Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung zur
Haubt-Dialectos, den Fränckischen/ der am lieblichsten klung/
den Sächsischen und Schwäbischen. Von dem ersten/ der
auch Francisca lingva genennet wurde/ ist noch übrig die for-
mul
das Eyds/ welchen Ludovicus Germanicus und Carolus
Calvus
einander/ auch das Volck ihnen beyden/ abgeleget hat/
welchen aus dem Nithardo Freherus, Du Chesne und Boecle-
rus de Rebus Sec. IX. & X. p.
121. anführen/ das Glaubens-
Bekändtnüß und dergleichen bey Ursino in Antiqv. Eccl. Germ.
und Ottfridi Evangelia, welche Flacius ediret hat. Die Frän-
ckische Provincial- Sprache/ welche ietzt die Französische
heisset/ war noch biß ins zehende Seculum fast halb la-
teinisch/ wie aus der obgedachten Eydes-Formul/ die an den an-
geführten Orten auch in dieser Sprache zu lesen ist/ kann erse-
hen werden: Und so stund es auch mit der Jtaliänischen und
Spanischen. Die Lateinische aber wurde/ auch bey grossen
Herren/ schrecklich verderbet/ wie unter andern aus Alphonsi,
Königs in Castilien/ Schreiben aus dem 11ten Sec. in Leibni-
tii Codice Juris Gent. Prodr. p.
2. zu ersehen:

Von denen Rechten und Gesetzen selbiger Zeit ist folgendes zu
mercken. Das Römische Justinianische Recht war im zehenden
Seculo, ausser so viel das zum Constantinopolitanischen Reich
noch gehörige Theil betraff/ biß auff wenige Reliquien erloschen.
An dessen Stelle waren in Jtalien die Langobardischen Rech-
te kommen/ welche Carolus M. bey Auffrichtung des Jtalischen
Reichs in ihrem Stand ließ/ jedoch gewöhnte man sich anbey
nach und nach zu denen Fränckischen. Diese/ wiesie in den Legi-
bus Salicis
und Ripuariorum, son derlich aber in denen Capitu-
laribus Caroli M. Ludovici Pii, Caroli Calvi
und Ludovici
Balbi
sich finden/ hatten die Oberhand in Franckreich und golten
theils auch in Deutschland; Jedoch ließ man da denen alten
Bäyerischen/ Sächsischen/ Friesischen/ und Alemannischen Rech-
ten auch noch ihr Ansehen. Aber über diese alle hatte/ auch in Ci-
vil.
Sachen/ nach und nach unvermuthet das Päbstliche Cano-
ni
sche Rechtdurch allerhand Griffe der Clerisey die praeference

be-

Einleitung zur
Haubt-Dialectos, den Fraͤnckiſchen/ der am lieblichſten klung/
den Saͤchſiſchen und Schwaͤbiſchen. Von dem erſten/ der
auch Franciſca lingva genennet wurde/ iſt noch uͤbrig die for-
mul
das Eyds/ welchen Ludovicus Germanicus und Carolus
Calvus
einander/ auch das Volck ihnen beyden/ abgeleget hat/
welchen aus dem Nithardo Freherus, Du Cheſne und Boecle-
rus de Rebus Sec. IX. & X. p.
121. anfuͤhren/ das Glaubens-
Bekaͤndtnuͤß und dergleichen bey Urſino in Antiqv. Eccl. Germ.
und Ottfridi Evangelia, welche Flacius ediret hat. Die Fraͤn-
ckiſche Provincial- Sprache/ welche ietzt die Franzoͤſiſche
heiſſet/ war noch biß ins zehende Seculum faſt halb la-
teiniſch/ wie aus der obgedachten Eydes-Formul/ die an den an-
gefuͤhrten Orten auch in dieſer Sprache zu leſen iſt/ kann erſe-
hen werden: Und ſo ſtund es auch mit der Jtaliaͤniſchen und
Spaniſchen. Die Lateiniſche aber wurde/ auch bey groſſen
Herren/ ſchrecklich verderbet/ wie unter andern aus Alphonſi,
Koͤnigs in Caſtilien/ Schreiben aus dem 11ten Sec. in Leibni-
tii Codice Juris Gent. Prodr. p.
2. zu erſehen:

