Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Hist. medii aevi.
sten wiederfuhr/ die sich zu Deutschen Hertzogen machen lies-
sen; die Pohlnischen aber nebst den Obotriten Königen blieben
noch in ihrer Freyheit/ wiewohl ihnen viel entnommen ward/ und
die Prignizer/ Havelländer/ Lausitzer und Dalemincier sich un-
ter Deutsche Herrschafft bequemen musten. Bey den Saracenen
blieb es in voriger Verfassung/ die Ungarn aber setzten ihr neu-
es Reich immer fester/ und brachten ein grosses Stück von dem
alten Bäyern an sich. Jn Kirchen-Sachen stund es sehr
schlimm/ und kam die Boßheit und Unwissenheit fast auff den
höchsten Grad. Man machte Kinder/ Soldaten/ und sonder-
lich der Printzen Spurios zu Bischöffen/ welche ihre untergebe-
ne Clerisey auch nicht besser bestellten/ ja die Kirchen-Disci-
plin
fiel gäntzlich hin; Jedoch ward der Anfang zur Bekehrung
der Normannen/ Ungarn und Pohlen gemacht/ und in den Nor-
dischen und Rußischen Landen fortgesetzt. Die Fabul vom
Fegfeuer kam damahls in Jtalien recht auff/ und breitete sich bald
überall aus/ man hielte auch schon keinen Priester/ der ein Ehe-
weib hatte/ vor rechtschaffen/ ja man fing albereit in Engelland
an/ solches mit Zwang abzubringen. Jn Sachßen ward wegen
der erfundenen Hartzbergwercke das Silber gemeiner/ und fing
man an/ die Blech-Müntzen zu schlagen. Die Hertzoge und
Pfaltzgraffen huben schon in Deutschland und Franckreich an
sich erblich zu machen und ihre Macht zu vergrössern/ und die
Bischöffe kamen zu Fürstlicher Würde. Nichts gemeiner war
bey den Großeu/ als Concubinen und Spurii. Die Geistli-
chen mischten sich nun völlig in die Regiments-Sachen/ und
weil die größten Geschlechter in diesen Stand traten/ wurden
sie immer mächtiger/ gewöhnten sich an einen grossen Staat/
Jagen und tägliches Wohlleben. Deutschland ward nun mit
Städten angebauet/ daher der Dörffer weniger wurden/ und
viel Gauen und Marcken eingiengen/ hingegen das Brauwe-
sen und die Handwercke in Ordnung gebracht wurden.

Jm eilfften Seculo blieben alle grosse Reiche des vorigen
Sec. in guten Stand/ nur daß das Burgundische/ zu welchen

auch

Hiſt. medii ævi.
ſten wiederfuhr/ die ſich zu Deutſchen Hertzogen machen lieſ-
ſen; die Pohlniſchen aber nebſt den Obotriten Koͤnigen blieben
noch in ihrer Freyheit/ wiewohl ihnen viel entnommen ward/ und
die Prignizer/ Havellaͤnder/ Lauſitzer und Dalemincier ſich un-
ter Deutſche Herrſchafft bequemen muſten. Bey den Saracenen
blieb es in voriger Verfaſſung/ die Ungarn aber ſetzten ihr neu-
es Reich immer feſter/ und brachten ein groſſes Stuͤck von dem
alten Baͤyern an ſich. Jn Kirchen-Sachen ſtund es ſehr
ſchlimm/ und kam die Boßheit und Unwiſſenheit faſt auff den
hoͤchſten Grad. Man machte Kinder/ Soldaten/ und ſonder-
lich der Printzen Spurios zu Biſchoͤffen/ welche ihre untergebe-
ne Cleriſey auch nicht beſſer beſtellten/ ja die Kirchen-Diſci-
plin
fiel gaͤntzlich hin; Jedoch ward der Anfang zur Bekehrung
der Normannen/ Ungarn und Pohlen gemacht/ und in den Nor-
diſchen und Rußiſchen Landen fortgeſetzt. Die Fabul vom
Fegfeuer kam damahls in Jtalien recht auff/ und breitete ſich bald
uͤberall aus/ man hielte auch ſchon keinen Prieſter/ der ein Ehe-
weib hatte/ vor rechtſchaffen/ ja man fing albereit in Engelland
an/ ſolches mit Zwang abzubringen. Jn Sachßen ward wegen
der erfundenen Hartzbergwercke das Silber gemeiner/ und fing
man an/ die Blech-Muͤntzen zu ſchlagen. Die Hertzoge und
Pfaltzgraffen huben ſchon in Deutſchland und Franckreich an
ſich erblich zu machen und ihre Macht zu vergroͤſſern/ und die
Biſchoͤffe kamen zu Fuͤrſtlicher Wuͤrde. Nichts gemeiner war
bey den Großeu/ als Concubinen und Spurii. Die Geiſtli-
chen miſchten ſich nun voͤllig in die Regiments-Sachen/ und
weil die groͤßten Geſchlechter in dieſen Stand traten/ wurden
ſie immer maͤchtiger/ gewoͤhnten ſich an einen groſſen Staat/
Jagen und taͤgliches Wohlleben. Deutſchland ward nun mit
Staͤdten angebauet/ daher der Doͤrffer weniger wurden/ und
viel Gauen und Marcken eingiengen/ hingegen das Brauwe-
ſen und die Handwercke in Ordnung gebracht wurden.

