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Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

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aber beistimmen werden sie nicht. Das, was die edle Schwester meint, von der ich rede, haben wir nun schon oft genug erlebt. Leere Häuser füllen sich mit Inventar und zusehends werden durch den Segen des Herrn allmählich die armen Kassen voller. Wer nun das öfter gesehen und erfahren hat, der hat sein Auge auf dieselbe Erfahrung immer neu gespannt, wird selber immer ärmer und freut sich dennoch des zunehmenden Gelingens des Ganzen. Wir können getrost die Armuth merken und erfahren, wenn wir dabei dennoch leben und gedeihen, die Sorgen zerrinnen und der Glaube triumphiert. Als das erste Jahr sich wendete, baute ein treuer Freund, unser lieber Hausmeister Johannes Wegmann von Memmingen auf eigne Kosten den östlichen Flügel des Diaconissenhauses, bewohnte ihn auch eine Zeit lang, bis er ihn dem Diaconissenhause ganz überließ und das Haus dafür sein Schuldner wurde. Da war wörtlich geschehen, was wir vom Schluß des ersten Jahres bemerkt hatten, daß sich treue Freunde vorgenommen hätten, im nächsten Jahre den fehlenden Flügel zu bauen. Unter diesem immer zunehmenden Zuwachs an Gebäuden, an Besitz und Habe und allerdings auch an Schulden schwoll die Einwohnerschaft des Diaconissenhauses immer mehr an, bis die kleine Pfarrkirche, in welcher diese zunehmende Menge ihre Bergung suchte, keinen Platz mehr hatte. Ein Zimmermann von Handwerk meinte, vor all den Leuten werde die Kirche feucht. Wenn nun aber die Kirche feucht wird und vor lauter Diaconissen und Schülerinnen kein Platz mehr sein wird, was fängt man dann an? Der Pfarrer lachte über die naß werdende Kirche, sah aber doch wohl ein, daß bei der Zunahme der Anstalt eine Fürsorge für das andächtige Publikum getroffen werden müße. Nun aber wird, wenn einmal wirklich die Dettelsauer Kirche zu klein werden wird, dem armen Gebäude sehr schwer zu

aber beistimmen werden sie nicht. Das, was die edle Schwester meint, von der ich rede, haben wir nun schon oft genug erlebt. Leere Häuser füllen sich mit Inventar und zusehends werden durch den Segen des Herrn allmählich die armen Kassen voller. Wer nun das öfter gesehen und erfahren hat, der hat sein Auge auf dieselbe Erfahrung immer neu gespannt, wird selber immer ärmer und freut sich dennoch des zunehmenden Gelingens des Ganzen. Wir können getrost die Armuth merken und erfahren, wenn wir dabei dennoch leben und gedeihen, die Sorgen zerrinnen und der Glaube triumphiert. Als das erste Jahr sich wendete, baute ein treuer Freund, unser lieber Hausmeister Johannes Wegmann von Memmingen auf eigne Kosten den östlichen Flügel des Diaconissenhauses, bewohnte ihn auch eine Zeit lang, bis er ihn dem Diaconissenhause ganz überließ und das Haus dafür sein Schuldner wurde. Da war wörtlich geschehen, was wir vom Schluß des ersten Jahres bemerkt hatten, daß sich treue Freunde vorgenommen hätten, im nächsten Jahre den fehlenden Flügel zu bauen. Unter diesem immer zunehmenden Zuwachs an Gebäuden, an Besitz und Habe und allerdings auch an Schulden schwoll die Einwohnerschaft des Diaconissenhauses immer mehr an, bis die kleine Pfarrkirche, in welcher diese zunehmende Menge ihre Bergung suchte, keinen Platz mehr hatte. Ein Zimmermann von Handwerk meinte, vor all den Leuten werde die Kirche feucht. Wenn nun aber die Kirche feucht wird und vor lauter Diaconissen und Schülerinnen kein Platz mehr sein wird, was fängt man dann an? Der Pfarrer lachte über die naß werdende Kirche, sah aber doch wohl ein, daß bei der Zunahme der Anstalt eine Fürsorge für das andächtige Publikum getroffen werden müße. Nun aber wird, wenn einmal wirklich die Dettelsauer Kirche zu klein werden wird, dem armen Gebäude sehr schwer zu