Von denen Rechten uñ Geſetzen ſelbiger Zeit iſt folgendes zu
mercken. Das Roͤmiſche Juſtinianiſche Recht war im zehenden
Seculo, auſſer ſo viel das zum Conſtantinopolitaniſchen Reich
noch gehoͤrige Theil betraff/ biß auff wenige Reliquien erloſchen.
An deſſen Stelle waren in Jtalien die Langobardiſchen Rech-
te kommen/ welche Carolus M. bey Auffrichtung des Jtaliſchen
Reichs in ihrem Stand ließ/ jedoch gewoͤhnte man ſich anbey
nach und nach zu denen Fraͤnckiſchen. Dieſe/ wieſie in den Legi-
bus Salicis
und Ripuariorum, ſon derlich aber in denen Capitu-
laribus Caroli M. Ludovici Pii, Caroli Calvi
und Ludovici
Balbi
ſich finden/ hatten die Oberhand in Franckreich und golten
theils auch in Deutſchland; Jedoch ließ man da denen alten
Baͤyeriſchen/ Saͤchſiſchen/ Frieſiſchen/ und Alemanniſchen Rech-
ten auch noch ihr Anſehen. Aber uͤber dieſe alle hatte/ auch in Ci-
vil.
Sachen/ nach und nach unvermuthet das Paͤbſtliche Cano-
ni
ſche Rechtdurch allerhand Griffe der Cleriſey die præference

