Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

von Dettelsau nicht viel wäre, so ist doch die Meinung keineswegs so, sondern im Gegentheil wir halten Blödenanstalten für nothwendig und segensreich und alles, wozu wir uns unsres Ortes bekennen wollen und dürfen, besteht darin, daß wir unsern wohlgemeinten und treuen Dienst nicht unter übertriebenen Ansprüchen und großen Verheißungen leisten wollen. Wer hier bekannt ist, der weiß, mit welchem Vergnügen die hiesigen Blödenprüfungen besucht zu werden pflegen, und daß man sich vielfach über die Leistungen der Anstalt verwundert. Dem Allen aber wollen wir nicht widersprechen, sondern sind froh, daß die Lehrerinnen bei ihrer großen Mühe und Plage diese Anerkennung finden und mit gutem Gewißen dahinnehmen dürfen. Ueberhaupt gleicht die Blödenanstalt auf dem Territorium von Dettelsau einer schönen Insel, die sich rings von dem Lande und Anstaltencomplex zu ihrem Vortheil heraushebt und geltend macht. Unsere Schulanstalten stehen im Flor und es ist keine Ursache vorhanden, sie nicht zu wünschen oder nicht zu fördern, aber die Blödenanstalt hat dennoch einen Vorrang vor den Schulen und das kommt daher, daß sie einem so großen und namenlosen Elend steuert. Sie dient den Blöden aller Art und aller Stufen, sie dient Epileptischen, sie dient Geisteskranken. Also leistet sie nach einer dreifachen Seite hin ihre Dienste und gewiß vom Arzte und der Oberschwester an bis zur jüngsten Diaconissin und Dienerin sucht jedes das Mögliche zu leisten. Der Arzt steht im größten Ansehen und der Rector selber wird seine Hilfe und Dienstleistung mit vollem Willen anerkennen und ehren, und ebenso wird die Güte, Tüchtigkeit und Treue der Oberschwester das beste Lob verdienen. Es geht auch hier zuweilen der Todesengel durch's Haus und macht die armen Blumen welken, aber ich habe noch nie gehört, daß irgend ein verständiger Mensch mit den Leistungen der Anstalt unzufrieden

von Dettelsau nicht viel wäre, so ist doch die Meinung keineswegs so, sondern im Gegentheil wir halten Blödenanstalten für nothwendig und segensreich und alles, wozu wir uns unsres Ortes bekennen wollen und dürfen, besteht darin, daß wir unsern wohlgemeinten und treuen Dienst nicht unter übertriebenen Ansprüchen und großen Verheißungen leisten wollen. Wer hier bekannt ist, der weiß, mit welchem Vergnügen die hiesigen Blödenprüfungen besucht zu werden pflegen, und daß man sich vielfach über die Leistungen der Anstalt verwundert. Dem Allen aber wollen wir nicht widersprechen, sondern sind froh, daß die Lehrerinnen bei ihrer großen Mühe und Plage diese Anerkennung finden und mit gutem Gewißen dahinnehmen dürfen. Ueberhaupt gleicht die Blödenanstalt auf dem Territorium von Dettelsau einer schönen Insel, die sich rings von dem Lande und Anstaltencomplex zu ihrem Vortheil heraushebt und geltend macht. Unsere Schulanstalten stehen im Flor und es ist keine Ursache vorhanden, sie nicht zu wünschen oder nicht zu fördern, aber die Blödenanstalt hat dennoch einen Vorrang vor den Schulen und das kommt daher, daß sie einem so großen und namenlosen Elend steuert. Sie dient den Blöden aller Art und aller Stufen, sie dient Epileptischen, sie dient Geisteskranken. Also leistet sie nach einer dreifachen Seite hin ihre Dienste und gewiß vom Arzte und der Oberschwester an bis zur jüngsten Diaconissin und Dienerin sucht jedes das Mögliche zu leisten. Der Arzt steht im größten Ansehen und der Rector selber wird seine Hilfe und Dienstleistung mit vollem Willen anerkennen und ehren, und ebenso wird die Güte, Tüchtigkeit und Treue der Oberschwester das beste Lob verdienen. Es geht auch hier zuweilen der Todesengel durch’s Haus und macht die armen Blumen welken, aber ich habe noch nie gehört, daß irgend ein verständiger Mensch mit den Leistungen der Anstalt unzufrieden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0101" n="101"/>
