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Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

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Bewohner des Hauses, die sich in wunderlichem Zuge zusammenschloßen, Kinder und Erwachsene, vom Schwachsinn bis zum Cretinismus, alle zogen fröhlich ein in ihr schönes Haus und gaben ihre Freude auf die seltsamste Weise zu erkennen. Die Katechisation über die Bedeutung des Tages, welche hierauf mit ihnen vorgenommen wurde, gab doch bei allem Verkehrten der Antworten ein Zeugnis, wie auch diese Armen ein Gefühl der an ihnen geschehenen Wohlthaten besitzen; in rührender Weise zählten sie auf, was ihnen bisher im alten Hause zu Theil geworden, eines der Kinder legte aus eigenem Antrieb ganz richtig die Auslegung des 1. Artikels dabei zu Grunde. - Darauf zerstreute sich die Versammlung, entweder um die Räume des Hauses zu durchwandern, oder der Bewirthung der Blöden zuzusehen, oder um sich selbst bewirthen zu laßen. Durch die Stiftung einer Freistelle von einem Wohlthäter für ein blödes Kind erhielt dieser Tag noch eine paßende Auszeichnung, dem es ohnehin an Dank und Freude nicht mangelte. Möge nun der Segen der Benediction auf dem Hause ruhen und in gleicher Weise sichtbar werden, wie es bei unserm Rettungshaus der Fall ist, dessen liebliches Gedeihen zuversichtlich der Kraft der Benediction zugeschrieben werden darf, daß uns die Bauschulden nicht zu einer Last, sondern vielmehr zu einem neuen Beweis werden, wie GOtt selber alle Häuser zahlt, die Ihm zu Liebe erbaut sind."

§. 6.
Magdalenium.

Daß hier ein eignes Haus für Magdalenen erbaut wurde und nun bereits vier Jahre im Stand gehalten wird, verdanken wir fremder Hilfe. Denn, obwohl wir wohl allezeit, seitdem das Diaconissenhaus besteht, uns der Gesunkenen des weiblichen Geschlechtes angenommen haben, so hat man doch das Ziel früherhin nicht methodisch verfolgt, sondern nur dazu gegriffen, wo sich gerade eine Gelegenheit ergab, ohne daß man darauf ausgegangen wäre, die Bemühung anstaltsmäßig fortzusetzen. Es fehlte der Impuls der Noth und wenn der irgend ein Mal hervortrat, so nahm man sich der Hilfsbedürftigen an, so wie es gieng. Es fehlte nicht Raum und

Bewohner des Hauses, die sich in wunderlichem Zuge zusammenschloßen, Kinder und Erwachsene, vom Schwachsinn bis zum Cretinismus, alle zogen fröhlich ein in ihr schönes Haus und gaben ihre Freude auf die seltsamste Weise zu erkennen. Die Katechisation über die Bedeutung des Tages, welche hierauf mit ihnen vorgenommen wurde, gab doch bei allem Verkehrten der Antworten ein Zeugnis, wie auch diese Armen ein Gefühl der an ihnen geschehenen Wohlthaten besitzen; in rührender Weise zählten sie auf, was ihnen bisher im alten Hause zu Theil geworden, eines der Kinder legte aus eigenem Antrieb ganz richtig die Auslegung des 1. Artikels dabei zu Grunde. – Darauf zerstreute sich die Versammlung, entweder um die Räume des Hauses zu durchwandern, oder der Bewirthung der Blöden zuzusehen, oder um sich selbst bewirthen zu laßen. Durch die Stiftung einer Freistelle von einem Wohlthäter für ein blödes Kind erhielt dieser Tag noch eine paßende Auszeichnung, dem es ohnehin an Dank und Freude nicht mangelte. Möge nun der Segen der Benediction auf dem Hause ruhen und in gleicher Weise sichtbar werden, wie es bei unserm Rettungshaus der Fall ist, dessen liebliches Gedeihen zuversichtlich der Kraft der Benediction zugeschrieben werden darf, daß uns die Bauschulden nicht zu einer Last, sondern vielmehr zu einem neuen Beweis werden, wie GOtt selber alle Häuser zahlt, die Ihm zu Liebe erbaut sind.“

§. 6.
Magdalenium.

Daß hier ein eignes Haus für Magdalenen erbaut wurde und nun bereits vier Jahre im Stand gehalten wird, verdanken wir fremder Hilfe. Denn, obwohl wir wohl allezeit, seitdem das Diaconissenhaus besteht, uns der Gesunkenen des weiblichen Geschlechtes angenommen haben, so hat man doch das Ziel früherhin nicht methodisch verfolgt, sondern nur dazu gegriffen, wo sich gerade eine Gelegenheit ergab, ohne daß man darauf ausgegangen wäre, die Bemühung anstaltsmäßig fortzusetzen. Es fehlte der Impuls der Noth und wenn der irgend ein Mal hervortrat, so nahm man sich der Hilfsbedürftigen an, so wie es gieng. Es fehlte nicht Raum und

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[107/0107] Bewohner des Hauses, die sich in wunderlichem Zuge zusammenschloßen, Kinder und Erwachsene, vom Schwachsinn bis zum Cretinismus, alle zogen fröhlich ein in ihr schönes Haus und gaben ihre Freude auf die seltsamste Weise zu erkennen. Die Katechisation über die Bedeutung des Tages, welche hierauf mit ihnen vorgenommen wurde, gab doch bei allem Verkehrten der Antworten ein Zeugnis, wie auch diese Armen ein Gefühl der an ihnen geschehenen Wohlthaten besitzen; in rührender Weise zählten sie auf, was ihnen bisher im alten Hause zu Theil geworden, eines der Kinder legte aus eigenem Antrieb ganz richtig die Auslegung des 1. Artikels dabei zu Grunde. – Darauf zerstreute sich die Versammlung, entweder um die Räume des Hauses zu durchwandern, oder der Bewirthung der Blöden zuzusehen, oder um sich selbst bewirthen zu laßen. Durch die Stiftung einer Freistelle von einem Wohlthäter für ein blödes Kind erhielt dieser Tag noch eine paßende Auszeichnung, dem es ohnehin an Dank und Freude nicht mangelte. Möge nun der Segen der Benediction auf dem Hause ruhen und in gleicher Weise sichtbar werden, wie es bei unserm Rettungshaus der Fall ist, dessen liebliches Gedeihen zuversichtlich der Kraft der Benediction zugeschrieben werden darf, daß uns die Bauschulden nicht zu einer Last, sondern vielmehr zu einem neuen Beweis werden, wie GOtt selber alle Häuser zahlt, die Ihm zu Liebe erbaut sind.“ §. 6. Magdalenium. Daß hier ein eignes Haus für Magdalenen erbaut wurde und nun bereits vier Jahre im Stand gehalten wird, verdanken wir fremder Hilfe. Denn, obwohl wir wohl allezeit, seitdem das Diaconissenhaus besteht, uns der Gesunkenen des weiblichen Geschlechtes angenommen haben, so hat man doch das Ziel früherhin nicht methodisch verfolgt, sondern nur dazu gegriffen, wo sich gerade eine Gelegenheit ergab, ohne daß man darauf ausgegangen wäre, die Bemühung anstaltsmäßig fortzusetzen. Es fehlte der Impuls der Noth und wenn der irgend ein Mal hervortrat, so nahm man sich der Hilfsbedürftigen an, so wie es gieng. Es fehlte nicht Raum und

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/107>, abgerufen am 21.11.2024.