Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
Erscheinung in der Veränderlichkeit der Excentricität der Erdhahn zu finden, wie dieß bereits oben (I. S. 331) gesagt worden ist.
Wir wissen ferner, daß die Ebbe und Fluth des Weltmeeres eine Folge der Attraction des Mondes und der Sonne auf die Gewässer der Erde ist. Durch diese Anziehung steigt das Meer in dem Hafen von Brest, selbst in seiner mittleren Höhe, täglich zweimal um 20 Fuß, und in St. Malo, nur zwanzig Meilen östlich von Brest, sogar um 50 Fuß, der Springfluthen nicht zu erwähnen, die noch viel höher gehen. Im Allgemeinen sind diese Fluthen in den tropischen Meeren am größten, während sie näher an den Polen beinahe ganz verschwinden. Es war zu erwarten, daß diese Wirkung der Sonne und des Mondes ähnliche und vielleicht noch größere Bewegungen in der Atmosphäre erzeugt, die unsere Erde umgibt und die noch viel beweglicher ist, als das Meer. Laplace hat zu diesem Zwecke eine große Menge sorgfältig zu Paris angestellter Barometerbeobachtungen untersucht, aber die- jenigen Aenderungen desselben, welche von einer solchen Einwirkung jener beiden Gestirne kommen könnten, so ungemein klein gefun- den, im Maximum kaum drei Hunderttheile einer Linie, daß, die Wahrscheinlichkeitsrechnung darauf angewendet, das Daseyn einer solchen atmosphärischen Ebbe und Fluth noch ganz unentschieden bleibt. Unter dem Aequator, wo jener Einfluß beträchtlicher ist, würden sich Untersuchungen dieser Art mit größerer Sicherheit anstellen lassen.
Glücklicher war man mit einer anderen, obschon ebenfalls sehr kleinen periodischen Aenderung des Barometers, die von der Temperatur der verschiedenen Tageszeiten abhängt und die eben- falls in der heißen Zone am merklichsten ist. Man fand nämlich, daß dieses Instrument, der gewöhnlichen Schwankungen ungeach- tet, die es wegen der Verschiedenheit des Luftdrucks zeigt, regel- mäßig gegen 9 Uhr Morgens und 11 Uhr Abends am höchsten, und wieder um 3 Uhr Abends und 4 Uhr Morgens am tiefsten steht. In den Tropenländern beträgt die Differenz zwischen dem höchsten und niedrigsten Stande des Barometers nahe 8/10 einer Par. Linie. In unseren Breiten aber, wo man sie zuerst entdeckte, sind sie viel kleiner, aber auch hier zeigte unsere neue Analyse, daß man viele Tausende gegen Eins wetten könne, daß diese Erscheinung
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Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Erſcheinung in der Veränderlichkeit der Excentricität der Erdhahn zu finden, wie dieß bereits oben (I. S. 331) geſagt worden iſt.
Wir wiſſen ferner, daß die Ebbe und Fluth des Weltmeeres eine Folge der Attraction des Mondes und der Sonne auf die Gewäſſer der Erde iſt. Durch dieſe Anziehung ſteigt das Meer in dem Hafen von Breſt, ſelbſt in ſeiner mittleren Höhe, täglich zweimal um 20 Fuß, und in St. Malo, nur zwanzig Meilen öſtlich von Breſt, ſogar um 50 Fuß, der Springfluthen nicht zu erwähnen, die noch viel höher gehen. Im Allgemeinen ſind dieſe Fluthen in den tropiſchen Meeren am größten, während ſie näher an den Polen beinahe ganz verſchwinden. Es war zu erwarten, daß dieſe Wirkung der Sonne und des Mondes ähnliche und vielleicht noch größere Bewegungen in der Atmoſphäre erzeugt, die unſere Erde umgibt und die noch viel beweglicher iſt, als das Meer. Laplace hat zu dieſem Zwecke eine große Menge ſorgfältig zu Paris angeſtellter Barometerbeobachtungen unterſucht, aber die- jenigen Aenderungen deſſelben, welche von einer ſolchen Einwirkung jener beiden Geſtirne kommen könnten, ſo ungemein klein gefun- den, im Maximum kaum drei Hunderttheile einer Linie, daß, die Wahrſcheinlichkeitsrechnung darauf angewendet, das Daſeyn einer ſolchen atmoſphäriſchen Ebbe und Fluth noch ganz unentſchieden bleibt. Unter dem Aequator, wo jener Einfluß beträchtlicher iſt, würden ſich Unterſuchungen dieſer Art mit größerer Sicherheit anſtellen laſſen.
