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Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

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Einleitung zur

Von dem Uhrsprung und ersten Zustand der Marckgraf-
fen
sind unterschiedliche Meinungen. Ohne sich hier in viel
Weitläufftigkeiten einzulassen/ welche bey dieser Materie nicht
seltsam sind/ bemerckt man zum Anfang/ daß der Marck graf-
fen-Titul aus zwey alten Deutschen Wörtern entspringet: Das
letzte/ Graff/ bedeutet eine Obrigkeitliche Person/ so gerichtli-
che Macht über ein Stück Landes hat: Das erste Wort/
March/ oder Marck einen Strich Landes/ so abge-
zeichnet und abgemessen ist/ wie es denn in alten Diplomati-
bus
offt also genommen wird. Vid. Meibomius Tom. III.
Rerum German. p.
194. Hernachmahls/ weil diejenigen Län-
der/ so an den Gräntzen eines Reichs lagen/ am genauesten
abgezeichnet wurden/ pflegte man selbige auch vornehmlich
Marcken zu nennen/ wie denn Marca Hispanica, Saxonica
&c.
in denen Chronicen bekannt genung sind; braucht es also
nicht/ daß man mit G. Sabino die Marcken von dem Griechi-
schen Nomarchien herleite. Der Nahme Marckgraff ist
uhrsprünglich von denen Stadthaltern/ so in den Gräntz-Pro-
vineien des Langobardischen Reichs in Jtalien gesessen/ ge-
braucht worden/ und waren die ersten schon im 8ten Sec. der
zu Ancona wieder die Slaven/ so über den Golfo wohnten/
der zu Trevigo wieder die Slaven und Deutschen/ der zu
I poraedia oder Saluzze wieder die Francken/ und der zu Luc-
ca
wieder die zur See streiffenden Saracenen. Ob
die Langobarden hiermit der Römer Duces limitaneos nach-
ahmen wollen/ lassen wir an seinem Ort gestellet seyn. Nach-
dem die Francken das Lombardische Reich überwältiget/ blie-
ben nicht nur obgedachte Marckgraffen/ obgleich der zu Epo-
raedia
nun mitten im Fränckischen Reich war/ sondern es wur-
den auch noch andre an denen Gräntzen des Fränckischen
Reichs gestifftet; dergleichen zu Zeiten Käysers Carls des Gros-
sen und seiner Kinder waren/ die Marck graffschafft Bäyern/ so
hernach Oesterreich genennet worden/ ingleichen die Steyer-
marck ische/ Hispanische und Nordmannische Marck. Daß a-

