lichen Beobachtungen der beiden Venusdurchgänge von 1761 und 1769, die zu dieſem Zwecke beſonders geeignet ſind (II. S. 78) mit der größten Sorgfalt berechnet, und als Reſultat ſeiner Unter- ſuchungen gefunden, daß die wahrſcheinlichſte mittlere Horizontal- parallaxe der Sonne für die Bewohner des Erdäquators gleich 8,5776 Sekunden iſt, und daß der wahrſcheinliche Fehler dieſer Beſtimmung 0,037 Sekunden beträgt. Demnach würde man alſo in einer billigen Wette Eins gegen Eins für die Be- hauptung einſetzen können, daß jene Sonnenparallaxe nicht klei- ner als 8,″5406 und nicht größer als 8,″6146 iſt. Welches iſt aber die daraus folgende Ungewißheit unſerer Kenntniß der mitt- leren Entfernung der Sonne von der Erde? — Wenn man auf einen Grad des Aequators, wie gewöhnlich, 15 geographiſche Meilen rechnet, ſo daß alſo der Umfang des ganzen Aequators 5400 Meilen hat, ſo folgt daraus der Halbmeſſer des Aequators (I. S. 50) zu 859,4366 Meilen. Dann beträgt alſo die aus der obigen wahr- ſcheinlichſten Parallaxe abgeleitete Entfernung der Sonne 20666800 Meilen und aus dem zuvor angegebenen wahrſcheinlichen Fehler
Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. III. 28
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Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
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ten kann, daß das Reſultat nicht über 1,″3 fehlerhaft iſt u. ſ. f.
Dieß wird hinreichen, den Leſern eine wenigſtens allgemeine
Anſicht von dieſer neuen Rechnungsart und von der ausgebreite-
ten Anwendung derſelben bei allen naturwiſſenſchaftlichen Unter-
ſuchungen zu geben.
§. 74. (Bereits geleiſteter Nutzen dieſer neuen Rechnungsart
in der Aſtronomie.) Die Aſtronomie bietet uns bereits mehrere
Beiſpiele von dem Nutzen dar, welchen die Wahrſcheinlichkeitsrech-
nung, obſchon ſie erſt ſeit kurzer Zeit ihre größere Ausbildung
erhalten hat, in oft ſehr verwickelten Unterſuchungen geleiſtet hat,
über deren wahre Kenntniß wir, ohne die Hülfe dieſer Ana-
lyſe, vielleicht noch lange in Ungewißheit geblieben wären.
Eines der wichtigſten Elemente der geſammten Aſtronomie iſt
ohne Zweifel die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde,
oder die halbe große Axe der Erdbahn, da von ihr die Beſtim-
mung aller anderen Entfernungen der Planeten unſeres Syſtems
von einander abhängt, wie unmittelbar aus dem oben (I. S. 288)
erklärten dritten Geſetze Kepplers folgt. Encke hat die ſämmt-
lichen Beobachtungen der beiden Venusdurchgänge von 1761 und
1769, die zu dieſem Zwecke beſonders geeignet ſind (II. S. 78)
mit der größten Sorgfalt berechnet, und als Reſultat ſeiner Unter-
ſuchungen gefunden, daß die wahrſcheinlichſte mittlere Horizontal-
parallaxe der Sonne für die Bewohner des Erdäquators gleich
8,5776 Sekunden iſt, und daß der wahrſcheinliche Fehler
dieſer Beſtimmung 0,037 Sekunden beträgt. Demnach würde
man alſo in einer billigen Wette Eins gegen Eins für die Be-
hauptung einſetzen können, daß jene Sonnenparallaxe nicht klei-
ner als 8,″5406 und nicht größer als 8,″6146 iſt. Welches iſt
aber die daraus folgende Ungewißheit unſerer Kenntniß der mitt-
leren Entfernung der Sonne von der Erde? — Wenn man auf
einen Grad des Aequators, wie gewöhnlich, 15 geographiſche
Meilen rechnet, ſo daß alſo der Umfang des ganzen Aequators 5400
Meilen hat, ſo folgt daraus der Halbmeſſer des Aequators (I. S. 50)
zu 859,4366 Meilen. Dann beträgt alſo die aus der obigen wahr-
ſcheinlichſten Parallaxe abgeleitete Entfernung der Sonne 20666800
Meilen und aus dem zuvor angegebenen wahrſcheinlichen Fehler
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/445>, abgerufen am 01.11.2024.
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