von Dettelsau nicht viel wäre, so ist doch die Meinung keineswegs so, sondern im Gegentheil wir halten Blödenanstalten für nothwendig und segensreich und alles, wozu wir uns unsres Ortes bekennen wollen und dürfen, besteht darin, daß wir unsern wohlgemeinten und treuen Dienst nicht unter übertriebenen Ansprüchen und großen Verheißungen leisten wollen. Wer hier bekannt ist, der weiß, mit welchem Vergnügen die hiesigen Blödenprüfungen besucht zu werden pflegen, und daß man sich vielfach über die Leistungen der Anstalt verwundert. Dem Allen aber wollen wir nicht widersprechen, sondern sind froh, daß die Lehrerinnen bei ihrer großen Mühe und Plage diese Anerkennung finden und mit gutem Gewißen dahinnehmen dürfen. Ueberhaupt gleicht die Blödenanstalt auf dem Territorium von Dettelsau einer schönen Insel, die sich rings von dem Lande und Anstaltencomplex zu ihrem Vortheil heraushebt und geltend macht. Unsere Schulanstalten stehen im Flor und es ist keine Ursache vorhanden, sie nicht zu wünschen oder nicht zu fördern, aber die Blödenanstalt hat dennoch einen Vorrang vor den Schulen und das kommt daher, daß sie einem so großen und namenlosen Elend steuert. Sie dient den Blöden aller Art und aller Stufen, sie dient Epileptischen, sie dient Geisteskranken. Also leistet sie nach einer dreifachen Seite hin ihre Dienste und gewiß vom Arzte und der Oberschwester an bis zur jüngsten Diaconissin und Dienerin sucht jedes das Mögliche zu leisten. Der Arzt steht im größten Ansehen und der Rector selber wird seine Hilfe und Dienstleistung mit vollem Willen anerkennen und ehren, und ebenso wird die Güte, Tüchtigkeit und Treue der Oberschwester das beste Lob verdienen. Es geht auch hier zuweilen der Todesengel durch&#x2019;s Haus und macht die armen Blumen welken, aber ich habe noch nie gehört, daß irgend ein verständiger Mensch mit den Leistungen der Anstalt unzufrieden
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0101] von Dettelsau nicht viel wäre, so ist doch die Meinung keineswegs so, sondern im Gegentheil wir halten Blödenanstalten für nothwendig und segensreich und alles, wozu wir uns unsres Ortes bekennen wollen und dürfen, besteht darin, daß wir unsern wohlgemeinten und treuen Dienst nicht unter übertriebenen Ansprüchen und großen Verheißungen leisten wollen. Wer hier bekannt ist, der weiß, mit welchem Vergnügen die hiesigen Blödenprüfungen besucht zu werden pflegen, und daß man sich vielfach über die Leistungen der Anstalt verwundert. Dem Allen aber wollen wir nicht widersprechen, sondern sind froh, daß die Lehrerinnen bei ihrer großen Mühe und Plage diese Anerkennung finden und mit gutem Gewißen dahinnehmen dürfen. Ueberhaupt gleicht die Blödenanstalt auf dem Territorium von Dettelsau einer schönen Insel, die sich rings von dem Lande und Anstaltencomplex zu ihrem Vortheil heraushebt und geltend macht. Unsere Schulanstalten stehen im Flor und es ist keine Ursache vorhanden, sie nicht zu wünschen oder nicht zu fördern, aber die Blödenanstalt hat dennoch einen Vorrang vor den Schulen und das kommt daher, daß sie einem so großen und namenlosen Elend steuert. Sie dient den Blöden aller Art und aller Stufen, sie dient Epileptischen, sie dient Geisteskranken. Also leistet sie nach einer dreifachen Seite hin ihre Dienste und gewiß vom Arzte und der Oberschwester an bis zur jüngsten Diaconissin und Dienerin sucht jedes das Mögliche zu leisten. Der Arzt steht im größten Ansehen und der Rector selber wird seine Hilfe und Dienstleistung mit vollem Willen anerkennen und ehren, und ebenso wird die Güte, Tüchtigkeit und Treue der Oberschwester das beste Lob verdienen. Es geht auch hier zuweilen der Todesengel durch’s Haus und macht die armen Blumen welken, aber ich habe noch nie gehört, daß irgend ein verständiger Mensch mit den Leistungen der Anstalt unzufrieden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-03T16:04:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-03T16:04:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-03T16:04:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/101
Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/101>, abgerufen am 18.12.2024.