Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.
Dem man ein Land vertrau't/ sein Weib sol mit sich füh- 475.ren. Der Kühnste muß durch sie oft Hertz und Muth verlieh- ren. 465.Wenn es zum Treffen komm't. Schein't aber Glück und Ruh/ So eignet sie wol gar ihr Heer und Länder zu/ Schätz't Völcker/ mustert Volck/ gib't Sold nach ihrem Willen. Uns denck't: Daß sich ein Weib ein gantzes Heer zu stil- len Jm Aufruhr unterstand. Wenn straff't der große Rath 470.Je einen: Daß er Land und Volck erschöpffet hat/ Da nicht das Weib mehr hat der Länder Schweis erpres- set? Jhr Geld-Durst säuget aus/ was Ehrsucht übrig lässet/ Nach dem des Oppius Gesätz' ist abgebracht/ Das aber von stund-an der Käyser giltig macht. Otho. Der Vorwelt raue Zeit bedorffte raue Lehren. Jetzt aber nun die Welt demüttig Rom muß ehren/ Nun nichts als Friede blüh't/ so schein't es was zu scharf: Daß kein belibtes Weib dem Manne folgen darf. Wordurch wird/ wenn man itzt kömm't Krafft-loß aus den Schlachten 480.Wenn Sorg und Rathhauß uns uns hat lassen halb ver- schmachten Das lächsende Gemütt' erfreulicher erfrisch't; Als wenn der Liebsten Hand uns Schweiß und Staub ab- wisch't. Gesätz't: Daß eine/ zwey/ und mehr oft was verbrochen/ Wie kan auf aller Hals das Urtheil seyn gesprochen? 485.Die Männer haben Schuld an allem/ was gescheh'n/ Die ihnen allzuviel meist durch die Finger seh'n. Der Weiber Schuld reich't uns an Lastern nicht den Schatten. Wie? Daß man gleichwol uns pfleg't Länder zu verstat- ten. Und Uns zu Häuptern sätz't? Zu dem so träget man Der
Dem man ein Land vertrau’t/ ſein Weib ſol mit ſich fuͤh- 475.ren. Der Kuͤhnſte muß durch ſie oft Hertz und Muth verlieh- ren. 465.Wenn es zum Treffen komm’t. Schein’t aber Gluͤck und Ruh/ So eignet ſie wol gar ihr Heer und Laͤnder zu/ Schaͤtz’t Voͤlcker/ muſtert Volck/ gib’t Sold nach ihrem Willen. Uns denck’t: Daß ſich ein Weib ein gantzes Heer zu ſtil- len Jm Aufruhr unterſtand. Wenn ſtraff’t der große Rath 470.Je einen: Daß er Land und Volck erſchoͤpffet hat/ Da nicht das Weib mehr hat der Laͤnder Schweis erpreſ- ſet? Jhr Geld-Durſt ſaͤuget aus/ was Ehrſucht uͤbrig laͤſſet/ Nach dem des Oppius Geſaͤtz’ iſt abgebracht/ Das aber von ſtund-an der Kaͤyſer giltig macht. Otho. Der Vorwelt raue Zeit bedorffte raue Lehren. Jetzt aber nun die Welt demuͤttig Rom muß ehren/ Nun nichts als Friede bluͤh’t/ ſo ſchein’t es was zu ſcharf: Daß kein belibtes Weib dem Manne folgen darf. Wordurch wird/ wenn man itzt koͤmm’t Krafft-loß aus den Schlachten 480.Wenn Sorg und Rathhauß uns uns hat laſſen halb ver- ſchmachten Das laͤchſende Gemuͤtt’ erfreulicher erfriſch’t; Als wenn der Liebſten Hand uns Schweiß und Staub ab- wiſch’t. Geſaͤtz’t: Daß eine/ zwey/ und mehr oft was verbrochen/ Wie kan auf aller Hals das Urtheil ſeyn geſprochen? 485.Die Maͤnner haben Schuld an allem/ was geſcheh’n/ Die ihnen allzuviel meiſt durch die Finger ſeh’n. Der Weiber Schuld reich’t uns an Laſtern nicht den Schatten. Wie? Daß man gleichwol uns pfleg’t Laͤnder zu verſtat- ten. Und Uns zu Haͤuptern ſaͤtz’t? Zu dem ſo traͤget man Der
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Dem man ein Land vertrau’t/ ſein Weib ſol mit ſich fuͤh-
ren.
Der Kuͤhnſte muß durch ſie oft Hertz und Muth verlieh-
ren.
Wenn es zum Treffen komm’t. Schein’t aber Gluͤck und
Ruh/
So eignet ſie wol gar ihr Heer und Laͤnder zu/
Schaͤtz’t Voͤlcker/ muſtert Volck/ gib’t Sold nach ihrem
Willen.
Uns denck’t: Daß ſich ein Weib ein gantzes Heer zu ſtil-
len
Jm Aufruhr unterſtand. Wenn ſtraff’t der große Rath
Je einen: Daß er Land und Volck erſchoͤpffet hat/
Da nicht das Weib mehr hat der Laͤnder Schweis erpreſ-
ſet?
Jhr Geld-Durſt ſaͤuget aus/ was Ehrſucht uͤbrig laͤſſet/
Nach dem des Oppius Geſaͤtz’ iſt abgebracht/
Das aber von ſtund-an der Kaͤyſer giltig macht.
Otho. Der Vorwelt raue Zeit bedorffte raue Lehren.
Jetzt aber nun die Welt demuͤttig Rom muß ehren/
Nun nichts als Friede bluͤh’t/ ſo ſchein’t es was zu ſcharf:
Daß kein belibtes Weib dem Manne folgen darf.
Wordurch wird/ wenn man itzt koͤmm’t Krafft-loß aus
den Schlachten
Wenn Sorg und Rathhauß uns uns hat laſſen halb ver-
ſchmachten
Das laͤchſende Gemuͤtt’ erfreulicher erfriſch’t;
Als wenn der Liebſten Hand uns Schweiß und Staub ab-
wiſch’t.
Geſaͤtz’t: Daß eine/ zwey/ und mehr oft was verbrochen/
Wie kan auf aller Hals das Urtheil ſeyn geſprochen?
Die Maͤnner haben Schuld an allem/ was geſcheh’n/
Die ihnen allzuviel meiſt durch die Finger ſeh’n.
Der Weiber Schuld reich’t uns an Laſtern nicht den
Schatten.
Wie? Daß man gleichwol uns pfleg’t Laͤnder zu verſtat-
ten.
Und Uns zu Haͤuptern ſaͤtz’t? Zu dem ſo traͤget man
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