ber
Einleitung zur

Von dem Uhrſprung und erſten Zuſtand der Marckgraf-
fen
ſind unterſchiedliche Meinungen. Ohne ſich hier in viel
Weitlaͤufftigkeiten einzulaſſen/ welche bey dieſer Materie nicht
ſeltſam ſind/ bemerckt man zum Anfang/ daß der Marck graf-
fen-Titul aus zwey alten Deutſchen Woͤrtern entſpringet: Das
letzte/ Graff/ bedeutet eine Obrigkeitliche Perſon/ ſo gerichtli-
che Macht uͤber ein Stuͤck Landes hat: Das erſte Wort/
March/ oder Marck einen Strich Landes/ ſo abge-
zeichnet und abgemeſſen iſt/ wie es denn in alten Diplomati-
bus
offt alſo genommen wird. Vid. Meibomius Tom. III.
Rerum German. p.
194. Hernachmahls/ weil diejenigen Laͤn-
der/ ſo an den Graͤntzen eines Reichs lagen/ am genaueſten
abgezeichnet wurden/ pflegte man ſelbige auch vornehmlich
Marcken zu nennen/ wie denn Marca Hiſpanica, Saxonica
&c.
in denen Chronicen bekannt genung ſind; braucht es alſo
nicht/ daß man mit G. Sabino die Marcken von dem Griechi-
ſchen Nomarchien herleite. Der Nahme Marckgraff iſt
uhrſpruͤnglich von denen Stadthaltern/ ſo in den Graͤntz-Pro-
vineien des Langobardiſchen Reichs in Jtalien geſeſſen/ ge-
braucht worden/ und waren die erſten ſchon im 8ten Sec. der
zu Ancona wieder die Slaven/ ſo uͤber den Golfo wohnten/
der zu Trevigo wieder die Slaven und Deutſchen/ der zu
I porædia oder Saluzze wieder die Francken/ und der zu Luc-
ca
wieder die zur See ſtreiffenden Saracenen. Ob
die Langobarden hiermit der Roͤmer Duces limitaneos nach-
ahmen wollen/ laſſen wir an ſeinem Ort geſtellet ſeyn. Nach-
dem die Francken das Lombardiſche Reich uͤberwaͤltiget/ blie-
ben nicht nur obgedachte Marckgraffen/ obgleich der zu Epo-
rædia
nun mitten im Fraͤnckiſchen Reich war/ ſondern es wur-
den auch noch andre an denen Graͤntzen des Fraͤnckiſchen
Reichs geſtifftet; dergleichen zu Zeiten Kaͤyſers Carls des Groſ-
ſen und ſeiner Kinder waren/ die Marck graffſchafft Baͤyern/ ſo
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[288/0306] Einleitung zur Von dem Uhrſprung und erſten Zuſtand der Marckgraf- fen ſind unterſchiedliche Meinungen. Ohne ſich hier in viel Weitlaͤufftigkeiten einzulaſſen/ welche bey dieſer Materie nicht ſeltſam ſind/ bemerckt man zum Anfang/ daß der Marck graf- fen-Titul aus zwey alten Deutſchen Woͤrtern entſpringet: Das letzte/ Graff/ bedeutet eine Obrigkeitliche Perſon/ ſo gerichtli- che Macht uͤber ein Stuͤck Landes hat: Das erſte Wort/ March/ oder Marck einen Strich Landes/ ſo abge- zeichnet und abgemeſſen iſt/ wie es denn in alten Diplomati- bus offt alſo genommen wird. Vid. Meibomius Tom. III. Rerum German. p. 194. Hernachmahls/ weil diejenigen Laͤn- der/ ſo an den Graͤntzen eines Reichs lagen/ am genaueſten abgezeichnet wurden/ pflegte man ſelbige auch vornehmlich Marcken zu nennen/ wie denn Marca Hiſpanica, Saxonica &c. in denen Chronicen bekannt genung ſind; braucht es alſo nicht/ daß man mit G. Sabino die Marcken von dem Griechi- ſchen Nomarchien herleite. Der Nahme Marckgraff iſt uhrſpruͤnglich von denen Stadthaltern/ ſo in den Graͤntz-Pro- vineien des Langobardiſchen Reichs in Jtalien geſeſſen/ ge- braucht worden/ und waren die erſten ſchon im 8ten Sec. der zu Ancona wieder die Slaven/ ſo uͤber den Golfo wohnten/ der zu Trevigo wieder die Slaven und Deutſchen/ der zu I porædia oder Saluzze wieder die Francken/ und der zu Luc- ca wieder die zur See ſtreiffenden Saracenen. Ob die Langobarden hiermit der Roͤmer Duces limitaneos nach- ahmen wollen/ laſſen wir an ſeinem Ort geſtellet ſeyn. Nach- dem die Francken das Lombardiſche Reich uͤberwaͤltiget/ blie- ben nicht nur obgedachte Marckgraffen/ obgleich der zu Epo- rædia nun mitten im Fraͤnckiſchen Reich war/ ſondern es wur- den auch noch andre an denen Graͤntzen des Fraͤnckiſchen Reichs geſtifftet; dergleichen zu Zeiten Kaͤyſers Carls des Groſ- ſen und ſeiner Kinder waren/ die Marck graffſchafft Baͤyern/ ſo hernach Oeſterreich genennet worden/ ingleichen die Steyer- marck iſche/ Hiſpaniſche und Nordmanniſche Marck. Daß a- ber

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Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/306>, abgerufen am 24.11.2024.