Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.CLEOPATRA. Ein Knecht läßt leicht sein Blutt auf's Herren Holtzstoß rin-nen/ Umb: daß er einmal kan der Sklaverei entrinnen: 45.Was aber treibt hirzu di freien Seelen an? Das gantze Schiff versinckt mit einem Steuer-Mann/ Das grosse Reich durch Si. Cleopatr. Ach klein-muths-vol- le Hertzen! Jhr wißt den Ursprung nicht so ungeheurer Schmertzen. Iras. Di trüben Wolcken sind des Jammers ja vorbei. 55.50.Man spürt wi günstig ihr der milde Keiser sei; Wi er Cleopatren als eine Göttin ehre/ Nicht unsrer Götter Recht/ nicht unsre Stadt versehre. Dis alles wol nicht uns zu libe; nein/ nur ihr. Kurtz: Er zeucht allbereit der Livien sie für. Cleop. Einfält' ger Aberwitz! dis sind di güldnen Schlingen/ Durch welche man den Feind muß in den Kesicht bringen. Der Himmel der uns libt/ hat uns zu Trost entdeckt: Welch einen Fall-Strick uns Augustus hat gesteckt. Charm. Hilf Himmel! hört es denn nun nimmer auf zu- 60.wettern? Cleopatr. Ja/ das verfluchte Rom pflegt diese zuvergöttern/ Di es mit Schimpf und Schmach in Abgrund stürtzen wil. Verdammter Rache Lust! vermaledeites Spiel! August hat Marck und Bein und Blutt uns ausgesogen/ Den väterlichen Thron durch schlimmes Recht entzogen/ 65.Des Ptolomaeus Schatz durch Schelm-Stück an sich bracht/ Doch ruht sein Ehrgeitz nicht. Er ist nun auch bedacht/ Nach Rom ins Sigs-Gepräng zum Schau-Spiel uns zufüh- ren. Dis ist es/ was wir nur noch haben zuverlihren. Doch nein! di Angel sehlt di ob dem Wirbel schwebt. 70.Ein Fürst stir bt muttig/ der sein Reich nicht überlebt. Es ist ein täglich Todt/ kein grimmer Ach auf Erden/ Als wenn/ der/ der geherrscht sol andern dinst bar werden. Iras. Prinzeß/ vielleicht rührt nur ihr Kummer aus Verdacht. Cleop. Verdacht ja mehr denn viel! gebt auf di Thaten acht/ Ob
CLEOPATRA. Ein Knecht laͤßt leicht ſein Blutt auf’s Herren Holtzſtoß rin-nen/ Umb: daß er einmal kan der Sklaverei entrinnen: 45.Was aber treibt hirzu di freien Seelen an? Das gantze Schiff verſinckt mit einem Steuer-Mann/ Das groſſe Reich durch Si. Cleopatr. Ach klein-muths-vol- le Hertzen! Jhr wißt den Urſprung nicht ſo ungeheurer Schmertzen. Iras. Di truͤben Wolcken ſind des Jammers ja vorbei. 55.50.Man ſpuͤrt wi guͤnſtig ihr der milde Keiſer ſei; Wi er Cleopatren als eine Goͤttin ehre/ Nicht unſrer Goͤtter Recht/ nicht unſre Stadt verſehre. Dis alles wol nicht uns zu libe; nein/ nur ihr. Kurtz: Er zeucht allbereit der Livien ſie fuͤr. Cleop. Einfaͤlt’ ger Aberwitz! dis ſind di guͤldnen Schlingen/ Durch welche man den Feind muß in den Keſicht bringen. Der Himmel der uns libt/ hat uns zu Troſt entdeckt: Welch einen Fall-Strick uns Auguſtus hat geſteckt. Charm. Hilf Himmel! hoͤrt es denn nun nimmer auf zu- 60.wettern? Cleopatr. Ja/ das verfluchte Rom pflegt dieſe zuvergoͤttern/ Di es