Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite
Der auch ein stählern Garn kan als wie Wachs zertren-
nen/
Verlieret mit der Krafft die Freyheit/ wenn ihn rück't
Ein Netze/ welches man aus Weiber Haaren strick't.
Burrh. Steck't beyder Hertze nicht noch voller Zorn und
Gallen?
90.Sie reitz't Regiersucht ja/ nun sie so hoch gefallen;
Jhn sticht die Eifer-sucht: Weil sie stets herrschen wil.
Wie kan solch widrig Ding denn ein vereinbart Ziel
Des Libens ihm seh'n ab? Acte. Wer weiß nicht daß die
Rache
Mit Zucker falscher Hold ihr Gift-Glaß süsse mache.
95.Der Zorn/ der auch gleich sonst das Unrecht gräb't in
Stein/
Schreib't nur in Sand und Staub der Frauen Fehler
ein/
Die ein Verlibter Hauch/ ein linder West verstreichet.
Senec. Es sey dem/ wie ihm sey. Wenn schon der Kranck'
erbleichet/
Jst Kraut uud Saft umb sonst. Ein Artzt muß seyn be-
müh't/
100.Mit Mitteln/ wenn er nur ein Kranckheits-Merckmahl
siht.
Warumb spar'n wir den Rath biß daß die That begangen
Für welcher Rom erstarr't? Es werd' auch gleich ent-
hangen/
Daß dieses Gift nicht steck' in Agrippinens Brust;
Der Artzney übrig Brauch ist kein so groß Verlust/
105.Als wenn durch Sparsamkeit der Krancke Schiffbruch lei-
det.
Burrh. Gar recht! Jedoch welch Artzt ist/ der hier sicher
schneidet/
Wo der Begierdens-Krebs schon an dem Hertzen nag't?
Wo Ungedult den Geist/ das Fleisch der Kitzel plag't?
Acte. Der thu' es/ der darumb dem Printz steh't an der
Seiten.
110.
Senec. Auf disem Eise pfleg't der Klügste meist zu glei-
ten.
Dem
Der auch ein ſtaͤhlern Garn kan als wie Wachs zertren-
nen/
Verlieret mit der Krafft die Freyheit/ wenn ihn ruͤck’t
Ein Netze/ welches man aus Weiber Haaren ſtrick’t.
Burrh. Steck’t beyder Hertze nicht noch voller Zorn und
Gallen?
90.Sie reitz’t Regierſucht ja/ nun ſie ſo hoch gefallen;
Jhn ſticht die Eifer-ſucht: Weil ſie ſtets herrſchen wil.
Wie kan ſolch widrig Ding denn ein vereinbart Ziel
Des Libens ihm ſeh’n ab? Acte. Wer weiß nicht daß die
Rache
Mit Zucker falſcher Hold ihr Gift-Glaß ſuͤſſe mache.
95.Der Zorn/ der auch gleich ſonſt das Unrecht graͤb’t in
Stein/
Schreib’t nur in Sand und Staub der Frauen Fehler
ein/
Die ein Verlibter Hauch/ ein linder Weſt verſtreichet.
Senec. Es ſey dem/ wie ihm ſey. Wenn ſchon der Kranck’
erbleichet/
Jſt Kraut uud Saft umb ſonſt. Ein Artzt muß ſeyn be-
muͤh’t/
100.Mit Mitteln/ wenn er nur ein Kranckheits-Merckmahl
ſiht.
Warumb ſpar’n wir den Rath biß daß die That begangen
Fuͤr welcher Rom erſtarr’t? Es werd’ auch gleich ent-
hangen/
Daß dieſes Gift nicht ſteck’ in Agrippinens Bruſt;
Der Artzney uͤbrig Brauch iſt kein ſo groß Verluſt/
105.Als wenn durch Sparſamkeit der Krancke Schiffbruch lei-
det.
Burrh. Gar recht! Jedoch welch Artzt iſt/ der hier ſicher
ſchneidet/
Wo der Begierdens-Krebs ſchon an dem Hertzen nag’t?
Wo Ungedult den Geiſt/ das Fleiſch der Kitzel plag’t?
Acte. Der thu’ es/ der darumb dem Printz ſteh’t an der
Seiten.
110.
Senec. Auf diſem Eiſe pfleg’t der Kluͤgſte meiſt zu glei-
ten.
Dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0068" n="50."/>
Der auch ein &#x017F;ta&#x0364;hlern Garn kan als wie Wachs zertren-<lb/><hi rendition="#et">nen/</hi><lb/>
Verlieret mit der Krafft die Freyheit/ wenn ihn ru&#x0364;ck&#x2019;t<lb/>
Ein Netze/ welches man aus Weiber Haaren &#x017F;trick&#x2019;t.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Burrh.</hi> </speaker>
          <p>Steck&#x2019;t beyder Hertze nicht noch voller Zorn und<lb/><hi rendition="#et">Gallen?</hi><lb/><note place="left">90.</note>Sie reitz&#x2019;t Regier&#x017F;ucht ja/ nun &#x017F;ie &#x017F;o hoch gefallen;<lb/>
Jhn &#x017F;ticht die Eifer-&#x017F;ucht: Weil &#x017F;ie &#x017F;tets herr&#x017F;chen wil.<lb/>
Wie kan &#x017F;olch widrig Ding denn ein vereinbart Ziel<lb/>
Des Libens ihm &#x017F;eh&#x2019;n ab? <hi rendition="#aq">Acte.</hi> Wer weiß nicht daß die<lb/><hi rendition="#et">Rache</hi><lb/>
Mit Zucker fal&#x017F;cher Hold ihr Gift-Glaß &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mache.<lb/><note place="left">95.</note>Der Zorn/ der auch gleich &#x017F;on&#x017F;t das Unrecht gra&#x0364;b&#x2019;t in<lb/><hi rendition="#et">Stein/</hi><lb/>
Schreib&#x2019;t nur in Sand und Staub der Frauen Fehler<lb/><hi rendition="#et">ein/</hi><lb/>
Die ein Verlibter Hauch/ ein linder We&#x017F;t ver&#x017F;treichet.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Senec.</hi> </speaker>
          <p>Es &#x017F;ey dem/ wie ihm &#x017F;ey. Wenn &#x017F;chon der Kranck&#x2019;<lb/><hi rendition="#et">erbleichet/</hi><lb/>
J&#x017F;t Kraut uud Saft umb &#x017F;on&#x017F;t. Ein Artzt muß &#x017F;eyn be-<lb/><hi rendition="#et">mu&#x0364;h&#x2019;t/</hi><lb/><note place="left">100.</note>Mit Mitteln/ wenn er nur ein Kranckheits-Merckmahl<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;iht.</hi><lb/>
Warumb &#x017F;par&#x2019;n wir den Rath biß daß die That begangen<lb/>
Fu&#x0364;r welcher Rom er&#x017F;tarr&#x2019;t? Es werd&#x2019; auch gleich ent-<lb/><hi rendition="#et">hangen/</hi><lb/>
Daß die&#x017F;es Gift nicht &#x017F;teck&#x2019; in Agrippinens Bru&#x017F;t;<lb/>
Der Artzney u&#x0364;brig Brauch i&#x017F;t kein &#x017F;o groß Verlu&#x017F;t/<lb/><note place="left">105.</note>Als wenn durch Spar&#x017F;amkeit der Krancke Schiffbruch lei-<lb/><hi rendition="#et">det.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Burrh.</hi> </speaker>
          <p>Gar recht! Jedoch welch Artzt i&#x017F;t/ der hier &#x017F;icher<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chneidet/</hi><lb/>
Wo der Begierdens-Krebs &#x017F;chon an dem Hertzen nag&#x2019;t?<lb/>
Wo Ungedult den Gei&#x017F;t/ das Flei&#x017F;ch der Kitzel plag&#x2019;t?</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Acte.</hi> </speaker>
          <p>Der thu&#x2019; es/ der darumb dem Printz &#x017F;teh&#x2019;t an der<lb/><hi rendition="#et">Seiten.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">110.</note>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq">Senec.</hi> </speaker>
          <p>Auf di&#x017F;em Ei&#x017F;e pfleg&#x2019;t der Klu&#x0364;g&#x017F;te mei&#x017F;t zu glei-<lb/><hi rendition="#et">ten.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Dem</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50./0068] Der auch ein ſtaͤhlern Garn kan als wie Wachs zertren- nen/ Verlieret mit der Krafft die Freyheit/ wenn ihn ruͤck’t Ein Netze/ welches man aus Weiber Haaren ſtrick’t. Burrh. Steck’t beyder Hertze nicht noch voller Zorn und Gallen? Sie reitz’t Regierſucht ja/ nun ſie ſo hoch gefallen; Jhn ſticht die Eifer-ſucht: Weil ſie ſtets herrſchen wil. Wie kan ſolch widrig Ding denn ein vereinbart Ziel Des Libens ihm ſeh’n ab? Acte. Wer weiß nicht daß die Rache Mit Zucker falſcher Hold ihr Gift-Glaß ſuͤſſe mache. Der Zorn/ der auch gleich ſonſt das Unrecht graͤb’t in Stein/ Schreib’t nur in Sand und Staub der Frauen Fehler ein/ Die ein Verlibter Hauch/ ein linder Weſt verſtreichet. Senec. Es ſey dem/ wie ihm ſey. Wenn ſchon der Kranck’ erbleichet/ Jſt Kraut uud Saft umb ſonſt. Ein Artzt muß ſeyn be- muͤh’t/ Mit Mitteln/ wenn er nur ein Kranckheits-Merckmahl ſiht. Warumb ſpar’n wir den Rath biß daß die That begangen Fuͤr welcher Rom erſtarr’t? Es werd’ auch gleich ent- hangen/ Daß dieſes Gift nicht ſteck’ in Agrippinens Bruſt; Der Artzney uͤbrig Brauch iſt kein ſo groß Verluſt/ Als wenn durch Sparſamkeit der Krancke Schiffbruch lei- det. Burrh. Gar recht! Jedoch welch Artzt iſt/ der hier ſicher ſchneidet/ Wo der Begierdens-Krebs ſchon an dem Hertzen nag’t? Wo Ungedult den Geiſt/ das Fleiſch der Kitzel plag’t? Acte. Der thu’ es/ der darumb dem Printz ſteh’t an der Seiten. Senec. Auf diſem Eiſe pfleg’t der Kluͤgſte meiſt zu glei- ten. Dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/68
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 50.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/68>, abgerufen am 24.11.2024.