be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0260" n="242"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Einleitung zur</hi></fw><lb/>
Haubt-<hi rendition="#aq">Dialectos,</hi> den Fra&#x0364;ncki&#x017F;chen/ der am lieblich&#x017F;ten klung/<lb/>
den Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen und Schwa&#x0364;bi&#x017F;chen. Von dem er&#x017F;ten/ der<lb/>
auch <hi rendition="#aq">Franci&#x017F;ca lingva</hi> genennet wurde/ i&#x017F;t noch u&#x0364;brig die <hi rendition="#aq">for-<lb/>
mul</hi> das Eyds/ welchen <hi rendition="#aq">Ludovicus Germanicus</hi> und <hi rendition="#aq">Carolus<lb/>
Calvus</hi> einander/ auch das Volck ihnen beyden/ abgeleget hat/<lb/>
welchen aus dem <hi rendition="#aq">Nithardo Freherus, Du Che&#x017F;ne</hi> und <hi rendition="#aq">Boecle-<lb/>
rus de Rebus Sec. IX. &amp; X. p.</hi> 121. anfu&#x0364;hren/ das Glaubens-<lb/>
Beka&#x0364;ndtnu&#x0364;ß und dergleichen bey <hi rendition="#aq">Ur&#x017F;ino in Antiqv. Eccl. Germ.</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Ottfridi Evangelia,</hi> welche <hi rendition="#aq">Flacius edir</hi>et hat. Die Fra&#x0364;n-<lb/>
cki&#x017F;che <hi rendition="#aq">Provincial-</hi> Sprache/ welche ietzt die Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;et/ war noch biß ins zehende Seculum fa&#x017F;t halb la-<lb/>
teini&#x017F;ch/ wie aus der obgedachten Eydes-Formul/ die an den an-<lb/>
gefu&#x0364;hrten Orten auch in die&#x017F;er Sprache zu le&#x017F;en i&#x017F;t/ kann er&#x017F;e-<lb/>
hen werden: Und &#x017F;o &#x017F;tund es auch mit der Jtalia&#x0364;ni&#x017F;chen und<lb/>
Spani&#x017F;chen. Die Lateini&#x017F;che aber wurde/ auch bey gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Herren/ &#x017F;chrecklich verderbet/ wie unter andern aus <hi rendition="#aq">Alphon&#x017F;i,</hi><lb/>
Ko&#x0364;nigs in <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;tili</hi>en/ Schreiben aus dem 11ten Sec. in <hi rendition="#aq">Leibni-<lb/>
tii Codice Juris Gent. Prodr. p.</hi> 2. zu er&#x017F;ehen:</p><lb/>
          <p>Von denen <hi rendition="#fr">Rechten</hi> uñ Ge&#x017F;etzen &#x017F;elbiger Zeit i&#x017F;t folgendes zu<lb/>
mercken. Das Ro&#x0364;mi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;tiniani</hi>&#x017F;che Recht war im zehenden<lb/><hi rendition="#aq">Seculo,</hi> au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;o viel das zum <hi rendition="#aq">Con&#x017F;tantinopolitani</hi>&#x017F;chen Reich<lb/>
noch geho&#x0364;rige Theil betraff/ biß auff wenige <hi rendition="#aq">Reliqui</hi>en erlo&#x017F;chen.<lb/>
An de&#x017F;&#x017F;en Stelle waren in Jtalien die <hi rendition="#aq">Langobardi</hi>&#x017F;chen Rech-<lb/>
te kommen/ welche <hi rendition="#aq">Carolus M.</hi> bey Auffrichtung des Jtali&#x017F;chen<lb/>
Reichs in ihrem Stand ließ/ jedoch gewo&#x0364;hnte man &#x017F;ich anbey<lb/>
nach und nach zu denen Fra&#x0364;ncki&#x017F;chen. Die&#x017F;e/ wie&#x017F;ie in den <hi rendition="#aq">Legi-<lb/>
bus Salicis</hi> und <hi rendition="#aq">Ripuariorum,</hi> &#x017F;on derlich aber in denen <hi rendition="#aq">Capitu-<lb/>
laribus Caroli M. Ludovici Pii, Caroli Calvi</hi> und <hi rendition="#aq">Ludovici<lb/>
Balbi</hi> &#x017F;ich finden/ hatten die Oberhand in Franckreich und golten<lb/>
theils auch in Deut&#x017F;chland; Jedoch ließ man da denen alten<lb/>
Ba&#x0364;yeri&#x017F;chen/ Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen/ Frie&#x017F;i&#x017F;chen/ und <hi rendition="#aq">Alemanni</hi>&#x017F;chen Rech-<lb/>
ten auch noch ihr An&#x017F;ehen. Aber u&#x0364;ber die&#x017F;e alle hatte/ auch in <hi rendition="#aq">Ci-<lb/>
vil.</hi> Sachen/ nach und nach unvermuthet das Pa&#x0364;b&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">Cano-<lb/>
ni</hi>&#x017F;che Rechtdurch allerhand Griffe der Cleri&#x017F;ey die <hi rendition="#aq">præference</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0260] Einleitung zur Haubt-Dialectos, den Fraͤnckiſchen/ der am lieblichſten klung/ den Saͤchſiſchen und Schwaͤbiſchen. Von dem erſten/ der auch Franciſca lingva genennet wurde/ iſt noch uͤbrig die for- mul das Eyds/ welchen Ludovicus Germanicus und Carolus Calvus einander/ auch das Volck ihnen beyden/ abgeleget hat/ welchen aus dem Nithardo Freherus, Du Cheſne und Boecle- rus de Rebus Sec. IX. & X. p. 121. anfuͤhren/ das Glaubens- Bekaͤndtnuͤß und dergleichen bey Urſino in Antiqv. Eccl. Germ. und Ottfridi Evangelia, welche Flacius ediret hat. Die Fraͤn- ckiſche Provincial- Sprache/ welche ietzt die Franzoͤſiſche heiſſet/ war noch biß ins zehende Seculum faſt halb la- teiniſch/ wie aus der obgedachten Eydes-Formul/ die an den an- gefuͤhrten Orten auch in dieſer Sprache zu leſen iſt/ kann erſe- hen werden: Und ſo ſtund es auch mit der Jtaliaͤniſchen und Spaniſchen. Die Lateiniſche aber wurde/ auch bey groſſen Herren/ ſchrecklich verderbet/ wie unter andern aus Alphonſi, Koͤnigs in Caſtilien/ Schreiben aus dem 11ten Sec. in Leibni- tii Codice Juris Gent. Prodr. p. 2. zu erſehen: Von denen Rechten uñ Geſetzen ſelbiger Zeit iſt folgendes zu mercken. Das Roͤmiſche Juſtinianiſche Recht war im zehenden Seculo, auſſer ſo viel das zum Conſtantinopolitaniſchen Reich noch gehoͤrige Theil betraff/ biß auff wenige Reliquien erloſchen. An deſſen Stelle waren in Jtalien die Langobardiſchen Rech- te kommen/ welche Carolus M. bey Auffrichtung des Jtaliſchen Reichs in ihrem Stand ließ/ jedoch gewoͤhnte man ſich anbey nach und nach zu denen Fraͤnckiſchen. Dieſe/ wieſie in den Legi- bus Salicis und Ripuariorum, ſon derlich aber in denen Capitu- laribus Caroli M. Ludovici Pii, Caroli Calvi und Ludovici Balbi ſich finden/ hatten die Oberhand in Franckreich und golten theils auch in Deutſchland; Jedoch ließ man da denen alten Baͤyeriſchen/ Saͤchſiſchen/ Frieſiſchen/ und Alemanniſchen Rech- ten auch noch ihr Anſehen. Aber uͤber dieſe alle hatte/ auch in Ci- vil. Sachen/ nach und nach unvermuthet das Paͤbſtliche Cano- niſche Rechtdurch allerhand Griffe der Cleriſey die præference be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/260
Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/260>, abgerufen am 24.11.2024.