Glücklicher war man mit einer anderen, obſchon ebenfalls ſehr kleinen periodiſchen Aenderung des Barometers, die von der Temperatur der verſchiedenen Tageszeiten abhängt und die eben- falls in der heißen Zone am merklichſten iſt. Man fand nämlich, daß dieſes Inſtrument, der gewöhnlichen Schwankungen ungeach- tet, die es wegen der Verſchiedenheit des Luftdrucks zeigt, regel- mäßig gegen 9 Uhr Morgens und 11 Uhr Abends am höchſten, und wieder um 3 Uhr Abends und 4 Uhr Morgens am tiefſten ſteht. In den Tropenländern beträgt die Differenz zwiſchen dem höchſten und niedrigſten Stande des Barometers nahe 8/10 einer Par. Linie. In unſeren Breiten aber, wo man ſie zuerſt entdeckte, ſind ſie viel kleiner, aber auch hier zeigte unſere neue Analyſe, daß man viele Tauſende gegen Eins wetten könne, daß dieſe Erſcheinung
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Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Erſcheinung in der Veränderlichkeit der Excentricität der Erdhahn
zu finden, wie dieß bereits oben (I. S. 331) geſagt worden iſt.
Wir wiſſen ferner, daß die Ebbe und Fluth des Weltmeeres
eine Folge der Attraction des Mondes und der Sonne auf die
Gewäſſer der Erde iſt. Durch dieſe Anziehung ſteigt das Meer
in dem Hafen von Breſt, ſelbſt in ſeiner mittleren Höhe, täglich
zweimal um 20 Fuß, und in St. Malo, nur zwanzig Meilen
öſtlich von Breſt, ſogar um 50 Fuß, der Springfluthen nicht zu
erwähnen, die noch viel höher gehen. Im Allgemeinen ſind dieſe
Fluthen in den tropiſchen Meeren am größten, während ſie näher
an den Polen beinahe ganz verſchwinden. Es war zu erwarten,
daß dieſe Wirkung der Sonne und des Mondes ähnliche und
vielleicht noch größere Bewegungen in der Atmoſphäre erzeugt, die
unſere Erde umgibt und die noch viel beweglicher iſt, als das Meer.
Laplace hat zu dieſem Zwecke eine große Menge ſorgfältig zu
Paris angeſtellter Barometerbeobachtungen unterſucht, aber die-
jenigen Aenderungen deſſelben, welche von einer ſolchen Einwirkung
jener beiden Geſtirne kommen könnten, ſo ungemein klein gefun-
den, im Maximum kaum drei Hunderttheile einer Linie, daß, die
Wahrſcheinlichkeitsrechnung darauf angewendet, das Daſeyn einer
ſolchen atmoſphäriſchen Ebbe und Fluth noch ganz unentſchieden
bleibt. Unter dem Aequator, wo jener Einfluß beträchtlicher iſt,
würden ſich Unterſuchungen dieſer Art mit größerer Sicherheit
anſtellen laſſen.
Glücklicher war man mit einer anderen, obſchon ebenfalls
ſehr kleinen periodiſchen Aenderung des Barometers, die von der
Temperatur der verſchiedenen Tageszeiten abhängt und die eben-
falls in der heißen Zone am merklichſten iſt. Man fand nämlich,
daß dieſes Inſtrument, der gewöhnlichen Schwankungen ungeach-
tet, die es wegen der Verſchiedenheit des Luftdrucks zeigt, regel-
mäßig gegen 9 Uhr Morgens und 11 Uhr Abends am höchſten, und
wieder um 3 Uhr Abends und 4 Uhr Morgens am tiefſten ſteht.
In den Tropenländern beträgt die Differenz zwiſchen dem höchſten
und niedrigſten Stande des Barometers nahe 8/10 einer Par. Linie.
In unſeren Breiten aber, wo man ſie zuerſt entdeckte, ſind ſie
viel kleiner, aber auch hier zeigte unſere neue Analyſe, daß man
viele Tauſende gegen Eins wetten könne, daß dieſe Erſcheinung
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/447>, abgerufen am 01.11.2024.
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