Jm eilfften Seculo blieben alle groſſe Reiche des vorigen
Sec. in guten Stand/ nur daß das Burgundiſche/ zu welchen

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0249" n="231"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;t. medii ævi.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ten wiederfuhr/ die &#x017F;ich zu Deut&#x017F;chen Hertzogen machen lie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; die Pohlni&#x017F;chen aber neb&#x017F;t den Obotriten Ko&#x0364;nigen blieben<lb/>
noch in ihrer Freyheit/ wiewohl ihnen viel entnommen ward/ und<lb/>
die Prignizer/ Havella&#x0364;nder/ Lau&#x017F;itzer und Dalemincier &#x017F;ich un-<lb/>
ter Deut&#x017F;che Herr&#x017F;chafft bequemen mu&#x017F;ten. Bey den <hi rendition="#aq">Saracen</hi>en<lb/>
blieb es in voriger Verfa&#x017F;&#x017F;ung/ die Ungarn aber &#x017F;etzten ihr neu-<lb/>
es Reich immer fe&#x017F;ter/ und brachten ein gro&#x017F;&#x017F;es Stu&#x0364;ck von dem<lb/>
alten Ba&#x0364;yern an &#x017F;ich. Jn Kirchen-Sachen &#x017F;tund es &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chlimm/ und kam die Boßheit und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit fa&#x017F;t auff den<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten Grad. Man machte Kinder/ Soldaten/ und &#x017F;onder-<lb/>
lich der Printzen <hi rendition="#aq">Spurios</hi> zu Bi&#x017F;cho&#x0364;ffen/ welche ihre untergebe-<lb/>
ne Cleri&#x017F;ey auch nicht be&#x017F;&#x017F;er be&#x017F;tellten/ ja die Kirchen-<hi rendition="#aq">Di&#x017F;ci-<lb/>
plin</hi> fiel ga&#x0364;ntzlich hin; Jedoch ward der Anfang zur Bekehrung<lb/>
der Normannen/ Ungarn und Pohlen gemacht/ und in den Nor-<lb/>
di&#x017F;chen und Rußi&#x017F;chen Landen fortge&#x017F;etzt. Die Fabul vom<lb/>
Fegfeuer kam damahls in Jtalien recht auff/ und breitete &#x017F;ich bald<lb/>
u&#x0364;berall aus/ man hielte auch &#x017F;chon keinen Prie&#x017F;ter/ der ein Ehe-<lb/>
weib hatte/ vor recht&#x017F;chaffen/ ja man fing albereit in Engelland<lb/>
an/ &#x017F;olches mit Zwang abzubringen. Jn Sachßen ward wegen<lb/>
der erfundenen Hartzbergwercke das Silber gemeiner/ und fing<lb/>
man an/ die Blech-Mu&#x0364;ntzen zu &#x017F;chlagen. Die Hertzoge und<lb/>
Pfaltzgraffen huben &#x017F;chon in Deut&#x017F;chland und Franckreich an<lb/>
&#x017F;ich erblich zu machen und ihre Macht zu vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern/ und die<lb/>
Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe kamen zu Fu&#x0364;r&#x017F;tlicher Wu&#x0364;rde. Nichts gemeiner war<lb/>
bey den Großeu/ als <hi rendition="#aq">Concubin</hi>en und <hi rendition="#aq">Spurii.</hi> Die Gei&#x017F;tli-<lb/>
chen mi&#x017F;chten &#x017F;ich nun vo&#x0364;llig in die Regiments-Sachen/ und<lb/>
weil die gro&#x0364;ßten Ge&#x017F;chlechter in die&#x017F;en Stand traten/ wurden<lb/>
