Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.
Wo gleich der Laster-Dorn ihr schnödes Haupt umb- schleust. Burrh. Kan der Vernunfft ihr Zaum sie nicht zu rücke hal- ten/ Wird der Begierden Brand aus Abscheu ja erkalten/ Durch Kälte der Natur/ die geile Lilgen säm't 60.Umb keine Mutter-Brust. Die Boßheit steht beschäm't Und läsch't die tolle Brunst in diesen Marmmel-Kwällen/ Daran die Zunge soog. Ja dieser Bälg' aufschwellen Bläs't Venus Fackel aus durch keuschen Athem-Wind. Senec. Diß sehen Augen zwar/ die nicht vernebelt sind: 65.Wenn aber schon ein Fünck' im Hertzen Zunder findet Brenn't alles lichter loh. Vernunft und Tugend'schwin- det Für dem Begierden-Rauch'und der Bethörte kenn't Geblütt' und Mutter nicht. Burrh. Was auf den Lippen brenn't Der Mutter/ ist nicht Gift/ nicht Schwefel böser Lüste. 70.Zu dem träg't jede Frau fast itzo nackte Brüste. Die aber/ die ihr gleich läß't küssen Mund und Brust/ Macht nicht die Schooß bald feil für' die verboth'ne Lust. Acte. Wen auf der Brüste Felß/ auf die Corallen Lip- pen Der Augen Jrrlicht führ't/ der strandet an den Klippen 75.Der geilen Schooß un-schwer. Hier rinn't die Wunder- Flutt Da oben sich steck't an der Libes-Fackel Glutt/ Und in dem Grunde nur die heisse Flamme dämpffet. Ob wieder die Natur gleich auch solch Feuer kämpffet/ So biß't doch die Natur für Agrippinen ein/ 80.Weil ihre Würckungen mehr als Natürlich seyn. Jn sie ward Claudius durch Zauberey verlibet. Senec. Daß man die Uhrsach erst so frembden Künsten gi- bet: Der Libreitz einer Frau ist schon die Zauberey. Sie mach't aus Wachse Stahl/ bricht Ertzt und Stein entzwey. 85.Der Fisch/ der in der Flutt die Tugend hat zu brennen/ Der D
Wo gleich der Laſter-Dorn ihr ſchnoͤdes Haupt umb- ſchleuſt. Burrh. Kan der Vernunfft ihr Zaum ſie nicht zu ruͤcke hal- ten/ Wird der Begierden Brand aus Abſcheu ja erkalten/ Durch Kaͤlte der Natur/ die geile Lilgen ſaͤm’t 60.Umb keine Mutter-Bruſt. Die Boßheit ſteht beſchaͤm’t Und laͤſch’t die tolle Brunſt in dieſen Marm̃el-Kwaͤllen/ Daran die Zunge ſoog. Ja dieſer Baͤlg’ aufſchwellen Blaͤſ’t Venus Fackel aus durch keuſchen Athem-Wind. Senec. Diß ſehen Augen zwar/ die nicht vernebelt ſind: 65.Wenn aber ſchon ein Fuͤnck’ im Hertzen Zunder findet Brenn’t alles lichter loh. Vernunft und Tugend’ſchwin- det Fuͤr dem Begierden-Rauch’und der Bethoͤrte kenn’t Gebluͤtt’ und Mutter nicht. Burrh. Was auf den Lippen brenn’t Der Mutter/ iſt nicht Gift/ nicht Schwefel boͤſer Luͤſte. 70.Zu dem traͤg’t jede Frau faſt itzo nackte Bruͤſte. Die aber/ die ihr gleich laͤß’t kuͤſſen Mund und Bruſt/ Macht nicht die Schooß bald feil fuͤr’ die verboth’ne Luſt. Acte. Wen auf der Bruͤſte Felß/ auf die Corallen Lip- pen Der Augen Jrrlicht fuͤhr’t/ der ſtrandet an den Klippen 75.Der geilen Schooß un-ſchwer. Hier rinn’t die Wunder- Flutt Da oben ſich ſteck’t an der Libes-Fackel Glutt/ Und in dem Grunde nur die heiſſe Flamme daͤmpffet. Ob wieder die Natur gleich auch ſolch Feuer kaͤmpffet/ So biß’t doch die Natur fuͤr Agrippinen ein/ 80.Weil ihre Wuͤrckungen mehr als Natuͤrlich ſeyn. Jn ſie ward Claudius durch Zauberey verlibet. Senec. Daß man die Uhrſach erſt ſo frembden Kuͤnſten gi- bet: Der Libreitz einer Frau iſt ſchon die Zauberey. Sie mach’t aus Wachſe Stahl/ bricht Ertzt und Stein entzwey. 85.Der Fiſch/ der in der Flutt die Tugend hat zu brennen/ Der D
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Wo gleich der Laſter-Dorn ihr ſchnoͤdes Haupt umb-
ſchleuſt.
Burrh. Kan der Vernunfft ihr Zaum ſie nicht zu ruͤcke hal-
ten/
Wird der Begierden Brand aus Abſcheu ja erkalten/
Durch Kaͤlte der Natur/ die geile Lilgen ſaͤm’t
Umb keine Mutter-Bruſt. Die Boßheit ſteht beſchaͤm’t
Und laͤſch’t die tolle Brunſt in dieſen Marm̃el-Kwaͤllen/
Daran die Zunge ſoog. Ja dieſer Baͤlg’ aufſchwellen
Blaͤſ’t Venus Fackel aus durch keuſchen Athem-Wind.
Senec. Diß ſehen Augen zwar/ die nicht vernebelt ſind:
Wenn aber ſchon ein Fuͤnck’ im Hertzen Zunder findet
Brenn’t alles lichter loh. Vernunft und Tugend’ſchwin-
det
Fuͤr dem Begierden-Rauch’und der Bethoͤrte kenn’t
Gebluͤtt’ und Mutter nicht. Burrh. Was auf den Lippen
brenn’t
Der Mutter/ iſt nicht Gift/ nicht Schwefel boͤſer Luͤſte.
Zu dem traͤg’t jede Frau faſt itzo nackte Bruͤſte.
Die aber/ die ihr gleich laͤß’t kuͤſſen Mund und Bruſt/
Macht nicht die Schooß bald feil fuͤr’ die verboth’ne Luſt.
Acte. Wen auf der Bruͤſte Felß/ auf die Corallen Lip-
pen
Der Augen Jrrlicht fuͤhr’t/ der ſtrandet an den Klippen
Der geilen Schooß un-ſchwer. Hier rinn’t die Wunder-
Flutt
Da oben ſich ſteck’t an der Libes-Fackel Glutt/
Und in dem Grunde nur die heiſſe Flamme daͤmpffet.
Ob wieder die Natur gleich auch ſolch Feuer kaͤmpffet/
So biß’t doch die Natur fuͤr Agrippinen ein/
Weil ihre Wuͤrckungen mehr als Natuͤrlich ſeyn.
Jn ſie ward Claudius durch Zauberey verlibet.
Senec. Daß man die Uhrſach erſt ſo frembden Kuͤnſten gi-
bet:
Der Libreitz einer Frau iſt ſchon die Zauberey.
Sie mach’t aus Wachſe Stahl/ bricht Ertzt und Stein
entzwey.
Der Fiſch/ der in der Flutt die Tugend hat zu brennen/
Der
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