mit Schimpf und Schmach in Abgrund ſtuͤrtzen wil. Verdam̃ter Rache Luſt! vermaledeites Spiel! Auguſt hat Marck und Bein und Blutt uns ausgeſogen/ Den vaͤterlichen Thron durch ſchlimmes Recht entzogen/ 65.Des Ptolomæus Schatz durch Schelm-Stuͤck an ſich bracht/ Doch ruht ſein Ehrgeitz nicht. Er iſt nun auch bedacht/ Nach Rom ins Sigs-Gepraͤng zum Schau-Spiel uns zufuͤh- ren. Dis iſt es/ was wir nur noch haben zuverlihren. Doch nein! di Angel ſehlt di ob dem Wirbel ſchwebt. 70.Ein Fuͤrſt ſtir bt muttig/ der ſein Reich nicht uͤberlebt. Es iſt ein taͤglich Todt/ kein grimmer Ach auf Erden/ Als wenn/ der/ der geherrſcht ſol andern dinſt bar werden. Iras. Prinzeß/ vielleicht ruͤhrt nur ihr Kummer aus Verdacht. Cleop. Verdacht ja mehr denn viel! gebt auf di Thaten acht/ Ob
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#CHAR"> <p><pb facs="#f0118"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CLEOPATRA.</hi></hi></fw><lb/> Ein Knecht laͤßt leicht ſein Blutt auf’s Herren Holtzſtoß rin-<lb/><hi rendition="#et">nen/</hi><lb/><hi rendition="#fr">U</hi>mb: daß er einmal kan der Sklaverei entrinnen:<lb/><note place="left">45.</note>Was aber treibt hirzu di freien Seelen an?<lb/> Das gantze Schiff verſinckt mit einem Steuer-Mann/<lb/> Das groſſe Reich durch Si.</p> </sp> <sp who="#CLE"> <speaker> <hi rendition="#aq">Cleopatr.</hi> </speaker> <p>Ach klein-muths-vol-<lb/><hi rendition="#et">le Hertzen!</hi><lb/> Jhr wißt den <hi rendition="#fr">U</hi>rſprung nicht ſo ungeheurer Schmertzen.</p> </sp><lb/> <sp who="#IRA"> <speaker> <hi rendition="#aq">Iras.</hi> </speaker> <p>Di truͤben Wolcken ſind des Jammers ja vorbei.<lb/><note place="left">50.</note>Man ſpuͤrt wi guͤnſtig ihr der milde Keiſer ſei;<lb/> Wi er Cleopatren als eine Goͤttin ehre/<lb/> Nicht unſrer Goͤtter Recht/ nicht unſre Stadt verſehre.<lb/> Dis alles wol nicht uns zu libe; nein/ nur ihr.<lb/> Kurtz: Er zeucht allbereit der Livien ſie fuͤr.</p> </sp><lb/> <note place="left">55.</note> <sp who="#CLE"> <speaker> <hi rendition="#aq">Cleop.</hi> </speaker> <p>Einfaͤlt’ ger Aberwitz! dis ſind di guͤldnen Schlingen/<lb/> Durch welche man den Feind muß in den Keſicht bringen.<lb/> Der Himmel der uns libt/ hat uns zu Troſt entdeckt:<lb/> Welch einen Fall-Strick uns Auguſtus hat geſteckt.</p> </sp><lb/> <sp who="#CHAR"> <speaker> <hi rendition="#aq">Charm.</hi> </speaker> <p>Hilf Himmel! hoͤrt es denn nun nimmer auf zu-<lb/><hi rendition="#et">wettern?</hi></p> </sp><lb/> <note place="left">60.</note> <sp who="#CLE"> <speaker> <hi rendition="#aq">Cleopatr.</hi> </speaker> <p>Ja/ das verfluchte Rom pflegt dieſe zuvergoͤttern/<lb/> Di es mit Schimpf und Schmach in Abgrund ſtuͤrtzen wil.<lb/> Verdam̃ter Rache Luſt! vermaledeites Spiel!<lb/> Auguſt hat Marck und Bein und Blutt uns ausgeſogen/<lb/> Den vaͤterlichen Thron durch ſchlimmes Recht entzogen/<lb/><note place="left">65.