&#x017F;ie immer ma&#x0364;chtiger/ gewo&#x0364;hnten &#x017F;ich an einen gro&#x017F;&#x017F;en Staat/<lb/>
Jagen und ta&#x0364;gliches Wohlleben. Deut&#x017F;chland ward nun mit<lb/>
Sta&#x0364;dten angebauet/ daher der Do&#x0364;rffer weniger wurden/ und<lb/>
viel Gauen und Marcken eingiengen/ hingegen das Brauwe-<lb/>
&#x017F;en und die Handwercke in Ordnung gebracht wurden.</p><lb/>
          <p>Jm <hi rendition="#fr">eilfften</hi> <hi rendition="#aq">Seculo</hi> blieben alle gro&#x017F;&#x017F;e Reiche des vorigen<lb/><hi rendition="#aq">Sec.</hi> in guten Stand/ nur daß das Burgundi&#x017F;che/ zu welchen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0249] Hiſt. medii ævi. ſten wiederfuhr/ die ſich zu Deutſchen Hertzogen machen lieſ- ſen; die Pohlniſchen aber nebſt den Obotriten Koͤnigen blieben noch in ihrer Freyheit/ wiewohl ihnen viel entnommen ward/ und die Prignizer/ Havellaͤnder/ Lauſitzer und Dalemincier ſich un- ter Deutſche Herrſchafft bequemen muſten. Bey den Saracenen blieb es in voriger Verfaſſung/ die Ungarn aber ſetzten ihr neu- es Reich immer feſter/ und brachten ein groſſes Stuͤck von dem alten Baͤyern an ſich. Jn Kirchen-Sachen ſtund es ſehr ſchlimm/ und kam die Boßheit und Unwiſſenheit faſt auff den hoͤchſten Grad. Man machte Kinder/ Soldaten/ und ſonder- lich der Printzen Spurios zu Biſchoͤffen/ welche ihre untergebe- ne Cleriſey auch nicht beſſer beſtellten/ ja die Kirchen-Diſci- plin fiel gaͤntzlich hin; Jedoch ward der Anfang zur Bekehrung der Normannen/ Ungarn und Pohlen gemacht/ und in den Nor- diſchen und Rußiſchen Landen fortgeſetzt. Die Fabul vom Fegfeuer kam damahls in Jtalien recht auff/ und breitete ſich bald uͤberall aus/ man hielte auch ſchon keinen Prieſter/ der ein Ehe- weib hatte/ vor rechtſchaffen/ ja man fing albereit in Engelland an/ ſolches mit Zwang abzubringen. Jn Sachßen ward wegen der erfundenen Hartzbergwercke das Silber gemeiner/ und fing man an/ die Blech-Muͤntzen zu ſchlagen. Die Hertzoge und Pfaltzgraffen huben ſchon in Deutſchland und Franckreich an ſich erblich zu machen und ihre Macht zu vergroͤſſern/ und die Biſchoͤffe kamen zu Fuͤrſtlicher Wuͤrde. Nichts gemeiner war bey den Großeu/ als Concubinen und Spurii. Die Geiſtli- chen miſchten ſich nun voͤllig in die Regiments-Sachen/ und weil die groͤßten Geſchlechter in dieſen Stand traten/ wurden ſie immer maͤchtiger/ gewoͤhnten ſich an einen groſſen Staat/ Jagen und taͤgliches Wohlleben. Deutſchland ward nun mit Staͤdten angebauet/ daher der Doͤrffer weniger wurden/ und viel Gauen und Marcken eingiengen/ hingegen das Brauwe- ſen und die Handwercke in Ordnung gebracht wurden. Jm eilfften Seculo blieben alle groſſe Reiche des vorigen Sec. in guten Stand/ nur daß das Burgundiſche/ zu welchen auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/249
Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/249>, abgerufen am 09.05.2024.