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Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.

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Andres Tausend
35.
Neidische.
WJe ich essen soll vnd trincken/ wie ich mich bekleiden soll/
Wie ich sonst mein Thun soll richten/ sind die Leute Kum-
mers voll:
Wann ich nicht zu trincken/ essen/ noch mich zu bekleiden hätte/
Sonsten auch gar viel nicht gilte/ gilt es eine starcke Wette/
Ob nur einer findlich wäre/ der nur einmal sorgt um mich;
Jmmer dünckt mich wie auß Neide/ nicht auß Gunst/ sie küm-
mern sich.
36.
Pöfel-Gerichte.
Wann ich also solte seyn/ wie mich jeder haben wil/
Würd ich also seyn wie der/ dessen jeder lacht im Spiel.
37.
Schutz-Rede einer Jungfraw/ über die
spielenden Augen.
JHr Schwestern/ lacht jhr nicht der alber-klugen Lappen/
Die Damen sperren ein als wie in blinde Kappen
Und halten gar für schön/ wann vnsre schönste Zier
Der schönen Augen Liecht/ steht selten für der Thür.
Ach denckt doch/ denckt doch nach! durch finstres sauer sehen
Jst Liebe nie gestifft/ vnd nie kein Bund geschehen;
Dann Damen steht es zu/ daß jhrer Aeuglein Schein
Soll wie das Firmament frey zu beschauen seyn
Von jedem der da wil. Was dienen vns die Strahlen
Der Sonne bey der Nächt? Wer lobt deß Künstlers mahlen
Dafür ein Umhang schwebt? Soll die/ die lebt vnd lacht
Noch für der rechten Zeit deß sterbens schwartze Nacht
Jhr ins Gesichte ziehn? Kans dann Natur auch leiden
Das so man schänden soll/ vnd soll zu brauchen meiden
Was sie zu brauchen gab? Wer munter um sich schaut
Der gibt von sich an Tag/ daß er jhm selbsten traut
Und gut Gewissen hat/ das sich für nichts entsetzet/
Und nicht zu fliehen denckt/ dieweil es nicht verletzet;
Ein
Andres Tauſend
35.
Neidiſche.
WJe ich eſſen ſoll vnd trincken/ wie ich mich bekleiden ſoll/
Wie ich ſonſt mein Thun ſoll richten/ ſind die Leute Kum-
mers voll:
Wann ich nicht zu trincken/ eſſen/ noch mich zu bekleiden haͤtte/
Sonſten auch gar viel nicht gilte/ gilt es eine ſtarcke Wette/
Ob nur einer findlich waͤre/ der nur einmal ſorgt um mich;
Jmmer duͤnckt mich wie auß Neide/ nicht auß Gunſt/ ſie kuͤm-
mern ſich.
36.
Poͤfel-Gerichte.
Wann ich alſo ſolte ſeyn/ wie mich jeder haben wil/
Wuͤrd ich alſo ſeyn wie der/ deſſen jeder lacht im Spiel.
37.
Schutz-Rede einer Jungfraw/ uͤber die
ſpielenden Augen.
JHr Schweſtern/ lacht jhr nicht der alber-klugen Lappen/
Die Damen ſperren ein als wie in blinde Kappen
Und halten gar fuͤr ſchoͤn/ wann vnſre ſchoͤnſte Zier
Der ſchoͤnen Augen Liecht/ ſteht ſelten fuͤr der Thuͤr.
Ach denckt doch/ denckt doch nach! durch finſtres ſauer ſehen
Jſt Liebe nie geſtifft/ vnd nie kein Bund geſchehen;
Dann Damen ſteht es zu/ daß jhrer Aeuglein Schein
Soll wie das Firmament frey zu beſchauen ſeyn
Von jedem der da wil. Was dienen vns die Strahlen
Der Sonne bey der Naͤcht? Wer lobt deß Kuͤnſtlers mahlen
Dafuͤr ein Umhang ſchwebt? Soll die/ die lebt vnd lacht
Noch fuͤr der rechten Zeit deß ſterbens ſchwartze Nacht
Jhr ins Geſichte ziehn? Kans dann Natur auch leiden
Das ſo man ſchaͤnden ſoll/ vnd ſoll zu brauchen meiden
Was ſie zu brauchen gab? Wer munter um ſich ſchaut
Der gibt von ſich an Tag/ daß er jhm ſelbſten traut
Und gut Gewiſſen hat/ das ſich fuͤr nichts entſetzet/
Und nicht zu fliehen denckt/ dieweil es nicht verletzet;
Ein
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[10/0282] Andres Tauſend 35. Neidiſche. WJe ich eſſen ſoll vnd trincken/ wie ich mich bekleiden ſoll/ Wie ich ſonſt mein Thun ſoll richten/ ſind die Leute Kum- mers voll: Wann ich nicht zu trincken/ eſſen/ noch mich zu bekleiden haͤtte/ Sonſten auch gar viel nicht gilte/ gilt es eine ſtarcke Wette/ Ob nur einer findlich waͤre/ der nur einmal ſorgt um mich; Jmmer duͤnckt mich wie auß Neide/ nicht auß Gunſt/ ſie kuͤm- mern ſich. 36. Poͤfel-Gerichte. Wann ich alſo ſolte ſeyn/ wie mich jeder haben wil/ Wuͤrd ich alſo ſeyn wie der/ deſſen jeder lacht im Spiel. 37. Schutz-Rede einer Jungfraw/ uͤber die ſpielenden Augen. JHr Schweſtern/ lacht jhr nicht der alber-klugen Lappen/ Die Damen ſperren ein als wie in blinde Kappen Und halten gar fuͤr ſchoͤn/ wann vnſre ſchoͤnſte Zier Der ſchoͤnen Augen Liecht/ ſteht ſelten fuͤr der Thuͤr. Ach denckt doch/ denckt doch nach! durch finſtres ſauer ſehen Jſt Liebe nie geſtifft/ vnd nie kein Bund geſchehen; Dann Damen ſteht es zu/ daß jhrer Aeuglein Schein Soll wie das Firmament frey zu beſchauen ſeyn Von jedem der da wil. Was dienen vns die Strahlen Der Sonne bey der Naͤcht? Wer lobt deß Kuͤnſtlers mahlen Dafuͤr ein Umhang ſchwebt? Soll die/ die lebt vnd lacht Noch fuͤr der rechten Zeit deß ſterbens ſchwartze Nacht Jhr ins Geſichte ziehn? Kans dann Natur auch leiden Das ſo man ſchaͤnden ſoll/ vnd ſoll zu brauchen meiden Was ſie zu brauchen gab? Wer munter um ſich ſchaut Der gibt von ſich an Tag/ daß er jhm ſelbſten traut Und gut Gewiſſen hat/ das ſich fuͤr nichts entſetzet/ Und nicht zu fliehen denckt/ dieweil es nicht verletzet; Ein

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Zitationshilfe: Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/282>, abgerufen am 22.11.2024.