</note>Des Ptolomæus Schatz durch Schelm-Stuͤck an ſich bracht/<lb/> Doch ruht ſein Ehrgeitz nicht. Er iſt nun auch bedacht/<lb/> Nach Rom ins Sigs-Gepraͤng zum Schau-Spiel uns zufuͤh-<lb/><hi rendition="#et">ren.</hi><lb/> Dis iſt es/ was wir nur noch haben zuverlihren.<lb/> Doch nein! di Angel ſehlt di ob dem Wirbel ſchwebt.<lb/><note place="left">70.</note>Ein Fuͤrſt ſtir bt muttig/ der ſein Reich nicht uͤberlebt.<lb/> Es iſt ein taͤglich Todt/ kein grimmer Ach auf Erden/<lb/> Als wenn/ der/ der geherrſcht ſol andern dinſt bar werden.</p> </sp><lb/> <sp who="#IRA"> <speaker> <hi rendition="#aq">Iras.</hi> </speaker> <p>Prinzeß/ vielleicht ruͤhrt nur ihr Kummer aus Verdacht.</p> </sp><lb/> <sp who="#CLE"> <speaker> <hi rendition="#aq">Cleop.</hi> </speaker> <p>Verdacht ja mehr denn viel! gebt auf di Thaten acht/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ob</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
CLEOPATRA.
Ein Knecht laͤßt leicht ſein Blutt auf’s Herren Holtzſtoß rin-
nen/
Umb: daß er einmal kan der Sklaverei entrinnen:
Was aber treibt hirzu di freien Seelen an?
Das gantze Schiff verſinckt mit einem Steuer-Mann/
Das groſſe Reich durch Si.
Cleopatr. Ach klein-muths-vol-
le Hertzen!
Jhr wißt den Urſprung nicht ſo ungeheurer Schmertzen.
Iras. Di truͤben Wolcken ſind des Jammers ja vorbei.
Man ſpuͤrt wi guͤnſtig ihr der milde Keiſer ſei;
Wi er Cleopatren als eine Goͤttin ehre/
Nicht unſrer Goͤtter Recht/ nicht unſre Stadt verſehre.
Dis alles wol nicht uns zu libe; nein/ nur ihr.
Kurtz: Er zeucht allbereit der Livien ſie fuͤr.
Cleop. Einfaͤlt’ ger Aberwitz! dis ſind di guͤldnen Schlingen/
Durch welche man den Feind muß in den Keſicht bringen.
Der Himmel der uns libt/ hat uns zu Troſt entdeckt:
Welch einen Fall-Strick uns Auguſtus hat geſteckt.
Charm. Hilf Himmel! hoͤrt es denn nun nimmer auf zu-
wettern?
Cleopatr. Ja/ das verfluchte Rom pflegt dieſe zuvergoͤttern/
Di es mit Schimpf und Schmach in Abgrund ſtuͤrtzen wil.
Verdam̃ter Rache Luſt! vermaledeites Spiel!
Auguſt hat Marck und Bein und Blutt uns ausgeſogen/
Den vaͤterlichen Thron durch ſchlimmes Recht entzogen/
Des Ptolomæus Schatz durch Schelm-Stuͤck an ſich bracht/
Doch ruht ſein Ehrgeitz nicht. Er iſt nun auch bedacht/
Nach Rom ins Sigs-Gepraͤng zum Schau-Spiel uns zufuͤh-
ren.
Dis iſt es/ was wir nur noch haben zuverlihren.
Doch nein! di Angel ſehlt di ob dem Wirbel ſchwebt.
Ein Fuͤrſt ſtir bt muttig/ der ſein Reich nicht uͤberlebt.
Es iſt ein taͤglich Todt/ kein grimmer Ach auf Erden/
Als wenn/ der/ der geherrſcht ſol andern dinſt bar werden.
Iras. Prinzeß/ vielleicht ruͤhrt nur ihr Kummer aus Verdacht.
Cleop. Verdacht ja mehr denn viel! gebt auf di Thaten acht/
Ob
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |