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Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

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Gelegenheit, eine oder ein paar Magdalenen irgend wie bei den reichen Beschäftigungen des Hauses unterzubringen, und die Masse der Beßeren im Hause wirkten auf die einzelnen wenigen Verkommenen ihres Geschlechtes kräftiger und unaufhaltsamer ein, als wenn man eine größere Anzahl von derselben Art in einem Hause versammelt hätte, die dann doch von dem größeren Ganzen so hätten abgesondert werden müßen, daß sie durch die besondere Führung auffallend geworden wären. Von einem Magdalenium konnten wir anfangs nicht reden, sondern nur von einzelnen Gefallenen, auf welche die ganze Versammlung des Hauses mit erbarmungsvollem Mitleid sah und welche so in das Ganze eingefügt waren, daß sie sich gegen den Geist des Ganzen nicht wohl wehren konnten. Bei der Vereinzelung der Verlornen hatte man guten Erfolg und hatte es nie zu bereuen, sie mitgenommen zu haben. Allmählich aber wurde man genöthigt, zu überlegen, ob nicht ein anstaltsmäßiger Betrieb der Magdalenensache in größerem Maßstab dennoch vorzuziehen wäre. Das Diaconissenhaus lag in so einsamer Stille und so im Zug des Guten, daß man am Ende glaubte, die vorhandene Ueberwindungskraft lange auch für eine größere Schaar. Sehr leicht war es, die sich zusammenfindenden bei der Wäscherei, Bügelei und Flickerei und bei den übrigen Geschäften eines gesonderten Magdalenen-Haushaltes unterzubringen und zu beschäftigen, ja es zeigte sich bald, welch eine Fülle von Arbeit bei den verschiedenen Anstalten und deren verschiedenen Bedürfnissen vorhanden war. An Persönlichkeiten, die geeignet waren, den Magdalenen beim Haushalt und bei ihrer Arbeit vorzustehen, fehlte es nicht, und der eine Hauptfactor eines Magdaleniums, der ihnen die Nothwendigkeit der Arbeit begreiflich machte, war vorhanden. Dazu war man nicht genöthigt, Gebet und Schule mühsam herzustellen, da

Gelegenheit, eine oder ein paar Magdalenen irgend wie bei den reichen Beschäftigungen des Hauses unterzubringen, und die Masse der Beßeren im Hause wirkten auf die einzelnen wenigen Verkommenen ihres Geschlechtes kräftiger und unaufhaltsamer ein, als wenn man eine größere Anzahl von derselben Art in einem Hause versammelt hätte, die dann doch von dem größeren Ganzen so hätten abgesondert werden müßen, daß sie durch die besondere Führung auffallend geworden wären. Von einem Magdalenium konnten wir anfangs nicht reden, sondern nur von einzelnen Gefallenen, auf welche die ganze Versammlung des Hauses mit erbarmungsvollem Mitleid sah und welche so in das Ganze eingefügt waren, daß sie sich gegen den Geist des Ganzen nicht wohl wehren konnten. Bei der Vereinzelung der Verlornen hatte man guten Erfolg und hatte es nie zu bereuen, sie mitgenommen zu haben. Allmählich aber wurde man genöthigt, zu überlegen, ob nicht ein anstaltsmäßiger Betrieb der Magdalenensache in größerem Maßstab dennoch vorzuziehen wäre. Das Diaconissenhaus lag in so einsamer Stille und so im Zug des Guten, daß man am Ende glaubte, die vorhandene Ueberwindungskraft lange auch für eine größere Schaar. Sehr leicht war es, die sich zusammenfindenden bei der Wäscherei, Bügelei und Flickerei und bei den übrigen Geschäften eines gesonderten Magdalenen–Haushaltes unterzubringen und zu beschäftigen, ja es zeigte sich bald, welch eine Fülle von Arbeit bei den verschiedenen Anstalten und deren verschiedenen Bedürfnissen vorhanden war. An Persönlichkeiten, die geeignet waren, den Magdalenen beim Haushalt und bei ihrer Arbeit vorzustehen, fehlte es nicht, und der eine Hauptfactor eines Magdaleniums, der ihnen die Nothwendigkeit der Arbeit begreiflich machte, war vorhanden. Dazu war man nicht genöthigt, Gebet und Schule mühsam herzustellen, da

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[108/0108] Gelegenheit, eine oder ein paar Magdalenen irgend wie bei den reichen Beschäftigungen des Hauses unterzubringen, und die Masse der Beßeren im Hause wirkten auf die einzelnen wenigen Verkommenen ihres Geschlechtes kräftiger und unaufhaltsamer ein, als wenn man eine größere Anzahl von derselben Art in einem Hause versammelt hätte, die dann doch von dem größeren Ganzen so hätten abgesondert werden müßen, daß sie durch die besondere Führung auffallend geworden wären. Von einem Magdalenium konnten wir anfangs nicht reden, sondern nur von einzelnen Gefallenen, auf welche die ganze Versammlung des Hauses mit erbarmungsvollem Mitleid sah und welche so in das Ganze eingefügt waren, daß sie sich gegen den Geist des Ganzen nicht wohl wehren konnten. Bei der Vereinzelung der Verlornen hatte man guten Erfolg und hatte es nie zu bereuen, sie mitgenommen zu haben. Allmählich aber wurde man genöthigt, zu überlegen, ob nicht ein anstaltsmäßiger Betrieb der Magdalenensache in größerem Maßstab dennoch vorzuziehen wäre. Das Diaconissenhaus lag in so einsamer Stille und so im Zug des Guten, daß man am Ende glaubte, die vorhandene Ueberwindungskraft lange auch für eine größere Schaar. Sehr leicht war es, die sich zusammenfindenden bei der Wäscherei, Bügelei und Flickerei und bei den übrigen Geschäften eines gesonderten Magdalenen–Haushaltes unterzubringen und zu beschäftigen, ja es zeigte sich bald, welch eine Fülle von Arbeit bei den verschiedenen Anstalten und deren verschiedenen Bedürfnissen vorhanden war. An Persönlichkeiten, die geeignet waren, den Magdalenen beim Haushalt und bei ihrer Arbeit vorzustehen, fehlte es nicht, und der eine Hauptfactor eines Magdaleniums, der ihnen die Nothwendigkeit der Arbeit begreiflich machte, war vorhanden. Dazu war man nicht genöthigt, Gebet und Schule mühsam herzustellen, da

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/108>, abgerufen am 21.11.2024.