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aber beistimmen werden sie nicht. Das, was die edle Schwester meint, von der ich rede, haben wir nun schon oft genug erlebt. Leere Häuser füllen sich mit Inventar und zusehends werden durch den Segen des Herrn allmählich die armen Kassen voller. Wer nun das öfter gesehen und erfahren hat, der hat sein Auge auf dieselbe Erfahrung immer neu gespannt, wird selber immer ärmer und freut sich dennoch des zunehmenden Gelingens des Ganzen. Wir können getrost die Armuth merken und erfahren, wenn wir dabei dennoch leben und gedeihen, die Sorgen zerrinnen und der Glaube triumphiert. Als das <hi rendition="#g">erste</hi> Jahr sich wendete, baute ein treuer Freund, unser lieber Hausmeister Johannes Wegmann von Memmingen auf eigne Kosten den östlichen Flügel des Diaconissenhauses, bewohnte ihn auch eine Zeit lang, bis er ihn dem Diaconissenhause ganz überließ und das Haus dafür sein Schuldner wurde. Da war wörtlich geschehen, was wir vom Schluß des ersten Jahres bemerkt hatten, daß sich treue Freunde vorgenommen hätten, im nächsten Jahre den fehlenden Flügel zu bauen. Unter diesem immer zunehmenden Zuwachs an Gebäuden, an Besitz und Habe und allerdings auch an Schulden schwoll die Einwohnerschaft des Diaconissenhauses immer mehr an, bis die kleine Pfarrkirche, in welcher diese zunehmende Menge ihre Bergung suchte, keinen Platz mehr hatte. Ein Zimmermann von Handwerk meinte, vor all den Leuten werde die Kirche feucht. Wenn nun aber die Kirche feucht wird und vor lauter Diaconissen und Schülerinnen kein Platz mehr sein wird, was fängt man dann an? Der Pfarrer lachte über die naß werdende Kirche, sah aber doch wohl ein, daß bei der Zunahme der Anstalt eine Fürsorge für das andächtige Publikum getroffen werden müße. Nun aber wird, wenn einmal wirklich die Dettelsauer Kirche zu klein werden wird, dem armen Gebäude sehr schwer zu
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[71/0071] aber beistimmen werden sie nicht. Das, was die edle Schwester meint, von der ich rede, haben wir nun schon oft genug erlebt. Leere Häuser füllen sich mit Inventar und zusehends werden durch den Segen des Herrn allmählich die armen Kassen voller. Wer nun das öfter gesehen und erfahren hat, der hat sein Auge auf dieselbe Erfahrung immer neu gespannt, wird selber immer ärmer und freut sich dennoch des zunehmenden Gelingens des Ganzen. Wir können getrost die Armuth merken und erfahren, wenn wir dabei dennoch leben und gedeihen, die Sorgen zerrinnen und der Glaube triumphiert. Als das erste Jahr sich wendete, baute ein treuer Freund, unser lieber Hausmeister Johannes Wegmann von Memmingen auf eigne Kosten den östlichen Flügel des Diaconissenhauses, bewohnte ihn auch eine Zeit lang, bis er ihn dem Diaconissenhause ganz überließ und das Haus dafür sein Schuldner wurde. Da war wörtlich geschehen, was wir vom Schluß des ersten Jahres bemerkt hatten, daß sich treue Freunde vorgenommen hätten, im nächsten Jahre den fehlenden Flügel zu bauen. Unter diesem immer zunehmenden Zuwachs an Gebäuden, an Besitz und Habe und allerdings auch an Schulden schwoll die Einwohnerschaft des Diaconissenhauses immer mehr an, bis die kleine Pfarrkirche, in welcher diese zunehmende Menge ihre Bergung suchte, keinen Platz mehr hatte. Ein Zimmermann von Handwerk meinte, vor all den Leuten werde die Kirche feucht. Wenn nun aber die Kirche feucht wird und vor lauter Diaconissen und Schülerinnen kein Platz mehr sein wird, was fängt man dann an? Der Pfarrer lachte über die naß werdende Kirche, sah aber doch wohl ein, daß bei der Zunahme der Anstalt eine Fürsorge für das andächtige Publikum getroffen werden müße. Nun aber wird, wenn einmal wirklich die Dettelsauer Kirche zu klein werden wird, dem armen Gebäude sehr schwer zu

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/71>, abgerufen am 26.11.2024.